gemacht wurde, die Section zuzulaßen. Wie die geistlichen Aertzte, die Prediger, selten bey den geistlich Krancken was ausrichten, wenn sie zu ihnen so gelinde, wie der Priester Eli zu sei- nen Söhnen, reden, sondern offters mehr er- halten, wenn sie zornig sich anstellen, drohen, schelten, oder schmählen, wie es die Leute zu nennen pflegen: So solten meines Erachtens auch die leiblichen Aertzte zuweilen mehr Schärffe brauchen, insonderheit wenn sie furcht- same und verzagte Patienten haben, welche ent- weder nicht gerne die vorgeschriebene Artzney einnehmen, noch die Beobachtung der verord- neten Diaet bey gewissen Fällen vor höchst nö- thig achten. Vor einigen Jahren salivirte ein gewisser Medicus ein Mägdlein allhier, ohn- gefehr von 13. Jahren. Er sagte ihr kalt- sinnig und gelaßen, sie solte nicht ausgehen, und auch keine harten Speisen, sondern nur etwan Zugemüßen und Suppen genießen. Sie ob- serviret keines von beyden, und war der Tod eine unausbleibliche Folge. Was hat das arme einfältige Kind doch wissen sollen, wie höchst nöthig die Beobachtung solcher Diaet sey bey dergleichen gefährlichen Curen, wenn es ihr nicht mit Angst, Furcht, und Schrecken vor- gesaget, und sie nicht mit großem Ernste bedro- het worden!
M. Gehr
bald einen andern Medicum an,
gemacht wurde, die Section zuzulaßen. Wie die geiſtlichen Aertzte, die Prediger, ſelten bey den geiſtlich Krancken was ausrichten, wenn ſie zu ihnen ſo gelinde, wie der Prieſter Eli zu ſei- nen Soͤhnen, reden, ſondern offters mehr er- halten, wenn ſie zornig ſich anſtellen, drohen, ſchelten, oder ſchmaͤhlen, wie es die Leute zu nennen pflegen: So ſolten meines Erachtens auch die leiblichen Aertzte zuweilen mehr Schaͤrffe brauchen, inſonderheit wenn ſie furcht- ſame und verzagte Patienten haben, welche ent- weder nicht gerne die vorgeſchriebene Artzney einnehmen, noch die Beobachtung der verord- neten Diæt bey gewiſſen Faͤllen vor hoͤchſt noͤ- thig achten. Vor einigen Jahren ſalivirte ein gewiſſer Medicus ein Maͤgdlein allhier, ohn- gefehr von 13. Jahren. Er ſagte ihr kalt- ſinnig und gelaßen, ſie ſolte nicht ausgehen, und auch keine harten Speiſen, ſondern nur etwan Zugemuͤßen und Suppen genießen. Sie ob- ſerviret keines von beyden, und war der Tod eine unausbleibliche Folge. Was hat das arme einfaͤltige Kind doch wiſſen ſollen, wie hoͤchſt noͤthig die Beobachtung ſolcher Diæt ſey bey dergleichen gefaͤhrlichen Curen, wenn es ihr nicht mit Angſt, Furcht, und Schrecken vor- geſaget, und ſie nicht mit großem Ernſte bedro- het worden!
M. Gehr
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bald einen andern Medicum an,
gemacht wurde, die Section zuzulaßen. Wie
die geiſtlichen Aertzte, die Prediger, ſelten bey
den geiſtlich Krancken was ausrichten, wenn ſie
zu ihnen ſo gelinde, wie der Prieſter Eli zu ſei-
nen Soͤhnen, reden, ſondern offters mehr er-
halten, wenn ſie zornig ſich anſtellen, drohen,
ſchelten, oder ſchmaͤhlen, wie es die Leute zu
nennen pflegen: So ſolten meines Erachtens
auch die leiblichen Aertzte zuweilen mehr
Schaͤrffe brauchen, inſonderheit wenn ſie furcht-
ſame und verzagte Patienten haben, welche ent-
weder nicht gerne die vorgeſchriebene Artzney
einnehmen, noch die Beobachtung der verord-
neten Diæt bey gewiſſen Faͤllen vor hoͤchſt noͤ-
thig achten. Vor einigen Jahren ſalivirte
ein gewiſſer Medicus ein Maͤgdlein allhier, ohn-
gefehr von 13. Jahren. Er ſagte ihr kalt-
ſinnig und gelaßen, ſie ſolte nicht ausgehen, und
auch keine harten Speiſen, ſondern nur etwan
Zugemuͤßen und Suppen genießen. Sie ob-
ſerviret keines von beyden, und war der Tod
eine unausbleibliche Folge. Was hat das arme
einfaͤltige Kind doch wiſſen ſollen, wie hoͤchſt
noͤthig die Beobachtung ſolcher Diæt ſey bey
dergleichen gefaͤhrlichen Curen, wenn es ihr
nicht mit Angſt, Furcht, und Schrecken vor-
geſaget, und ſie nicht mit großem Ernſte bedro-
het worden!
M. Gehr
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/516>, abgerufen am 22.11.2024.
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