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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 58. 59. 60. Vom Rückfall.

V. In Folge des Rückfalls kann die Strafe über das gesetzliche
Maaß hinaus erhöht werden; es ist darin also ein allgemeiner Schär-
fungsgrund gegeben, wie in dem jugendlichen Alter ein allgemeiner
Milderungsgrund.

a. Die Straferhöhung bezieht sich, sofern das Gesetz keine beson-
deren Rückfallsstrafen bestimmt (s. oben Note e und §. 202.), nicht
auf die Strafart; diese bleibt dieselbe, und wird nur ihrem
Maaße nach verstärkt.
b. Sie kann nur um die Hälfte des gesetzlichen Maaßes erhöht
werden, und die zeitigen Freiheitsstrafen sollen auch in diesem
Fall die Dauer von zwanzig Jahren nicht überschreiten. g)

VI. Die Straferhöhung wegen Rückfalls soll nicht eintreten, wenn
seit dem Zeitpunkte, an welchem die Freiheitsstrafe oder Geldbuße des
zuletzt begangenen Verbrechens oder Vergehens abgebüßt oder erlassen
worden ist, zehn Jahre verflossen sind h) (§. 60.). Hier ist also aus
Nützlichkeitsgründen von dem Princip abgegangen, daß der Rückfall die
vorhergegangene Verurtheilung und nicht die Abbüßung der Strafe zu
seiner Voraussetzung hat. Daß aber für die Ausschließung der Rück-
fallsstrafe eine besondere Frist und nicht die für die Verjährung der
Verbrechen und Vergehen aufgestellte vorgeschrieben worden, rechtfertigt
sich dadurch, daß für beide Fälle keine Gleichheit des Grundes vorliegt.
Die Verdunkelung der Thatsachen und die Erschwerung der Vertheidi-
gung kommt bei der Berücksichtigung des früheren Straferkenntnisses
nicht in Betracht, und nur die Annahme, daß die durch die erste Ver-
urtheilung erfolgte Abschreckung nach einem längeren Zeitablaufe bei der
Wiederholung desselben Verbrechens nicht mehr in Anschlag zu bringen
sei, ist für die Ausschließung der Rückfallsstrafe maaßgebend. Wenn
nun die meisten Deutschen Gesetzgebungen auch die letztere durch den
Ablauf der Verjährungsfrist ausschließen lassen, i) so ist das für die
minder schweren Fälle zwar eine mildere Bestimmung, als die des
Strafgesetzbuchs; für die schweren aber ist sie härter. Im Allgemeinen

g) Das Preßgesetz vom 12. Mai 1851. läßt die gesetzliche Strafe wegen
Rückfalls verdoppeln (§. 40. 42. 43. 45.); doch findet überhaupt keine Straferhö-
hung wegen Rückfalls statt, wenn seit der letzten Verurtheilung fünf Jahre verstrichen
sind (§. 46.). Am Härtesten sind die Bestimmungen über die Entziehung des Ge-
werbebetriebs wegen Rückfalls (§. 54.), zumal bei Preßvergehen, die in der fahrläs-
sigen Verletzung formaler Preßvorschriften bestehen können, und bei einem ausgedehnten
Geschäfte nicht leicht ganz zu vermeiden sein werden.
h) Eine Ausnahme von dieser Bestimmung gilt für den Raub und die Erpres-
sung; s. §. 233. Nr. 1.
i) Sächs. Criminalgesetzb. Art. 76. -- Württemb. Strafgesetzb.
Art. 126. -- Braunschw. Criminalgesetzb. §. 71. -- Hess. Strafgesetzb.
Art. 103. -- Thüring. Strafgesetzb. Art. 74.
§§. 58. 59. 60. Vom Rückfall.

V. In Folge des Rückfalls kann die Strafe über das geſetzliche
Maaß hinaus erhöht werden; es iſt darin alſo ein allgemeiner Schär-
fungsgrund gegeben, wie in dem jugendlichen Alter ein allgemeiner
Milderungsgrund.

a. Die Straferhöhung bezieht ſich, ſofern das Geſetz keine beſon-
deren Rückfallsſtrafen beſtimmt (ſ. oben Note e und §. 202.), nicht
auf die Strafart; dieſe bleibt dieſelbe, und wird nur ihrem
Maaße nach verſtärkt.
b. Sie kann nur um die Hälfte des geſetzlichen Maaßes erhöht
werden, und die zeitigen Freiheitsſtrafen ſollen auch in dieſem
Fall die Dauer von zwanzig Jahren nicht überſchreiten. g)

VI. Die Straferhöhung wegen Rückfalls ſoll nicht eintreten, wenn
ſeit dem Zeitpunkte, an welchem die Freiheitsſtrafe oder Geldbuße des
zuletzt begangenen Verbrechens oder Vergehens abgebüßt oder erlaſſen
worden iſt, zehn Jahre verfloſſen ſind h) (§. 60.). Hier iſt alſo aus
Nützlichkeitsgründen von dem Princip abgegangen, daß der Rückfall die
vorhergegangene Verurtheilung und nicht die Abbüßung der Strafe zu
ſeiner Vorausſetzung hat. Daß aber für die Ausſchließung der Rück-
fallsſtrafe eine beſondere Friſt und nicht die für die Verjährung der
Verbrechen und Vergehen aufgeſtellte vorgeſchrieben worden, rechtfertigt
ſich dadurch, daß für beide Fälle keine Gleichheit des Grundes vorliegt.
Die Verdunkelung der Thatſachen und die Erſchwerung der Vertheidi-
gung kommt bei der Berückſichtigung des früheren Straferkenntniſſes
nicht in Betracht, und nur die Annahme, daß die durch die erſte Ver-
urtheilung erfolgte Abſchreckung nach einem längeren Zeitablaufe bei der
Wiederholung deſſelben Verbrechens nicht mehr in Anſchlag zu bringen
ſei, iſt für die Ausſchließung der Rückfallsſtrafe maaßgebend. Wenn
nun die meiſten Deutſchen Geſetzgebungen auch die letztere durch den
Ablauf der Verjährungsfriſt ausſchließen laſſen, i) ſo iſt das für die
minder ſchweren Fälle zwar eine mildere Beſtimmung, als die des
Strafgeſetzbuchs; für die ſchweren aber iſt ſie härter. Im Allgemeinen

