Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.§. 140. Ehebruch. das Strafgesetzbuch (§. 139. Abs. 3.) übergegangen. Für die richtigekann sie nicht angesehen werden. Auf den Akt der Trauung darf dabei freilich nicht der Nachdruck gelegt werden, denn das Verbrechen ist auch vorhanden, wenn die zweite Ehe eine Civilehe ist. Aber die Einge- hung der Ehe ist die entscheidende Handlung, welche auch nach der Fassung des ersten Absatzes in diesem Paragraphen den Thatbestand des Verbrechens bildet, und mit welchem es vollendet ist. Die Ehe selbst ist keine Handlung, sondern ein Verhältniß, welches, wie im Staatsrath richtig hervorgehoben worden, nur als die Folge der verbre- cherischen Eingehung betrachtet werden kann. Das Gesetzbuch hätte um so weniger die singuläre Bestimmung über die Verjährung beibehalten sollen, da es den doktrinären Begriff des fortgesetzten Verbrechens auf- gegeben hat. §. 140. Der Ehebruch wird, wenn wegen dieses Vergehens die Ehe geschieden ist, Die Bestrafung des Ehebruchs bleibt ausgeschlossen, wenn der unschuldige Ueber die Bestrafung des Ehebruchs enthalten die früheren Ver- I. Eine Strafe wegen Ehebruchs, mit welcher dessen civilrechtliche II. Die Bestrafung bleibt auch in diesem Fall ausgeschlossen, l) Motive zum ersten Entwurf. III. 2. S. 272-75. -- Berathungs-
Protokolle der Staatsraths-Kommission. II. S. 239-46. 249-52. -- Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 28. April und 8. Mai 1841. -- Revision von 1845. II. S. 162-68. -- Verhandlungen der Staatsraths- Kommission von 1846. S. 85-87. -- Verhandlungen des vereinigten ständ. Ausschusses. III. S. 395-457. §. 140. Ehebruch. das Strafgeſetzbuch (§. 139. Abſ. 3.) übergegangen. Für die richtigekann ſie nicht angeſehen werden. Auf den Akt der Trauung darf dabei freilich nicht der Nachdruck gelegt werden, denn das Verbrechen iſt auch vorhanden, wenn die zweite Ehe eine Civilehe iſt. Aber die Einge- hung der Ehe iſt die entſcheidende Handlung, welche auch nach der Faſſung des erſten Abſatzes in dieſem Paragraphen den Thatbeſtand des Verbrechens bildet, und mit welchem es vollendet iſt. Die Ehe ſelbſt iſt keine Handlung, ſondern ein Verhältniß, welches, wie im Staatsrath richtig hervorgehoben worden, nur als die Folge der verbre- cheriſchen Eingehung betrachtet werden kann. Das Geſetzbuch hätte um ſo weniger die ſinguläre Beſtimmung über die Verjährung beibehalten ſollen, da es den doktrinären Begriff des fortgeſetzten Verbrechens auf- gegeben hat. §. 140. Der Ehebruch wird, wenn wegen dieſes Vergehens die Ehe geſchieden iſt, Die Beſtrafung des Ehebruchs bleibt ausgeſchloſſen, wenn der unſchuldige Ueber die Beſtrafung des Ehebruchs enthalten die früheren Ver- I. Eine Strafe wegen Ehebruchs, mit welcher deſſen civilrechtliche II. Die Beſtrafung bleibt auch in dieſem Fall ausgeſchloſſen, l) Motive zum erſten Entwurf. III. 2. S. 272-75. — Berathungs-
Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II. S. 239-46. 249-52. — Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 28. April und 8. Mai 1841. — Reviſion von 1845. II. S. 162-68. — Verhandlungen der Staatsraths- Kommiſſion von 1846. S. 85-87. — Verhandlungen des vereinigten ſtänd. Ausſchuſſes. III. S. 395-457. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0319" n="309"/><fw place="top" type="header">§. 140. Ehebruch.</fw><lb/> das Strafgeſetzbuch (§. 139. Abſ. 3.) übergegangen. Für die richtige<lb/> kann ſie nicht angeſehen werden. Auf den Akt der Trauung darf dabei<lb/> freilich nicht der Nachdruck gelegt werden, denn das Verbrechen iſt auch<lb/> vorhanden, wenn die zweite Ehe eine Civilehe iſt. Aber die <hi rendition="#g">Einge-<lb/> hung der Ehe</hi> iſt die entſcheidende Handlung, welche auch nach der<lb/> Faſſung des erſten Abſatzes in dieſem Paragraphen den Thatbeſtand<lb/> des Verbrechens bildet, und mit welchem es vollendet iſt. Die Ehe<lb/> ſelbſt iſt keine Handlung, ſondern ein Verhältniß, welches, wie im<lb/> Staatsrath richtig hervorgehoben worden, nur als die Folge der verbre-<lb/> cheriſchen Eingehung betrachtet werden kann. Das Geſetzbuch hätte um<lb/> ſo weniger die ſinguläre Beſtimmung über die Verjährung beibehalten<lb/> ſollen, da es den doktrinären Begriff des fortgeſetzten Verbrechens auf-<lb/> gegeben hat.</p> </div> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 140.</head><lb/> <div n="5"> <head/> <p> <hi rendition="#et">Der Ehebruch wird, wenn wegen dieſes Vergehens die Ehe geſchieden iſt,<lb/> an dem ſchuldigen Ehegatten, ſowie deſſen Mitſchuldigen, mit Gefängniß von<lb/> vier Wochen bis zu ſechs Monaten beſtraft.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Die Beſtrafung des Ehebruchs bleibt ausgeſchloſſen, wenn der unſchuldige<lb/> Ehegatte im Laufe des Eheſcheidungsprozeſſes oder bis zur Abfaſſung des<lb/> Straferkenntniſſes die Nichtbeſtrafung ausdrücklich beantragt, in welchem Falle<lb/> das Strafverfahren auch gegen die Mitſchuldigen wegfällt.</hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="5"> <head/> <p>Ueber die Beſtrafung des Ehebruchs enthalten die früheren Ver-<lb/> handlungen ein ſehr umfaſſendes Material, <note place="foot" n="l)"><hi rendition="#g">Motive zum erſten Entwurf</hi>. III<hi rendition="#aq">.</hi> 2. S. 272-75. — <hi rendition="#g">Berathungs-<lb/> Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion</hi>. II<hi rendition="#aq">.</hi> S. 239-46. 249-52. —<lb/><hi rendition="#g">Protokolle des Staatsraths</hi>, Sitzung vom 28. April und 8. Mai 1841. —<lb/><hi rendition="#g">Reviſion von</hi> 1845. II<hi rendition="#aq">.</hi> S. 162-68. — <hi rendition="#g">Verhandlungen der Staatsraths-<lb/> Kommiſſion von</hi> 1846. S. 85-87. — <hi rendition="#g">Verhandlungen des vereinigten<lb/> ſtänd. Ausſchuſſes</hi>. III<hi rendition="#aq">.</hi> S. 395-457.</note> welches nach der im Straf-<lb/> geſetzbuch erfolgten Normirung gegenwärtig von geringer praktiſcher Be-<lb/> deutung iſt. Es kommen hier folgende Punkte in Betracht.</p><lb/> <p>I<hi rendition="#aq">.</hi> Eine Strafe wegen Ehebruchs, mit welcher deſſen civilrechtliche<lb/> Folgen nicht zu verwechſeln ſind, tritt nur ein, wenn wegen dieſes Ver-<lb/> gehens die Ehe geſchieden iſt.</p><lb/> <p>II<hi rendition="#aq">.</hi> Die Beſtrafung bleibt auch in dieſem Fall ausgeſchloſſen,<lb/> wenn der unſchuldige Ehegatte die Nichtbeſtrafung ausdrücklich bean-<lb/> tragt. In der Kommiſſion der zweiten Kammer fand der Antrag auf<lb/> Streichung des ganzen Paragraphen ſo wenig wie der auf Streichung<lb/> des zweiten Abſatzes die genügende Unterſtützung; jedoch hielt man es<lb/> für richtiger, nach dem Vorgange des Allg. Landrechts (II<hi rendition="#aq">.</hi> 20. §. 1061.)<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [309/0319]
§. 140. Ehebruch.
