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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. II. Uebertr. in Bezieh. a. d. Sicherheit etc.
wie bei den folgenden Paragraphen einzelne hervorzuheben, welche zu
Bemerkungen Veranlassung bieten.

I. Die Vorschrift über die unbefugte Anfertigung öffentlicher Siegel,
Stempel u. s. w. ist dem Gesetz vom 6. Juni 1835. (G.-S. S. 99.)
entnommen.

II. Nach dem Vorschlage des Finanzministeriums sollte die Anfer-
fertigung und Verbreitung der dem Papiergelde ähnlichen Waaren-
Empfehlungskarten u. s. w. (§. 340. Nr. 5.) im zweiten Theile am
Schluß des siebenten Titels bei dem Münzverbrechen behandelt und
mit einer Gefängnißstrafe von drei Monaten bis zu zwei Jahren be-
droht werden. Die Kommission der zweiten Kammer hielt aber für
die Fälle, wo ohne dolose Absicht eine solche Handlung vorgenommen
worden, nur die Strafe der Uebertretungen für gerechtfertigt. p)

III. Daß zur Errichtung von Aussteuer-, Sterbe- und Wittwen-
kassen und ähnlichen Gesellschaften oder Anstalten die Genehmigung der
Staatsbehörden erforderlich sein soll (§. 340. Nr. 6.), wurde von dem
Kommissar des Ministeriums des Innern in der Kommission der zweiten
Kammer durch das dringende Bedürfniß gerechtfertigt, im Interesse des
Publikums und namentlich der weniger bemittelten Klassen Vorsorge
vor leichtsinnigen und schlecht fundirten Unternehmungen solcher Art zu
treffen. Es bedürfe zu diesem Behuf einer sorgfältigen, technischen
Prüfung derselben, welche nur von den oberen Staatsbehörden in geeig-
neter Weise angestellt werden könne; die bloße Genehmigung der Lokal-
obrigkeit genüge daher nicht, und entspreche auch deswegen nicht ihrem
Zwecke, weil der Geschäftsbetrieb solcher Unternehmungen sich oft über
weite Gebiete erstrecke. -- Man hielt aus diesen Gründen die Aufnahme
der betreffenden Vorschrift für gerechtfertigt, und erkannte die Einwen-
dung, daß das in Art. 30. der Verfassungs-Urkunde gewährte freie Ver-
einsrecht dadurch verletzt werde, um deswegen nicht als zutreffend an,
weil im zweiten Absatz des angeführten Artikels die gesetzliche Regelung
des Vereinsrechts ausdrücklich vorbehalten worden ist. q)

IV. Die Vorschrift über die einfache Bettelei und das Verleiten
zum Betteln (§. 341.) schließt sich an diejenigen Bestimmungen an,
welche in gewissen Fällen die Bettelei unter die Strafen der Vergehen
stellen (§. 118.). r) -- Ein in der Kommission der zweiten Kammer

p) Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 312. (340.)
Vgl. oben S. 289.
q) Bericht der Kommission der zweiten Kammer a. a. O. -- Be-
richt der Kommission der ersten Kammer
ebendas.
r) Vgl. oben S. 278. 279.

Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. II. Uebertr. in Bezieh. a. d. Sicherheit ꝛc.
wie bei den folgenden Paragraphen einzelne hervorzuheben, welche zu
Bemerkungen Veranlaſſung bieten.

I. Die Vorſchrift über die unbefugte Anfertigung öffentlicher Siegel,
Stempel u. ſ. w. iſt dem Geſetz vom 6. Juni 1835. (G.-S. S. 99.)
entnommen.

II. Nach dem Vorſchlage des Finanzminiſteriums ſollte die Anfer-
fertigung und Verbreitung der dem Papiergelde ähnlichen Waaren-
Empfehlungskarten u. ſ. w. (§. 340. Nr. 5.) im zweiten Theile am
Schluß des ſiebenten Titels bei dem Münzverbrechen behandelt und
mit einer Gefängnißſtrafe von drei Monaten bis zu zwei Jahren be-
droht werden. Die Kommiſſion der zweiten Kammer hielt aber für
die Fälle, wo ohne doloſe Abſicht eine ſolche Handlung vorgenommen
worden, nur die Strafe der Uebertretungen für gerechtfertigt. p)

