Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

vor das Consistorium
wegen der Lehre schon einmahl verdächtig gewe-
sen, und deshalben vor Gerichte stehen müssen.
Darum klaubte er etliche Dinge wider mich zu-
sammen, so ich solte vor dem Jahre geprediget
haben, welche ihm die andern Candidaten zuge-
tragen, oder die er selbst, alß ich in der Elisabeth-
Kirche geprediget, wolte gehöret haben. Er
brachte es dahin, daß ich vor das Consistorium,
oder Lutherisches Kirchen-Amt, (denn die Papi-
sten wollen den Lutheranern in Breßlau kein
Consistorium zugestehen,) citiret wurde. Jch
stellte mich, um zu hören, was man noch ferner
wider mich hätte. Es waren aber eben diese
Dinge, die er vor dem Jahre in seinem Hause
mir vorgehalten, und worauf ich zur Genüge ge-
antwortet, und mich purgiret hatte; so daß, weil
er dazumahl in meiner Antwort acquiescirte, und
damit zufrieden war, ich ietzund solches sein Ver-
fahren wider mich nicht anders, als eine Politi-
que
ansehen kunte, die ihre heimliche Absichten
hatte. Es betraff die Prüffung, so einem Chri-
sten oblieget, zu untersuchen, ob er ein wahrer
Christ sey, und zu GOtt bekehret worden; und
die Quaestion, ob einer auch das Jahr wissen
könne, und die Zeit, wenn er Buße gethan, und
sich bekehret, und aus einem Kinde des Satans
ein Kind GOttes worden. Ob ich nun gleich
auf der Cantzel schon den Satz eingeschräncket,