das Strafgeſetzbuch (§. 139. Abſ. 3.) übergegangen. Für die richtige
kann ſie nicht angeſehen werden. Auf den Akt der Trauung darf dabei
freilich nicht der Nachdruck gelegt werden, denn das Verbrechen iſt auch
vorhanden, wenn die zweite Ehe eine Civilehe iſt. Aber die Einge-
hung der Ehe iſt die entſcheidende Handlung, welche auch nach der
Faſſung des erſten Abſatzes in dieſem Paragraphen den Thatbeſtand
des Verbrechens bildet, und mit welchem es vollendet iſt. Die Ehe
ſelbſt iſt keine Handlung, ſondern ein Verhältniß, welches, wie im
Staatsrath richtig hervorgehoben worden, nur als die Folge der verbre-
cheriſchen Eingehung betrachtet werden kann. Das Geſetzbuch hätte um
ſo weniger die ſinguläre Beſtimmung über die Verjährung beibehalten
ſollen, da es den doktrinären Begriff des fortgeſetzten Verbrechens auf-
gegeben hat.
§. 140.
Der Ehebruch wird, wenn wegen dieſes Vergehens die Ehe geſchieden iſt,
an dem ſchuldigen Ehegatten, ſowie deſſen Mitſchuldigen, mit Gefängniß von
vier Wochen bis zu ſechs Monaten beſtraft.
Die Beſtrafung des Ehebruchs bleibt ausgeſchloſſen, wenn der unſchuldige
Ehegatte im Laufe des Eheſcheidungsprozeſſes oder bis zur Abfaſſung des
Straferkenntniſſes die Nichtbeſtrafung ausdrücklich beantragt, in welchem Falle
das Strafverfahren auch gegen die Mitſchuldigen wegfällt.
Ueber die Beſtrafung des Ehebruchs enthalten die früheren Ver-
handlungen ein ſehr umfaſſendes Material, l) welches nach der im Straf-
geſetzbuch erfolgten Normirung gegenwärtig von geringer praktiſcher Be-
deutung iſt. Es kommen hier folgende Punkte in Betracht.
I. Eine Strafe wegen Ehebruchs, mit welcher deſſen civilrechtliche
Folgen nicht zu verwechſeln ſind, tritt nur ein, wenn wegen dieſes Ver-
gehens die Ehe geſchieden iſt.
II. Die Beſtrafung bleibt auch in dieſem Fall ausgeſchloſſen,
wenn der unſchuldige Ehegatte die Nichtbeſtrafung ausdrücklich bean-
tragt. In der Kommiſſion der zweiten Kammer fand der Antrag auf
Streichung des ganzen Paragraphen ſo wenig wie der auf Streichung
des zweiten Abſatzes die genügende Unterſtützung; jedoch hielt man es
für richtiger, nach dem Vorgange des Allg. Landrechts (II. 20. §. 1061.)
l) Motive zum erſten Entwurf. III. 2. S. 272-75. — Berathungs-
Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II. S. 239-46. 249-52. —
Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 28. April und 8. Mai 1841. —
Reviſion von 1845. II. S. 162-68. — Verhandlungen der Staatsraths-
Kommiſſion von 1846. S. 85-87. — Verhandlungen des vereinigten
ſtänd. Ausſchuſſes. III. S. 395-457.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |