§§. 63-66. Vorbereitung eines hochverrätherischen Unternehmens.
Ehre materiell gerechtfertigt und dem Rechtsgefühle des Volkes entspre- chend erscheinen solle. Man unterließ nicht darauf hinzuweisen, wie häufig solche Fälle hochverrätherischer Verabredungen vorgekommen seien, welche objektiv so wenig gefährlich gewesen, und subjektiv so sehr nur aus ursprünglich edlen, durch jugendlichen Eifer irre geleiteten Ansichten hervorgegangen, daß eine bloße Freiheitsstrafe vollständig hingereicht habe, die Irregeleiteten von ihren Bestrebungen abzubringen, während eine entehrende Strafe der Natur der zu bestrafenden Handlung wider- sprochen und eben deshalb auf die öffentliche Meinung einen schädlichen Eindruck gemacht haben würde. Gerade bei den Ehrenstrafen sei es aber, wenn sie ihre Wirkung nicht verlieren sollten, vor Allem noth- wendig, daß sie in dem einzelnen Falle der Anwendung im Einklange mit der Ueberzeugung des Volkes ständen."
Die Kommission beschloß daher fast einstimmig, im Fall des §. 63. bei mildernden Umständen die Strafe der Einschließung eintreten zu lassen. "Dabei war jedoch die Mehrheit der Ansicht, daß auch in den Fällen, in welchen eine ehrlose Gesinnung dem Komplott nicht zum Grunde liege, und also der volle Verlust der bürgerlichen Ehren nicht eintreten dürfe, es doch gefährlich erscheine, den Verschwörern nach ab- gebüßter Freiheitsstrafe sofort oder überhaupt eine Einwirkung auf die Angelegenheiten des Staates, den sie mit gewaltsamen Umsturz bedroht hatten, zu gestatten." -- Aus dieser Erwägung ist die Bestimmung, §. 63. Abs. 3. über die Entziehung der politischen Rechte für immer oder auf Zeit hervorgegangen. Endlich ward auch hinsichtlich der Dauer der im Entwurf vorgeschriebenen Strafe bemerkt, daß ein Minimum von zehn Jahren mit Rücksicht auf die möglicher Weise geringe Ver- schuldung der Theilnehmer als zu hoch erscheine, und es ward daher beschlossen, dasselbe auf fünf Jahre herabzusetzen.
B.Gesetzlich ausgezeichnete Vorbereitung eines Hoch- verraths.
Mit derselben Strafe, welche auf die hochverrätherische Verschwö- rung gesetzt ist, sollen gewisse, besonders schwere Arten der Vorbereitung eines Hochverraths belegt werden (§.64.). Dieselben sind zuerst in der Staatsraths-Kommission aufgestellt worden, nachdem der Beschluß gefaßt war, die Vorbereitungen des Hochverraths nicht gleich dem vollendeten Verbrechen zu strafen. u) Diese Bestimmungen sind gegen diejenigen gerichtet, welche zur Vorbereitung eines hochverrätherischen Unter- nehmens
u)Berathungs-Protokolle. II. S. 12.
§§. 63-66. Vorbereitung eines hochverrätheriſchen Unternehmens.
Ehre materiell gerechtfertigt und dem Rechtsgefühle des Volkes entſpre- chend erſcheinen ſolle. Man unterließ nicht darauf hinzuweiſen, wie häufig ſolche Fälle hochverrätheriſcher Verabredungen vorgekommen ſeien, welche objektiv ſo wenig gefährlich geweſen, und ſubjektiv ſo ſehr nur aus urſprünglich edlen, durch jugendlichen Eifer irre geleiteten Anſichten hervorgegangen, daß eine bloße Freiheitsſtrafe vollſtändig hingereicht habe, die Irregeleiteten von ihren Beſtrebungen abzubringen, während eine entehrende Strafe der Natur der zu beſtrafenden Handlung wider- ſprochen und eben deshalb auf die öffentliche Meinung einen ſchädlichen Eindruck gemacht haben würde. Gerade bei den Ehrenſtrafen ſei es aber, wenn ſie ihre Wirkung nicht verlieren ſollten, vor Allem noth- wendig, daß ſie in dem einzelnen Falle der Anwendung im Einklange mit der Ueberzeugung des Volkes ſtänden.“
Die Kommiſſion beſchloß daher faſt einſtimmig, im Fall des §. 63. bei mildernden Umſtänden die Strafe der Einſchließung eintreten zu laſſen. „Dabei war jedoch die Mehrheit der Anſicht, daß auch in den Fällen, in welchen eine ehrloſe Geſinnung dem Komplott nicht zum Grunde liege, und alſo der volle Verluſt der bürgerlichen Ehren nicht eintreten dürfe, es doch gefährlich erſcheine, den Verſchwörern nach ab- gebüßter Freiheitsſtrafe ſofort oder überhaupt eine Einwirkung auf die Angelegenheiten des Staates, den ſie mit gewaltſamen Umſturz bedroht hatten, zu geſtatten.“ — Aus dieſer Erwägung iſt die Beſtimmung, §. 63. Abſ. 3. über die Entziehung der politiſchen Rechte für immer oder auf Zeit hervorgegangen. Endlich ward auch hinſichtlich der Dauer der im Entwurf vorgeſchriebenen Strafe bemerkt, daß ein Minimum von zehn Jahren mit Rückſicht auf die möglicher Weiſe geringe Ver- ſchuldung der Theilnehmer als zu hoch erſcheine, und es ward daher beſchloſſen, daſſelbe auf fünf Jahre herabzuſetzen.
