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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XVIII. Diebstahl u. Unterschlagung.

rechte; auch kann auf Stellung unter Polizei-Aufsicht erkannt werden
(§. 216.).

II. Für gewisse Fälle ist das Minimum der Strafe auf drei
Monate erhöht worden (§. 217.), indem theils die Beschaffenheit des
gestohlenen Gegenstandes und der Ort, wo sie sich befinden (Nr. 1-3.),
theils die persönlichen Beziehungen des Thäters (Nr. 4. 5.) als Grund
der Erschwerung anzusehen sind. In Folge eines von dem Ministerium
für die Gesetz-Revision gemachten Vorschlags war diese ganze Bestim-
mung in dem Entwurf von 1847. weggelassen worden, indem nur der
in §. 269. gemachte Vorbehalt auf die größere Strafwürdigkeit einzelner
Fälle hinwies. Man glaubte, daß es einer besonderen Vorschrift zur
Bestimmung des richterlichen Ermessens nicht bedürfe, und trug Beden-
ken, eine Kasuistik in das Gesetzbuch aufzunehmen, deren Unvollständig-
keit sich später doch herausstellen werde. h) "Gegenwärtig ist man
jedoch," heißt es in den Motiven von 1850. §. 200., "freilich mit
nicht unerheblichen Abänderungen, wieder darauf zurückgekommen, indem
man von der Ansicht ausging, daß das richterliche Ermessen, sobald
demselben freigestellt bleibt, unter mildernden Umständen auf eine gerin-
gere Strafe zu erkennen, durch Festsetzung eines nicht zu niedrigen
Straf-Minimums einen festeren Anhaltspunkt für die Entscheidung ge-
winnt, ohne eine wirkliche Einschränkung zu erleiden." -- Dem sonst
im Strafgesetzbuch befolgten Systeme hätte es mehr entsprochen, wenn
diese ganze Kategorie weggeblieben wäre.

a. In Beziehung auf den vom Gesinde verübten Diebstahl (Haus-
diebstahl) wurde wiederholt die Ansicht geäußert, daß es wünschenswerth
sei, denselben nur auf Antrag bestrafen zu lassen. Doch konnte hierauf
nicht eingegangen werden, zumal nachdem der Unterschied zwischen dem
kleinen und dem großen Diebstahl beseitigt war. Uebrigens wird es
sich thatsächlich doch so stellen, daß ohne Anregung von Seiten der
Herrschaft ein Hausdiebstahl selten zur Untersuchung gelangt. i)

b. Unter Gastwirthen sind solche Wirthe zu verstehen, welche aus
der Beherbergung der Fremden ein Gewerbe machen. k)

c. Der Entwurf von 1843. §. 413. bedroht die Entwendung
einer Leiche mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren. In Folge der Be-
merkung, daß in einem solchen Fall von einem Diebstahl eigentlich nicht

h) Revision a. a. O. S. 6-8. -- Verhandlungen der Staatsraths-
Kommission von
1846. S. 145.
i) Berathungs-Protokolle a. a. O. S. 364. -- Bericht der Kom-
mission der zweiten Kammer
zu §. 200. (217.)
k) Vgl. A. L. R. Th. II. Tit. 8. §. 435. 436. Im Code penal Art. 386.
werden aubergiste und hotelier genannt.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVIII. Diebſtahl u. Unterſchlagung.

rechte; auch kann auf Stellung unter Polizei-Aufſicht erkannt werden
(§. 216.).

II. Für gewiſſe Fälle iſt das Minimum der Strafe auf drei
Monate erhöht worden (§. 217.), indem theils die Beſchaffenheit des
geſtohlenen Gegenſtandes und der Ort, wo ſie ſich befinden (Nr. 1-3.),
theils die perſönlichen Beziehungen des Thäters (Nr. 4. 5.) als Grund
der Erſchwerung anzuſehen ſind. In Folge eines von dem Miniſterium
für die Geſetz-Reviſion gemachten Vorſchlags war dieſe ganze Beſtim-
mung in dem Entwurf von 1847. weggelaſſen worden, indem nur der
in §. 269. gemachte Vorbehalt auf die größere Strafwürdigkeit einzelner
Fälle hinwies. Man glaubte, daß es einer beſonderen Vorſchrift zur
Beſtimmung des richterlichen Ermeſſens nicht bedürfe, und trug Beden-
ken, eine Kaſuiſtik in das Geſetzbuch aufzunehmen, deren Unvollſtändig-
keit ſich ſpäter doch herausſtellen werde. h) „Gegenwärtig iſt man
jedoch,“ heißt es in den Motiven von 1850. §. 200., „freilich mit
nicht unerheblichen Abänderungen, wieder darauf zurückgekommen, indem
man von der Anſicht ausging, daß das richterliche Ermeſſen, ſobald
demſelben freigeſtellt bleibt, unter mildernden Umſtänden auf eine gerin-
gere Strafe zu erkennen, durch Feſtſetzung eines nicht zu niedrigen
Straf-Minimums einen feſteren Anhaltspunkt für die Entſcheidung ge-
winnt, ohne eine wirkliche Einſchränkung zu erleiden.“ — Dem ſonſt
im Strafgeſetzbuch befolgten Syſteme hätte es mehr entſprochen, wenn
dieſe ganze Kategorie weggeblieben wäre.

