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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§. 50-54. Strafanträge von Privatpersonen.
brechen und Vergehen, welche nicht von Amtswegen untersucht werden,
neben den Folgen der nicht zeitig angebrachten Strafanträge eine kürzere
Verjährung als die gewöhnliche eingeführt. f)

Ist vor Ablauf der gesetzlichen Frist der Strafantrag nicht gestellt
worden, so bleibt die Handlung straflos, mag nun der Grund der Un-
terlassung der Verzicht des Verletzten (die Verzeihung) oder ein Ver-
säumniß sein. In den Entwürfen von 1843. §. 102. und von 1847.
§. 66. war außerdem noch die Verzeihung, ohne Rücksicht auf die Ein-
bringung des Strafantrags, als Grund aufgeführt worden, die Straf-
losigkeit zu bewirken. g) Darüber aber bedurfte es bei den strafbaren
Handlungen dieser Art keiner besonderen Vorschrift; es genügte die Be-
stimmung, wie lange der Antrag auf Bestrafung wieder zurückgenommen
werden kann. Eine solche ist §. 53. gegeben, und zwar dahien, daß nach
Eröffnung der gerichtlichen Untersuchung die Zurücknahme des Antrags
nicht mehr zulässig sein soll. Es ist dieser Zeitpunkt als der entschei-
dende gewählt worden, damit nicht die Thätigkeit der einmal in Anspruch
genommenen Behörden von der vielleicht wechselnden Laune der Privatper-
sonen abhängig gemacht werde. h) Doch sind Ausnahmen von dieser Regel
des Gesetzes vorbehalten und auch später gemacht worden (§. 160. Abs. 2.).

III. Wenn mehrere Verletzte aus derselben Handlung und gegen
dieselbe Person zum Strafantrag berechtigt sind, so bestehen ihre Rechte
unabhängig neben einander; i) für jeden läuft eine besondere Frist vom
Tage seiner Kenntniß an, und durch die Versäumung des Einen, der etwa
früher Kenntniß erhalten hat als die Andern, werden deren Ansprüche nicht
ausgeschlossen (§. 51.). Dieß gilt denn auch für den Fall, wenn außer
dem Minderjährigen, welcher das sechszehnte Lebensjahr zurückgelegt hat,
dessen Vater oder Vormund das Recht des Strafantrags hat (§. 54.).
Doch ist hierbei zu bemerken, daß der Vormund in diesem Fall nur als

f) Sächs. Criminalgesetzb. Art. 77. 78. -- Braunschweig. Criminal-
gesetzb.
§. 71. 72. -- Hannov. Criminalgesetzb. Art. 89. -- Bad. Straf-
gesetzb.
§. 190.
g) Das Hessische Strafgesetzb. Art. 54-56. handelt allgemein von dem
Verzichte des zur Privatklage Berechtigten:
h) Bericht der Kommission der ersten Kammer zu §. 53. Hier heißt
es: "Man war dabei einverstanden, daß der in §. 53. enthaltene Ausdruck: "Eröff-
nung der gerichtlichen Untersuchung" den Moment, bis zu welchem die Zurücknahme
des Antrags erfolgen könne, mit Rücksicht auf §. 39. der Verordnung vom 3. Januar
1849., genau und richtig bezeichne, so daß eine solche Zurücknahme nur während
der Informations-Verhandlungen des Staatsanwalts, nicht aber, nachdem das
Gericht bereits darüber beschlossen, erfolgen könne." -- Uebrigens wird es sich
doch auch fragen, inwieweit der §. 47. der angeführten Verordnung in Betracht
zu ziehen ist.
i) Vgl. Thüringisches Strafgesetzbuch. Art. 70.

§. 50-54. Strafanträge von Privatperſonen.
brechen und Vergehen, welche nicht von Amtswegen unterſucht werden,
neben den Folgen der nicht zeitig angebrachten Strafanträge eine kürzere
Verjährung als die gewöhnliche eingeführt. f)

Iſt vor Ablauf der geſetzlichen Friſt der Strafantrag nicht geſtellt
worden, ſo bleibt die Handlung ſtraflos, mag nun der Grund der Un-
terlaſſung der Verzicht des Verletzten (die Verzeihung) oder ein Ver-
ſäumniß ſein. In den Entwürfen von 1843. §. 102. und von 1847.
§. 66. war außerdem noch die Verzeihung, ohne Rückſicht auf die Ein-
bringung des Strafantrags, als Grund aufgeführt worden, die Straf-
loſigkeit zu bewirken. g) Darüber aber bedurfte es bei den ſtrafbaren
Handlungen dieſer Art keiner beſonderen Vorſchrift; es genügte die Be-
ſtimmung, wie lange der Antrag auf Beſtrafung wieder zurückgenommen
werden kann. Eine ſolche iſt §. 53. gegeben, und zwar dahien, daß nach
Eröffnung der gerichtlichen Unterſuchung die Zurücknahme des Antrags
nicht mehr zuläſſig ſein ſoll. Es iſt dieſer Zeitpunkt als der entſchei-
dende gewählt worden, damit nicht die Thätigkeit der einmal in Anſpruch
genommenen Behörden von der vielleicht wechſelnden Laune der Privatper-
ſonen abhängig gemacht werde. h) Doch ſind Ausnahmen von dieſer Regel
des Geſetzes vorbehalten und auch ſpäter gemacht worden (§. 160. Abſ. 2.).

