meine Predigten nicht mehr so gut, und schöne wären als vor Zeiten, und ich nicht mehr den ehemahligen Fleiß darauf wen- dete: und das glaube nicht nur er, sondern auch andere mehr. Jch aber statuirte das völlige Widerspiel. Meine letzten Predigten in letzten Jahren meines Amts habe ich viel ac- curater gemacht, als in ersten Jahren, bin auch mit mehr Leibes- und Gemüths-Stärcke darzu ausgerüstet gewesen. Auch in den letzten Jahren, wer von Fremden ankommenden mich hörete, hatte alle die Liebe und Hochachtung vor mich, welche die Herren Leipziger anfangs hat- ten. Noch in der letzten Neu-Jahrs-Messe 1728. muste ich einem Vornehmen bey Hofe meine Predigt abgeschrieben communiciren. Herr Hilscher aus Dreßden, ließ mich das letzte Jahr unbekannter Weise ersuchen, ich möchte doch meinen unvergleichlichen Jahr-Gang von der Mittelstraße des Glaubens zwischen Aber- glauben, und Unglauben im Druck heraus geben, welchen Jahr-Gang ich aber nicht zu Ende gebracht habe.
Anno 1728. §. 146.
Hier muß ich mich nur beyläuffig wundern über die unterschiedenen Humeure der Menschen.
Man-
daß er removirt wuͤrde,
meine Predigten nicht mehr ſo gut, und ſchoͤne waͤren als vor Zeiten, und ich nicht mehr den ehemahligen Fleiß darauf wen- dete: und das glaube nicht nur er, ſondern auch andere mehr. Jch aber ſtatuirte das voͤllige Widerſpiel. Meine letzten Predigten in letzten Jahren meines Amts habe ich viel ac- curater gemacht, als in erſten Jahren, bin auch mit mehr Leibes- und Gemuͤths-Staͤrcke darzu ausgeruͤſtet geweſen. Auch in den letzten Jahren, wer von Fremden ankommenden mich hoͤrete, hatte alle die Liebe und Hochachtung vor mich, welche die Herren Leipziger anfangs hat- ten. Noch in der letzten Neu-Jahrs-Meſſe 1728. muſte ich einem Vornehmen bey Hofe meine Predigt abgeſchrieben communiciren. Herr Hilſcher aus Dreßden, ließ mich das letzte Jahr unbekannter Weiſe erſuchen, ich moͤchte doch meinen unvergleichlichen Jahr-Gang von der Mittelſtraße des Glaubens zwiſchen Aber- glauben, und Unglauben im Druck heraus geben, welchen Jahr-Gang ich aber nicht zu Ende gebracht habe.
Anno 1728. §. 146.
Hier muß ich mich nur beylaͤuffig wundern uͤber die unterſchiedenen Humeure der Menſchen.
Man-
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ſchoͤne waͤren als vor Zeiten, und ich nicht
mehr den ehemahligen Fleiß darauf wen-
dete: und das glaube nicht nur er, ſondern
auch andere mehr. Jch aber ſtatuirte das
voͤllige Widerſpiel. Meine letzten Predigten
in letzten Jahren meines Amts habe ich viel ac-
curater gemacht, als in erſten Jahren, bin
auch mit mehr Leibes- und Gemuͤths-Staͤrcke
darzu ausgeruͤſtet geweſen. Auch in den letzten
Jahren, wer von Fremden ankommenden mich
hoͤrete, hatte alle die Liebe und Hochachtung vor
mich, welche die Herren Leipziger anfangs hat-
ten. Noch in der letzten Neu-Jahrs-Meſſe
1728. muſte ich einem Vornehmen bey Hofe
meine Predigt abgeſchrieben communiciren.
Herr Hilſcher aus Dreßden, ließ mich das letzte
Jahr unbekannter Weiſe erſuchen, ich moͤchte
doch meinen unvergleichlichen Jahr-Gang von der
Mittelſtraße des Glaubens zwiſchen Aber-
glauben, und Unglauben im Druck heraus
geben, welchen Jahr-Gang ich aber nicht zu
Ende gebracht habe.
Anno 1728.
§. 146.
Hier muß ich mich nur beylaͤuffig wundern
uͤber die unterſchiedenen Humeure der Menſchen.
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/731>, abgerufen am 26.11.2024.
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