a. In Beziehung auf den vom Geſinde verübten Diebſtahl (Haus-
diebſtahl) wurde wiederholt die Anſicht geäußert, daß es wünſchenswerth
ſei, denſelben nur auf Antrag beſtrafen zu laſſen. Doch konnte hierauf
nicht eingegangen werden, zumal nachdem der Unterſchied zwiſchen dem
kleinen und dem großen Diebſtahl beſeitigt war. Uebrigens wird es
ſich thatſächlich doch ſo ſtellen, daß ohne Anregung von Seiten der
Herrſchaft ein Hausdiebſtahl ſelten zur Unterſuchung gelangt. i)

b. Unter Gaſtwirthen ſind ſolche Wirthe zu verſtehen, welche aus
der Beherbergung der Fremden ein Gewerbe machen. k)

c. Der Entwurf von 1843. §. 413. bedroht die Entwendung
einer Leiche mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren. In Folge der Be-
merkung, daß in einem ſolchen Fall von einem Diebſtahl eigentlich nicht

h) Reviſion a. a. O. S. 6-8. — Verhandlungen der Staatsraths-
Kommiſſion von
1846. S. 145.
i) Berathungs-Protokolle a. a. O. S. 364. — Bericht der Kom-
miſſion der zweiten Kammer
zu §. 200. (217.)
k) Vgl. A. L. R. Th. II. Tit. 8. §. 435. 436. Im Code pénal Art. 386.
werden aubergiste und hôtelier genannt.
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[414/0424] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVIII. Diebſtahl u. Unterſchlagung. rechte; auch kann auf Stellung unter Polizei-Aufſicht erkannt werden (§. 216.). II. Für gewiſſe Fälle iſt das Minimum der Strafe auf drei Monate erhöht worden (§. 217.), indem theils die Beſchaffenheit des geſtohlenen Gegenſtandes und der Ort, wo ſie ſich befinden (Nr. 1-3.), theils die perſönlichen Beziehungen des Thäters (Nr. 4. 5.) als Grund der Erſchwerung anzuſehen ſind. In Folge eines von dem Miniſterium für die Geſetz-Reviſion gemachten Vorſchlags war dieſe ganze Beſtim- mung in dem Entwurf von 1847. weggelaſſen worden, indem nur der in §. 269. gemachte Vorbehalt auf die größere Strafwürdigkeit einzelner Fälle hinwies. Man glaubte, daß es einer beſonderen Vorſchrift zur Beſtimmung des richterlichen Ermeſſens nicht bedürfe, und trug Beden- ken, eine Kaſuiſtik in das Geſetzbuch aufzunehmen, deren Unvollſtändig- keit ſich ſpäter doch herausſtellen werde. h) „Gegenwärtig iſt man jedoch,“ heißt es in den Motiven von 1850. §. 200., „freilich mit nicht unerheblichen Abänderungen, wieder darauf zurückgekommen, indem man von der Anſicht ausging, daß das richterliche Ermeſſen, ſobald demſelben freigeſtellt bleibt, unter mildernden Umſtänden auf eine gerin- gere Strafe zu erkennen, durch Feſtſetzung eines nicht zu niedrigen Straf-Minimums einen feſteren Anhaltspunkt für die Entſcheidung ge- winnt, ohne eine wirkliche Einſchränkung zu erleiden.“ — Dem ſonſt im Strafgeſetzbuch befolgten Syſteme hätte es mehr entſprochen, wenn dieſe ganze Kategorie weggeblieben wäre. a. In Beziehung auf den vom Geſinde verübten Diebſtahl (Haus- diebſtahl) wurde wiederholt die Anſicht geäußert, daß es wünſchenswerth ſei, denſelben nur auf Antrag beſtrafen zu laſſen. Doch konnte hierauf nicht eingegangen werden, zumal nachdem der Unterſchied zwiſchen dem kleinen und dem großen Diebſtahl beſeitigt war. Uebrigens wird es ſich thatſächlich doch ſo ſtellen, daß ohne Anregung von Seiten der Herrſchaft ein Hausdiebſtahl ſelten zur Unterſuchung gelangt. i) b. Unter Gaſtwirthen ſind ſolche Wirthe zu verſtehen, welche aus der Beherbergung der Fremden ein Gewerbe machen. k) c. Der Entwurf von 1843. §. 413. bedroht die Entwendung einer Leiche mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren. In Folge der Be- merkung, daß in einem ſolchen Fall von einem Diebſtahl eigentlich nicht h) Reviſion a. a. O. S. 6-8. — Verhandlungen der Staatsraths- Kommiſſion von 1846. S. 145. i) Berathungs-Protokolle a. a. O. S. 364. — Bericht der Kom- miſſion der zweiten Kammer zu §. 200. (217.) k) Vgl. A. L. R. Th. II. Tit. 8. §. 435. 436. Im Code pénal Art. 386. werden aubergiste und hôtelier genannt.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/424>, abgerufen am 05.05.2024.