III. Wenn mehrere Verletzte aus derſelben Handlung und gegen
dieſelbe Perſon zum Strafantrag berechtigt ſind, ſo beſtehen ihre Rechte
unabhängig neben einander; i) für jeden läuft eine beſondere Friſt vom
Tage ſeiner Kenntniß an, und durch die Verſäumung des Einen, der etwa
früher Kenntniß erhalten hat als die Andern, werden deren Anſprüche nicht
ausgeſchloſſen (§. 51.). Dieß gilt denn auch für den Fall, wenn außer
dem Minderjährigen, welcher das ſechszehnte Lebensjahr zurückgelegt hat,
deſſen Vater oder Vormund das Recht des Strafantrags hat (§. 54.).
Doch iſt hierbei zu bemerken, daß der Vormund in dieſem Fall nur als

f) Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 77. 78. — Braunſchweig. Criminal-
geſetzb.
§. 71. 72. — Hannov. Criminalgeſetzb. Art. 89. — Bad. Straf-
geſetzb.
§. 190.
g) Das Heſſiſche Strafgeſetzb. Art. 54-56. handelt allgemein von dem
Verzichte des zur Privatklage Berechtigten:
h) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 53. Hier heißt
es: „Man war dabei einverſtanden, daß der in §. 53. enthaltene Ausdruck: „Eröff-
nung der gerichtlichen Unterſuchung“ den Moment, bis zu welchem die Zurücknahme
des Antrags erfolgen könne, mit Rückſicht auf §. 39. der Verordnung vom 3. Januar
1849., genau und richtig bezeichne, ſo daß eine ſolche Zurücknahme nur während
der Informations-Verhandlungen des Staatsanwalts, nicht aber, nachdem das
Gericht bereits darüber beſchloſſen, erfolgen könne.“ — Uebrigens wird es ſich
doch auch fragen, inwieweit der §. 47. der angeführten Verordnung in Betracht
zu ziehen iſt.
i) Vgl. Thüringiſches Strafgeſetzbuch. Art. 70.
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[205/0215] §. 50-54. Strafanträge von Privatperſonen. brechen und Vergehen, welche nicht von Amtswegen unterſucht werden, neben den Folgen der nicht zeitig angebrachten Strafanträge eine kürzere Verjährung als die gewöhnliche eingeführt. f) Iſt vor Ablauf der geſetzlichen Friſt der Strafantrag nicht geſtellt worden, ſo bleibt die Handlung ſtraflos, mag nun der Grund der Un- terlaſſung der Verzicht des Verletzten (die Verzeihung) oder ein Ver- ſäumniß ſein. In den Entwürfen von 1843. §. 102. und von 1847. §. 66. war außerdem noch die Verzeihung, ohne Rückſicht auf die Ein- bringung des Strafantrags, als Grund aufgeführt worden, die Straf- loſigkeit zu bewirken. g) Darüber aber bedurfte es bei den ſtrafbaren Handlungen dieſer Art keiner beſonderen Vorſchrift; es genügte die Be- ſtimmung, wie lange der Antrag auf Beſtrafung wieder zurückgenommen werden kann. Eine ſolche iſt §. 53. gegeben, und zwar dahien, daß nach Eröffnung der gerichtlichen Unterſuchung die Zurücknahme des Antrags nicht mehr zuläſſig ſein ſoll. Es iſt dieſer Zeitpunkt als der entſchei- dende gewählt worden, damit nicht die Thätigkeit der einmal in Anſpruch genommenen Behörden von der vielleicht wechſelnden Laune der Privatper- ſonen abhängig gemacht werde. h) Doch ſind Ausnahmen von dieſer Regel des Geſetzes vorbehalten und auch ſpäter gemacht worden (§. 160. Abſ. 2.). III. Wenn mehrere Verletzte aus derſelben Handlung und gegen dieſelbe Perſon zum Strafantrag berechtigt ſind, ſo beſtehen ihre Rechte unabhängig neben einander; i) für jeden läuft eine beſondere Friſt vom Tage ſeiner Kenntniß an, und durch die Verſäumung des Einen, der etwa früher Kenntniß erhalten hat als die Andern, werden deren Anſprüche nicht ausgeſchloſſen (§. 51.). Dieß gilt denn auch für den Fall, wenn außer dem Minderjährigen, welcher das ſechszehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, deſſen Vater oder Vormund das Recht des Strafantrags hat (§. 54.). Doch iſt hierbei zu bemerken, daß der Vormund in dieſem Fall nur als f) Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 77. 78. — Braunſchweig. Criminal- geſetzb. §. 71. 72. — Hannov. Criminalgeſetzb. Art. 89. — Bad. Straf- geſetzb. §. 190. g) Das Heſſiſche Strafgeſetzb. Art. 54-56. handelt allgemein von dem Verzichte des zur Privatklage Berechtigten: h) Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer zu §. 53. Hier heißt es: „Man war dabei einverſtanden, daß der in §. 53. enthaltene Ausdruck: „Eröff- nung der gerichtlichen Unterſuchung“ den Moment, bis zu welchem die Zurücknahme des Antrags erfolgen könne, mit Rückſicht auf §. 39. der Verordnung vom 3. Januar 1849., genau und richtig bezeichne, ſo daß eine ſolche Zurücknahme nur während der Informations-Verhandlungen des Staatsanwalts, nicht aber, nachdem das Gericht bereits darüber beſchloſſen, erfolgen könne.“ — Uebrigens wird es ſich doch auch fragen, inwieweit der §. 47. der angeführten Verordnung in Betracht zu ziehen iſt. i) Vgl. Thüringiſches Strafgeſetzbuch. Art. 70.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/215>, abgerufen am 25.11.2024.