B.Geſetzlich ausgezeichnete Vorbereitung eines Hoch- verraths.
Mit derſelben Strafe, welche auf die hochverrätheriſche Verſchwö- rung geſetzt iſt, ſollen gewiſſe, beſonders ſchwere Arten der Vorbereitung eines Hochverraths belegt werden (§.64.). Dieſelben ſind zuerſt in der Staatsraths-Kommiſſion aufgeſtellt worden, nachdem der Beſchluß gefaßt war, die Vorbereitungen des Hochverraths nicht gleich dem vollendeten Verbrechen zu ſtrafen. u) Dieſe Beſtimmungen ſind gegen diejenigen gerichtet, welche zur Vorbereitung eines hochverrätheriſchen Unter- nehmens
u)Berathungs-Protokolle. II. S. 12.
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§§. 63-66. Vorbereitung eines hochverrätheriſchen Unternehmens.
Ehre materiell gerechtfertigt und dem Rechtsgefühle des Volkes entſpre-
chend erſcheinen ſolle. Man unterließ nicht darauf hinzuweiſen, wie
häufig ſolche Fälle hochverrätheriſcher Verabredungen vorgekommen ſeien,
welche objektiv ſo wenig gefährlich geweſen, und ſubjektiv ſo ſehr nur
aus urſprünglich edlen, durch jugendlichen Eifer irre geleiteten Anſichten
hervorgegangen, daß eine bloße Freiheitsſtrafe vollſtändig hingereicht
habe, die Irregeleiteten von ihren Beſtrebungen abzubringen, während
eine entehrende Strafe der Natur der zu beſtrafenden Handlung wider-
ſprochen und eben deshalb auf die öffentliche Meinung einen ſchädlichen
Eindruck gemacht haben würde. Gerade bei den Ehrenſtrafen ſei es
aber, wenn ſie ihre Wirkung nicht verlieren ſollten, vor Allem noth-
wendig, daß ſie in dem einzelnen Falle der Anwendung im Einklange
mit der Ueberzeugung des Volkes ſtänden.“
Die Kommiſſion beſchloß daher faſt einſtimmig, im Fall des §. 63.
bei mildernden Umſtänden die Strafe der Einſchließung eintreten zu
laſſen. „Dabei war jedoch die Mehrheit der Anſicht, daß auch in den
Fällen, in welchen eine ehrloſe Geſinnung dem Komplott nicht zum
Grunde liege, und alſo der volle Verluſt der bürgerlichen Ehren nicht
eintreten dürfe, es doch gefährlich erſcheine, den Verſchwörern nach ab-
gebüßter Freiheitsſtrafe ſofort oder überhaupt eine Einwirkung auf die
Angelegenheiten des Staates, den ſie mit gewaltſamen Umſturz bedroht
hatten, zu geſtatten.“ — Aus dieſer Erwägung iſt die
Beſtimmung,
§. 63. Abſ. 3. über die Entziehung der politiſchen Rechte für immer
oder auf Zeit hervorgegangen. Endlich ward auch hinſichtlich der Dauer
der im Entwurf vorgeſchriebenen Strafe bemerkt, daß ein Minimum
von zehn Jahren mit Rückſicht auf die möglicher Weiſe geringe Ver-
ſchuldung der Theilnehmer als zu hoch erſcheine, und es ward daher
beſchloſſen, daſſelbe auf fünf Jahre herabzuſetzen.
B. Geſetzlich ausgezeichnete Vorbereitung eines Hoch-
verraths.
Mit derſelben Strafe, welche auf die hochverrätheriſche Verſchwö-
rung geſetzt iſt, ſollen gewiſſe, beſonders ſchwere Arten der Vorbereitung
eines Hochverraths belegt werden (§.64.). Dieſelben ſind zuerſt in der
Staatsraths-Kommiſſion aufgeſtellt worden, nachdem der Beſchluß gefaßt
war, die Vorbereitungen des Hochverraths nicht gleich dem vollendeten
Verbrechen zu ſtrafen. u)
Dieſe Beſtimmungen ſind gegen diejenigen
gerichtet, welche zur Vorbereitung eines hochverrätheriſchen Unter-
nehmens
u) Berathungs-Protokolle. II. S. 12.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/239>, abgerufen am 16.02.2025.
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