III. Daß zur Errichtung von Ausſteuer-, Sterbe- und Wittwen-
kaſſen und ähnlichen Geſellſchaften oder Anſtalten die Genehmigung der
Staatsbehörden erforderlich ſein ſoll (§. 340. Nr. 6.), wurde von dem
Kommiſſar des Miniſteriums des Innern in der Kommiſſion der zweiten
Kammer durch das dringende Bedürfniß gerechtfertigt, im Intereſſe des
Publikums und namentlich der weniger bemittelten Klaſſen Vorſorge
vor leichtſinnigen und ſchlecht fundirten Unternehmungen ſolcher Art zu
treffen. Es bedürfe zu dieſem Behuf einer ſorgfältigen, techniſchen
Prüfung derſelben, welche nur von den oberen Staatsbehörden in geeig-
neter Weiſe angeſtellt werden könne; die bloße Genehmigung der Lokal-
obrigkeit genüge daher nicht, und entſpreche auch deswegen nicht ihrem
Zwecke, weil der Geſchäftsbetrieb ſolcher Unternehmungen ſich oft über
weite Gebiete erſtrecke. — Man hielt aus dieſen Gründen die Aufnahme
der betreffenden Vorſchrift für gerechtfertigt, und erkannte die Einwen-
dung, daß das in Art. 30. der Verfaſſungs-Urkunde gewährte freie Ver-
einsrecht dadurch verletzt werde, um deswegen nicht als zutreffend an,
weil im zweiten Abſatz des angeführten Artikels die geſetzliche Regelung
des Vereinsrechts ausdrücklich vorbehalten worden iſt. q)

IV. Die Vorſchrift über die einfache Bettelei und das Verleiten
zum Betteln (§. 341.) ſchließt ſich an diejenigen Beſtimmungen an,
welche in gewiſſen Fällen die Bettelei unter die Strafen der Vergehen
ſtellen (§. 118.). r) — Ein in der Kommiſſion der zweiten Kammer

p) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 312. (340.)
Vgl. oben S. 289.
q) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer a. a. O. — Be-
richt der Kommiſſion der erſten Kammer
ebendaſ.
r) Vgl. oben S. 278. 279.
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[580/0590] Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. II. Uebertr. in Bezieh. a. d. Sicherheit ꝛc. wie bei den folgenden Paragraphen einzelne hervorzuheben, welche zu Bemerkungen Veranlaſſung bieten. I. Die Vorſchrift über die unbefugte Anfertigung öffentlicher Siegel, Stempel u. ſ. w. iſt dem Geſetz vom 6. Juni 1835. (G.-S. S. 99.) entnommen. II. Nach dem Vorſchlage des Finanzminiſteriums ſollte die Anfer- fertigung und Verbreitung der dem Papiergelde ähnlichen Waaren- Empfehlungskarten u. ſ. w. (§. 340. Nr. 5.) im zweiten Theile am Schluß des ſiebenten Titels bei dem Münzverbrechen behandelt und mit einer Gefängnißſtrafe von drei Monaten bis zu zwei Jahren be- droht werden. Die Kommiſſion der zweiten Kammer hielt aber für die Fälle, wo ohne doloſe Abſicht eine ſolche Handlung vorgenommen worden, nur die Strafe der Uebertretungen für gerechtfertigt. p) III. Daß zur Errichtung von Ausſteuer-, Sterbe- und Wittwen- kaſſen und ähnlichen Geſellſchaften oder Anſtalten die Genehmigung der Staatsbehörden erforderlich ſein ſoll (§. 340. Nr. 6.), wurde von dem Kommiſſar des Miniſteriums des Innern in der Kommiſſion der zweiten Kammer durch das dringende Bedürfniß gerechtfertigt, im Intereſſe des Publikums und namentlich der weniger bemittelten Klaſſen Vorſorge vor leichtſinnigen und ſchlecht fundirten Unternehmungen ſolcher Art zu treffen. Es bedürfe zu dieſem Behuf einer ſorgfältigen, techniſchen Prüfung derſelben, welche nur von den oberen Staatsbehörden in geeig- neter Weiſe angeſtellt werden könne; die bloße Genehmigung der Lokal- obrigkeit genüge daher nicht, und entſpreche auch deswegen nicht ihrem Zwecke, weil der Geſchäftsbetrieb ſolcher Unternehmungen ſich oft über weite Gebiete erſtrecke. — Man hielt aus dieſen Gründen die Aufnahme der betreffenden Vorſchrift für gerechtfertigt, und erkannte die Einwen- dung, daß das in Art. 30. der Verfaſſungs-Urkunde gewährte freie Ver- einsrecht dadurch verletzt werde, um deswegen nicht als zutreffend an, weil im zweiten Abſatz des angeführten Artikels die geſetzliche Regelung des Vereinsrechts ausdrücklich vorbehalten worden iſt. q) IV. Die Vorſchrift über die einfache Bettelei und das Verleiten zum Betteln (§. 341.) ſchließt ſich an diejenigen Beſtimmungen an, welche in gewiſſen Fällen die Bettelei unter die Strafen der Vergehen ſtellen (§. 118.). r) — Ein in der Kommiſſion der zweiten Kammer p) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 312. (340.) Vgl. oben S. 289. q) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer a. a. O. — Be- richt der Kommiſſion der erſten Kammer ebendaſ. r) Vgl. oben S. 278. 279.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/590>, abgerufen am 28.04.2024.