g) Das Preßgeſetz vom 12. Mai 1851. läßt die geſetzliche Strafe wegen
Rückfalls verdoppeln (§. 40. 42. 43. 45.); doch findet überhaupt keine Straferhö-
hung wegen Rückfalls ſtatt, wenn ſeit der letzten Verurtheilung fünf Jahre verſtrichen
ſind (§. 46.). Am Härteſten ſind die Beſtimmungen über die Entziehung des Ge-
werbebetriebs wegen Rückfalls (§. 54.), zumal bei Preßvergehen, die in der fahrläſ-
ſigen Verletzung formaler Preßvorſchriften beſtehen können, und bei einem ausgedehnten
Geſchäfte nicht leicht ganz zu vermeiden ſein werden.
h) Eine Ausnahme von dieſer Beſtimmung gilt für den Raub und die Erpreſ-
ſung; ſ. §. 233. Nr. 1.
i) Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 76. — Württemb. Strafgeſetzb.
Art. 126. — Braunſchw. Criminalgeſetzb. §. 71. — Heſſ. Strafgeſetzb.
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[215/0225] §§. 58. 59. 60. Vom Rückfall. V. In Folge des Rückfalls kann die Strafe über das geſetzliche Maaß hinaus erhöht werden; es iſt darin alſo ein allgemeiner Schär- fungsgrund gegeben, wie in dem jugendlichen Alter ein allgemeiner Milderungsgrund. a. Die Straferhöhung bezieht ſich, ſofern das Geſetz keine beſon- deren Rückfallsſtrafen beſtimmt (ſ. oben Note e und §. 202.), nicht auf die Strafart; dieſe bleibt dieſelbe, und wird nur ihrem Maaße nach verſtärkt. b. Sie kann nur um die Hälfte des geſetzlichen Maaßes erhöht werden, und die zeitigen Freiheitsſtrafen ſollen auch in dieſem Fall die Dauer von zwanzig Jahren nicht überſchreiten. g) VI. Die Straferhöhung wegen Rückfalls ſoll nicht eintreten, wenn ſeit dem Zeitpunkte, an welchem die Freiheitsſtrafe oder Geldbuße des zuletzt begangenen Verbrechens oder Vergehens abgebüßt oder erlaſſen worden iſt, zehn Jahre verfloſſen ſind h) (§. 60.). Hier iſt alſo aus Nützlichkeitsgründen von dem Princip abgegangen, daß der Rückfall die vorhergegangene Verurtheilung und nicht die Abbüßung der Strafe zu ſeiner Vorausſetzung hat. Daß aber für die Ausſchließung der Rück- fallsſtrafe eine beſondere Friſt und nicht die für die Verjährung der Verbrechen und Vergehen aufgeſtellte vorgeſchrieben worden, rechtfertigt ſich dadurch, daß für beide Fälle keine Gleichheit des Grundes vorliegt. Die Verdunkelung der Thatſachen und die Erſchwerung der Vertheidi- gung kommt bei der Berückſichtigung des früheren Straferkenntniſſes nicht in Betracht, und nur die Annahme, daß die durch die erſte Ver- urtheilung erfolgte Abſchreckung nach einem längeren Zeitablaufe bei der Wiederholung deſſelben Verbrechens nicht mehr in Anſchlag zu bringen ſei, iſt für die Ausſchließung der Rückfallsſtrafe maaßgebend. Wenn nun die meiſten Deutſchen Geſetzgebungen auch die letztere durch den Ablauf der Verjährungsfriſt ausſchließen laſſen, i) ſo iſt das für die minder ſchweren Fälle zwar eine mildere Beſtimmung, als die des Strafgeſetzbuchs; für die ſchweren aber iſt ſie härter. Im Allgemeinen g) Das Preßgeſetz vom 12. Mai 1851. läßt die geſetzliche Strafe wegen Rückfalls verdoppeln (§. 40. 42. 43. 45.); doch findet überhaupt keine Straferhö- hung wegen Rückfalls ſtatt, wenn ſeit der letzten Verurtheilung fünf Jahre verſtrichen ſind (§. 46.). Am Härteſten ſind die Beſtimmungen über die Entziehung des Ge- werbebetriebs wegen Rückfalls (§. 54.), zumal bei Preßvergehen, die in der fahrläſ- ſigen Verletzung formaler Preßvorſchriften beſtehen können, und bei einem ausgedehnten Geſchäfte nicht leicht ganz zu vermeiden ſein werden. h) Eine Ausnahme von dieſer Beſtimmung gilt für den Raub und die Erpreſ- ſung; ſ. §. 233. Nr. 1. i) Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 76. — Württemb. Strafgeſetzb. Art. 126. — Braunſchw. Criminalgeſetzb. §. 71. — Heſſ. Strafgeſetzb. Art. 103. — Thüring. Strafgeſetzb. Art. 74.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/225>, abgerufen am 22.11.2024.