Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Dornen, die das Klettern über den Zaun unmöglich machten; sie kehrte zurück. Ich habe dich hergerufen, Fritz, um dir dein Wort wiederzugeben, sagte sie feierlich, und meines zurückzufordern, damit nicht ein großes Unglück entsteht. Höre, Fritz, ich vertraue dir gewiß recht viel, und du magst daraus sehn, ob ich dich lieb habe und glaube, daß du ein guter Mensch bist. Komm näher -- Fritz rückte sein Ohr an die Oeffnung. Sieh, sagte Lieschen, du kennst meinen Vater nicht, du weißt nicht, was er thun kann, wenn er wild wird, ich aber weiß es. Fritz, als wir hier ins Land kamen -- mein Vater, will ich sagen -- und er das Bauergütchen mit seinen schönen blanken Thalern kaufte, da war mein Vater aus seinem Lande weggezogen -- und ich weiß selbst nicht, wo es ist, denn nie haben sie mir's gesagt -- aber er war weggezogen, weil mein Großvater -- o Fritz, daß ich dir das erzählen muß! -- Sie hielt inne und schluchzte, dann fuhr sie gewaltsam fort -- weil mein Großvater Einen im Jähzorn erschlagen hat und -- auf dem Richtplatz umgekommen ist -- setzte sie dumpf hinzu. Herr Gott! rief Fritz. Mein Vater ist eben so jähzornig wie sein Vater, und er hat schon gedroht -- Willst du uns unglücklich machen, Fritz? -- Wenn mein Vater mich -- oder dich -- Fritz, Fritz! Ich bitte dich um deinetwillen! Wenn mein Vater auch -- Sie hielt die Hand vor die Augen. Dornen, die das Klettern über den Zaun unmöglich machten; sie kehrte zurück. Ich habe dich hergerufen, Fritz, um dir dein Wort wiederzugeben, sagte sie feierlich, und meines zurückzufordern, damit nicht ein großes Unglück entsteht. Höre, Fritz, ich vertraue dir gewiß recht viel, und du magst daraus sehn, ob ich dich lieb habe und glaube, daß du ein guter Mensch bist. Komm näher — Fritz rückte sein Ohr an die Oeffnung. Sieh, sagte Lieschen, du kennst meinen Vater nicht, du weißt nicht, was er thun kann, wenn er wild wird, ich aber weiß es. Fritz, als wir hier ins Land kamen — mein Vater, will ich sagen — und er das Bauergütchen mit seinen schönen blanken Thalern kaufte, da war mein Vater aus seinem Lande weggezogen — und ich weiß selbst nicht, wo es ist, denn nie haben sie mir's gesagt — aber er war weggezogen, weil mein Großvater — o Fritz, daß ich dir das erzählen muß! — Sie hielt inne und schluchzte, dann fuhr sie gewaltsam fort — weil mein Großvater Einen im Jähzorn erschlagen hat und — auf dem Richtplatz umgekommen ist — setzte sie dumpf hinzu. Herr Gott! rief Fritz. Mein Vater ist eben so jähzornig wie sein Vater, und er hat schon gedroht — Willst du uns unglücklich machen, Fritz? — Wenn mein Vater mich — oder dich — Fritz, Fritz! Ich bitte dich um deinetwillen! Wenn mein Vater auch — Sie hielt die Hand vor die Augen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046"/> Dornen, die das Klettern über den Zaun unmöglich machten; sie kehrte zurück.</p><lb/> <p>Ich habe dich hergerufen, Fritz, um dir dein Wort wiederzugeben, sagte sie feierlich, und meines zurückzufordern, damit nicht ein großes Unglück entsteht. Höre, Fritz, ich vertraue dir gewiß recht viel, und du magst daraus sehn, ob ich dich lieb habe und glaube, daß du ein guter Mensch bist. Komm näher — Fritz rückte sein Ohr an die Oeffnung. Sieh, sagte Lieschen, du kennst meinen Vater nicht, du weißt nicht, was er thun kann, wenn er wild wird, ich aber weiß es. Fritz, als wir hier ins Land kamen — mein Vater, will ich sagen — und er das Bauergütchen mit seinen schönen blanken Thalern kaufte, da war mein Vater aus seinem Lande weggezogen — und ich weiß selbst nicht, wo es ist, denn nie haben sie mir's gesagt — aber er war weggezogen, weil mein Großvater — o Fritz, daß ich dir das erzählen muß! — Sie hielt inne und schluchzte, dann fuhr sie gewaltsam fort — weil mein Großvater Einen im Jähzorn erschlagen hat und — auf dem Richtplatz umgekommen ist — setzte sie dumpf hinzu.</p><lb/> <p>Herr Gott! rief Fritz.</p><lb/> <p>Mein Vater ist eben so jähzornig wie sein Vater, und er hat schon gedroht — Willst du uns unglücklich machen, Fritz? — Wenn mein Vater mich — oder dich — Fritz, Fritz! Ich bitte dich um deinetwillen! Wenn mein Vater auch — Sie hielt die Hand vor die Augen.</p><lb/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
Dornen, die das Klettern über den Zaun unmöglich machten; sie kehrte zurück.
Ich habe dich hergerufen, Fritz, um dir dein Wort wiederzugeben, sagte sie feierlich, und meines zurückzufordern, damit nicht ein großes Unglück entsteht. Höre, Fritz, ich vertraue dir gewiß recht viel, und du magst daraus sehn, ob ich dich lieb habe und glaube, daß du ein guter Mensch bist. Komm näher — Fritz rückte sein Ohr an die Oeffnung. Sieh, sagte Lieschen, du kennst meinen Vater nicht, du weißt nicht, was er thun kann, wenn er wild wird, ich aber weiß es. Fritz, als wir hier ins Land kamen — mein Vater, will ich sagen — und er das Bauergütchen mit seinen schönen blanken Thalern kaufte, da war mein Vater aus seinem Lande weggezogen — und ich weiß selbst nicht, wo es ist, denn nie haben sie mir's gesagt — aber er war weggezogen, weil mein Großvater — o Fritz, daß ich dir das erzählen muß! — Sie hielt inne und schluchzte, dann fuhr sie gewaltsam fort — weil mein Großvater Einen im Jähzorn erschlagen hat und — auf dem Richtplatz umgekommen ist — setzte sie dumpf hinzu.
Herr Gott! rief Fritz.
Mein Vater ist eben so jähzornig wie sein Vater, und er hat schon gedroht — Willst du uns unglücklich machen, Fritz? — Wenn mein Vater mich — oder dich — Fritz, Fritz! Ich bitte dich um deinetwillen! Wenn mein Vater auch — Sie hielt die Hand vor die Augen.
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Zitationshilfe: | Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/46>, abgerufen am 22.07.2024. |