und

vor das Conſiſtorium
wegen der Lehre ſchon einmahl verdaͤchtig gewe-
ſen, und deshalben vor Gerichte ſtehen muͤſſen.
Darum klaubte er etliche Dinge wider mich zu-
ſammen, ſo ich ſolte vor dem Jahre geprediget
haben, welche ihm die andern Candidaten zuge-
tragen, oder die er ſelbſt, alß ich in der Eliſabeth-
Kirche geprediget, wolte gehoͤret haben. Er
brachte es dahin, daß ich vor das Conſiſtorium,
oder Lutheriſches Kirchen-Amt, (denn die Papi-
ſten wollen den Lutheranern in Breßlau kein
Conſiſtorium zugeſtehen,) citiret wurde. Jch
ſtellte mich, um zu hoͤren, was man noch ferner
wider mich haͤtte. Es waren aber eben dieſe
Dinge, die er vor dem Jahre in ſeinem Hauſe
mir vorgehalten, und worauf ich zur Genuͤge ge-
antwortet, und mich purgiret hatte; ſo daß, weil
er dazumahl in meiner Antwort acquieſcirte, und
damit zufrieden war, ich ietzund ſolches ſein Ver-
fahren wider mich nicht anders, als eine Politi-
que
anſehen kunte, die ihre heimliche Abſichten
hatte. Es betraff die Pruͤffung, ſo einem Chri-
ſten oblieget, zu unterſuchen, ob er ein wahrer
Chriſt ſey, und zu GOtt bekehret worden; und
die Quæſtion, ob einer auch das Jahr wiſſen
koͤnne, und die Zeit, wenn er Buße gethan, und
ſich bekehret, und aus einem Kinde des Satans
ein Kind GOttes worden. Ob ich nun gleich
auf der Cantzel ſchon den Satz eingeſchraͤncket,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0470" n="424"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">vor das <hi rendition="#aq">Con&#x017F;i&#x017F;torium</hi></hi></fw><lb/>
wegen der Lehre &#x017F;chon einmahl verda&#x0364;chtig gewe-<lb/>
&#x017F;en, und deshalben vor Gerichte &#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Darum klaubte er etliche Dinge wider mich zu-<lb/>
&#x017F;ammen, &#x017F;o ich &#x017F;olte vor dem Jahre geprediget<lb/>
haben, welche ihm die andern <hi rendition="#aq">Candidat</hi>en zuge-<lb/>
tragen, oder die er &#x017F;elb&#x017F;t, alß ich in der Eli&#x017F;abeth-<lb/>
Kirche geprediget, wolte geho&#x0364;ret haben. Er<lb/>
brachte es dahin, daß ich vor das <hi rendition="#aq">Con&#x017F;i&#x017F;torium,</hi><lb/>
oder Lutheri&#x017F;ches Kirchen-Amt, (denn die Papi-<lb/>
&#x017F;ten wollen den Lutheranern in Breßlau kein<lb/><hi rendition="#aq">Con&#x017F;i&#x017F;torium</hi> zuge&#x017F;tehen,) <hi rendition="#aq">citi</hi>ret wurde. Jch<lb/>
&#x017F;tellte mich, um zu ho&#x0364;ren, was man noch ferner<lb/>
wider mich ha&#x0364;tte. Es waren aber eben die&#x017F;e<lb/>
Dinge, die er vor dem Jahre in &#x017F;einem Hau&#x017F;e<lb/>
mir vorgehalten, und worauf ich zur Genu&#x0364;ge ge-<lb/>
antwortet, und mich <hi rendition="#aq">purgi</hi>ret hatte; &#x017F;o daß, weil<lb/>
er dazumahl in meiner Antwort <hi rendition="#aq">acquie&#x017F;ci</hi>rte, und<lb/>
damit zufrieden war, ich ietzund &#x017F;olches &#x017F;ein Ver-<lb/>
fahren wider mich nicht anders, als eine <hi rendition="#aq">Politi-<lb/>
que</hi> an&#x017F;ehen kunte, die ihre heimliche Ab&#x017F;ichten<lb/>
hatte. Es betraff die Pru&#x0364;ffung, &#x017F;o einem Chri-<lb/>
&#x017F;ten oblieget, zu unter&#x017F;uchen, ob er ein wahrer<lb/>
Chri&#x017F;t &#x017F;ey, und zu GOtt bekehret worden; und<lb/>
die <hi rendition="#aq">Quæ&#x017F;tion,</hi> ob einer auch das Jahr wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ko&#x0364;nne, und die Zeit, wenn er Buße gethan, und<lb/>
&#x017F;ich bekehret, und aus einem Kinde des Satans<lb/>
ein Kind GOttes worden. Ob ich nun gleich<lb/>
auf der Cantzel &#x017F;chon den Satz einge&#x017F;chra&#x0364;ncket,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0470] vor das Conſiſtorium wegen der Lehre ſchon einmahl verdaͤchtig gewe- ſen, und deshalben vor Gerichte ſtehen muͤſſen. Darum klaubte er etliche Dinge wider mich zu- ſammen, ſo ich ſolte vor dem Jahre geprediget haben, welche ihm die andern Candidaten zuge- tragen, oder die er ſelbſt, alß ich in der Eliſabeth- Kirche geprediget, wolte gehoͤret haben. Er brachte es dahin, daß ich vor das Conſiſtorium, oder Lutheriſches Kirchen-Amt, (denn die Papi- ſten wollen den Lutheranern in Breßlau kein Conſiſtorium zugeſtehen,) citiret wurde. Jch ſtellte mich, um zu hoͤren, was man noch ferner wider mich haͤtte. Es waren aber eben dieſe Dinge, die er vor dem Jahre in ſeinem Hauſe mir vorgehalten, und worauf ich zur Genuͤge ge- antwortet, und mich purgiret hatte; ſo daß, weil er dazumahl in meiner Antwort acquieſcirte, und damit zufrieden war, ich ietzund ſolches ſein Ver- fahren wider mich nicht anders, als eine Politi- que anſehen kunte, die ihre heimliche Abſichten hatte. Es betraff die Pruͤffung, ſo einem Chri- ſten oblieget, zu unterſuchen, ob er ein wahrer Chriſt ſey, und zu GOtt bekehret worden; und die Quæſtion, ob einer auch das Jahr wiſſen koͤnne, und die Zeit, wenn er Buße gethan, und ſich bekehret, und aus einem Kinde des Satans ein Kind GOttes worden. Ob ich nun gleich auf der Cantzel ſchon den Satz eingeſchraͤncket, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/470
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/470>, abgerufen am 23.11.2024.