Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Tausend, sagte Fritz, das ist ja ein Irrwisch! So, fragte der Bäcker, das verdanken wir wohl Euch? Fritz ärgerte sich, aber er antwortete nicht. Fahr zu, sagte er zum Kutscher, es thut dir nichts. Da fahre ein Andrer! erwiderte der Fuhrmann. Du bist ein Narr, rief Fritz, fahr zu! Der Kerl hieb auf die Pferde, die sich bäumten, schnaubten, ausschlugen; die Weiber kreischten, die Männer fluchten, man versuchte vergebens, die Thiere in den Gang zu bringen, und mußte nur froh sein, als sie endlich wieder ruhig standen. Die Flamme aber stand noch immer wie ein Soldat auf seinem Posten. Ich will selbst fahren! rief Fritz aufstehend. Da bemerkte er, daß sie eine leichte zuckende Bewegung nach rückwärts machte, und wie er ihr mit den Augen folgte, sah er den Wald licht werden; es flimmerte in allen Büschen, es spann sich wie Goldfäden durch die Zweige, und plötzlich standen drei Flammen an der Stelle der vorigen und hemmten den Weg. Klaus fluchte, Töffel schwieg, der Bäcker schimpfte, der Fuhrmann betete, die Weiber weinten, Fritz sprang auf das Leitpferd, der Kutscher ließ die Zügel fahren und nahm Jenes Platz im Wagen ein. Fritz hieb auf die Thiere und es gelang ihm wirklich, sie unter dem heftigsten Gewieher ein paar Schritte vorwärts zu treiben, aber so wie der Wagen sich bewegte, bewegten sich auch die drei Flammen und zit- Tausend, sagte Fritz, das ist ja ein Irrwisch! So, fragte der Bäcker, das verdanken wir wohl Euch? Fritz ärgerte sich, aber er antwortete nicht. Fahr zu, sagte er zum Kutscher, es thut dir nichts. Da fahre ein Andrer! erwiderte der Fuhrmann. Du bist ein Narr, rief Fritz, fahr zu! Der Kerl hieb auf die Pferde, die sich bäumten, schnaubten, ausschlugen; die Weiber kreischten, die Männer fluchten, man versuchte vergebens, die Thiere in den Gang zu bringen, und mußte nur froh sein, als sie endlich wieder ruhig standen. Die Flamme aber stand noch immer wie ein Soldat auf seinem Posten. Ich will selbst fahren! rief Fritz aufstehend. Da bemerkte er, daß sie eine leichte zuckende Bewegung nach rückwärts machte, und wie er ihr mit den Augen folgte, sah er den Wald licht werden; es flimmerte in allen Büschen, es spann sich wie Goldfäden durch die Zweige, und plötzlich standen drei Flammen an der Stelle der vorigen und hemmten den Weg. Klaus fluchte, Töffel schwieg, der Bäcker schimpfte, der Fuhrmann betete, die Weiber weinten, Fritz sprang auf das Leitpferd, der Kutscher ließ die Zügel fahren und nahm Jenes Platz im Wagen ein. Fritz hieb auf die Thiere und es gelang ihm wirklich, sie unter dem heftigsten Gewieher ein paar Schritte vorwärts zu treiben, aber so wie der Wagen sich bewegte, bewegten sich auch die drei Flammen und zit- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0097"/> <p>Tausend, sagte Fritz, das ist ja ein Irrwisch!</p><lb/> <p>So, fragte der Bäcker, das verdanken wir wohl Euch?</p><lb/> <p>Fritz ärgerte sich, aber er antwortete nicht. Fahr zu, sagte er zum Kutscher, es thut dir nichts.</p><lb/> <p>Da fahre ein Andrer! erwiderte der Fuhrmann.</p><lb/> <p>Du bist ein Narr, rief Fritz, fahr zu!</p><lb/> <p>Der Kerl hieb auf die Pferde, die sich bäumten, schnaubten, ausschlugen; die Weiber kreischten, die Männer fluchten, man versuchte vergebens, die Thiere in den Gang zu bringen, und mußte nur froh sein, als sie endlich wieder ruhig standen.</p><lb/> <p>Die Flamme aber stand noch immer wie ein Soldat auf seinem Posten. Ich will selbst fahren! rief Fritz aufstehend. Da bemerkte er, daß sie eine leichte zuckende Bewegung nach rückwärts machte, und wie er ihr mit den Augen folgte, sah er den Wald licht werden; es flimmerte in allen Büschen, es spann sich wie Goldfäden durch die Zweige, und plötzlich standen drei Flammen an der Stelle der vorigen und hemmten den Weg. Klaus fluchte, Töffel schwieg, der Bäcker schimpfte, der Fuhrmann betete, die Weiber weinten, Fritz sprang auf das Leitpferd, der Kutscher ließ die Zügel fahren und nahm Jenes Platz im Wagen ein.</p><lb/> <p>Fritz hieb auf die Thiere und es gelang ihm wirklich, sie unter dem heftigsten Gewieher ein paar Schritte vorwärts zu treiben, aber so wie der Wagen sich bewegte, bewegten sich auch die drei Flammen und zit-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0097]
Tausend, sagte Fritz, das ist ja ein Irrwisch!
So, fragte der Bäcker, das verdanken wir wohl Euch?
Fritz ärgerte sich, aber er antwortete nicht. Fahr zu, sagte er zum Kutscher, es thut dir nichts.
Da fahre ein Andrer! erwiderte der Fuhrmann.
Du bist ein Narr, rief Fritz, fahr zu!
Der Kerl hieb auf die Pferde, die sich bäumten, schnaubten, ausschlugen; die Weiber kreischten, die Männer fluchten, man versuchte vergebens, die Thiere in den Gang zu bringen, und mußte nur froh sein, als sie endlich wieder ruhig standen.
Die Flamme aber stand noch immer wie ein Soldat auf seinem Posten. Ich will selbst fahren! rief Fritz aufstehend. Da bemerkte er, daß sie eine leichte zuckende Bewegung nach rückwärts machte, und wie er ihr mit den Augen folgte, sah er den Wald licht werden; es flimmerte in allen Büschen, es spann sich wie Goldfäden durch die Zweige, und plötzlich standen drei Flammen an der Stelle der vorigen und hemmten den Weg. Klaus fluchte, Töffel schwieg, der Bäcker schimpfte, der Fuhrmann betete, die Weiber weinten, Fritz sprang auf das Leitpferd, der Kutscher ließ die Zügel fahren und nahm Jenes Platz im Wagen ein.
Fritz hieb auf die Thiere und es gelang ihm wirklich, sie unter dem heftigsten Gewieher ein paar Schritte vorwärts zu treiben, aber so wie der Wagen sich bewegte, bewegten sich auch die drei Flammen und zit-
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