Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.land ist ja so groß, wenn wir Niemand darum fragen könnten? Nachher reis't man ja auch nicht so ohne Paß, und wer gäbe uns den? Sie griffen uns auf und schickten uns ins Arbeitshaus, wie Vagabunden. Nein, ich brächte dich nur ins Elend. Ach, arme Leute sind doch recht übel dran! rief Fritz. Nun, reiche nicht viel besser; denke nur an die vornehmen Herrschaften, die Niemand finden konnten, der sie trauen wollte. Sie werden doch am Ende noch Jemand gefunden haben, sprach Fritz, aber wir -- Er ballte die Faust. O Fritz, bat Lieschen, sei nur nicht so, sei nicht wild; versprich mir, daß du fromm sein willst. Sieh, mein Vater ist schon so -- sonst giebt's ein Unglück! So versprich mir wenigstens, daß du den Bäcker nicht heirathen willst, daß du nein sagen willst vor dem Altar. Dann hätte ich die Hölle im Hause, mein Vater schlüge mich todt. So kämst du zu mir -- Und das ganze Dorf zeigte mit Fingern auf uns, und sie würden uns am Ende hinausweisen in die weite Welt -- So gingen wir -- Nein, Fritz, so nicht. Wenn ich deine Frau wäre, dann meinetwegen, und hätten wir auch keine trockene Rinde zu essen; aber so -- land ist ja so groß, wenn wir Niemand darum fragen könnten? Nachher reis't man ja auch nicht so ohne Paß, und wer gäbe uns den? Sie griffen uns auf und schickten uns ins Arbeitshaus, wie Vagabunden. Nein, ich brächte dich nur ins Elend. Ach, arme Leute sind doch recht übel dran! rief Fritz. Nun, reiche nicht viel besser; denke nur an die vornehmen Herrschaften, die Niemand finden konnten, der sie trauen wollte. Sie werden doch am Ende noch Jemand gefunden haben, sprach Fritz, aber wir — Er ballte die Faust. O Fritz, bat Lieschen, sei nur nicht so, sei nicht wild; versprich mir, daß du fromm sein willst. Sieh, mein Vater ist schon so — sonst giebt's ein Unglück! So versprich mir wenigstens, daß du den Bäcker nicht heirathen willst, daß du nein sagen willst vor dem Altar. Dann hätte ich die Hölle im Hause, mein Vater schlüge mich todt. So kämst du zu mir — Und das ganze Dorf zeigte mit Fingern auf uns, und sie würden uns am Ende hinausweisen in die weite Welt — So gingen wir — Nein, Fritz, so nicht. Wenn ich deine Frau wäre, dann meinetwegen, und hätten wir auch keine trockene Rinde zu essen; aber so — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0044"/> land ist ja so groß, wenn wir Niemand darum fragen könnten? Nachher reis't man ja auch nicht so ohne Paß, und wer gäbe uns den? Sie griffen uns auf und schickten uns ins Arbeitshaus, wie Vagabunden. Nein, ich brächte dich nur ins Elend.</p><lb/> <p>Ach, arme Leute sind doch recht übel dran! rief Fritz.</p><lb/> <p>Nun, reiche nicht viel besser; denke nur an die vornehmen Herrschaften, die Niemand finden konnten, der sie trauen wollte.</p><lb/> <p>Sie werden doch am Ende noch Jemand gefunden haben, sprach Fritz, aber wir — Er ballte die Faust.</p><lb/> <p>O Fritz, bat Lieschen, sei nur nicht so, sei nicht wild; versprich mir, daß du fromm sein willst. Sieh, mein Vater ist schon so — sonst giebt's ein Unglück!</p><lb/> <p>So versprich mir wenigstens, daß du den Bäcker nicht heirathen willst, daß du nein sagen willst vor dem Altar.</p><lb/> <p>Dann hätte ich die Hölle im Hause, mein Vater schlüge mich todt.</p><lb/> <p>So kämst du zu mir —</p><lb/> <p>Und das ganze Dorf zeigte mit Fingern auf uns, und sie würden uns am Ende hinausweisen in die weite Welt —</p><lb/> <p>So gingen wir —</p><lb/> <p>Nein, Fritz, so nicht. Wenn ich deine Frau wäre, dann meinetwegen, und hätten wir auch keine trockene Rinde zu essen; aber so —</p><lb/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0044]
land ist ja so groß, wenn wir Niemand darum fragen könnten? Nachher reis't man ja auch nicht so ohne Paß, und wer gäbe uns den? Sie griffen uns auf und schickten uns ins Arbeitshaus, wie Vagabunden. Nein, ich brächte dich nur ins Elend.
Ach, arme Leute sind doch recht übel dran! rief Fritz.
Nun, reiche nicht viel besser; denke nur an die vornehmen Herrschaften, die Niemand finden konnten, der sie trauen wollte.
Sie werden doch am Ende noch Jemand gefunden haben, sprach Fritz, aber wir — Er ballte die Faust.
O Fritz, bat Lieschen, sei nur nicht so, sei nicht wild; versprich mir, daß du fromm sein willst. Sieh, mein Vater ist schon so — sonst giebt's ein Unglück!
So versprich mir wenigstens, daß du den Bäcker nicht heirathen willst, daß du nein sagen willst vor dem Altar.
Dann hätte ich die Hölle im Hause, mein Vater schlüge mich todt.
So kämst du zu mir —
Und das ganze Dorf zeigte mit Fingern auf uns, und sie würden uns am Ende hinausweisen in die weite Welt —
So gingen wir —
Nein, Fritz, so nicht. Wenn ich deine Frau wäre, dann meinetwegen, und hätten wir auch keine trockene Rinde zu essen; aber so —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/44 |
Zitationshilfe: | Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/44>, abgerufen am 03.07.2024. |