wegen seiner schönen Oratorie, um welcher willen er bey der gantzen Academie berühmt war, und wegen seiner sinnreichen Penseen über Staats-Sachen, welche er damahls als ein Journal im Druck heraus gab. Doch muste ich mir den Schluß unserer Nation damahls gefallen laßen. Mich hintergehet einer in der Welt nicht leicht zweymahl. Zufälliger weise war es gut, daß D. Günther mich dazu- mahl teuschte, und mir allerhand Wind vor- machte; denn dadurch geschahe es, daß 4. Jahre hernach, da ich Prediger in Leipzig wer- den solte, seine Politique an mir vergebens war, wie ich solches besser unten erzehlen werde.
Anno 1707. §. 93.
Jn der Michaelis-Messe dieses 1707. Jah- res affligirte mich ein ander Ubel, nemlich der Verlust eines guten Freundes, der wider in sein Vaterland zog, und aus dessen Umgang ich manches Vergnügen bisher gehabt hatte. Und das war Herr M. Hartmann, dessen ich oben Meldung gethan, und der ietzt ohnweit Breßlau ein Prediger ist. So betrübt und traurig ich Anno 1702. war, alß ich den Herrn Müller, ietzigen Cantor in Bautzen, verlohr: so betrübt war ich ietzo über den Wegzug und
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im Frauen-Collegio an,
wegen ſeiner ſchoͤnen Oratorie, um welcher willen er bey der gantzen Academie beruͤhmt war, und wegen ſeiner ſinnreichen Penſeen uͤber Staats-Sachen, welche er damahls als ein Journal im Druck heraus gab. Doch muſte ich mir den Schluß unſerer Nation damahls gefallen laßen. Mich hintergehet einer in der Welt nicht leicht zweymahl. Zufaͤlliger weiſe war es gut, daß D. Guͤnther mich dazu- mahl teuſchte, und mir allerhand Wind vor- machte; denn dadurch geſchahe es, daß 4. Jahre hernach, da ich Prediger in Leipzig wer- den ſolte, ſeine Politique an mir vergebens war, wie ich ſolches beſſer unten erzehlen werde.
Anno 1707. §. 93.
Jn der Michaelis-Meſſe dieſes 1707. Jah- res affligirte mich ein ander Ubel, nemlich der Verluſt eines guten Freundes, der wider in ſein Vaterland zog, und aus deſſen Umgang ich manches Vergnuͤgen bisher gehabt hatte. Und das war Herr M. Hartmann, deſſen ich oben Meldung gethan, und der ietzt ohnweit Breßlau ein Prediger iſt. So betruͤbt und traurig ich Anno 1702. war, alß ich den Herrn Muͤller, ietzigen Cantor in Bautzen, verlohr: ſo betruͤbt war ich ietzo uͤber den Wegzug und
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im Frauen-Collegio an,
wegen ſeiner ſchoͤnen Oratorie, um welcher
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war, und wegen ſeiner ſinnreichen Penſeen uͤber
Staats-Sachen, welche er damahls als ein
Journal im Druck heraus gab. Doch muſte
ich mir den Schluß unſerer Nation damahls
gefallen laßen. Mich hintergehet einer in der
Welt nicht leicht zweymahl. Zufaͤlliger
weiſe war es gut, daß D. Guͤnther mich dazu-
mahl teuſchte, und mir allerhand Wind vor-
machte; denn dadurch geſchahe es, daß 4.
Jahre hernach, da ich Prediger in Leipzig wer-
den ſolte, ſeine Politique an mir vergebens war,
wie ich ſolches beſſer unten erzehlen werde.
Anno 1707.
§. 93.
Jn der Michaelis-Meſſe dieſes 1707. Jah-
res affligirte mich ein ander Ubel, nemlich der
Verluſt eines guten Freundes, der wider in ſein
Vaterland zog, und aus deſſen Umgang ich
manches Vergnuͤgen bisher gehabt hatte.
Und das war Herr M. Hartmann, deſſen ich
oben Meldung gethan, und der ietzt ohnweit
Breßlau ein Prediger iſt. So betruͤbt und
traurig ich Anno 1702. war, alß ich den Herrn
Muͤller, ietzigen Cantor in Bautzen, verlohr:
ſo betruͤbt war ich ietzo uͤber den Wegzug und
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/483>, abgerufen am 22.11.2024.
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