richte im Augusto unvermuthlich, daß die Schweden im Anmarsche nach Sachsen wären, worüber bald die gantze Stadt in die höchste Verwirrung und Bestürtzung gesetzet wurde. Der Rector Magnificus, D. Schamberger, war gestorben, und der Tag zu seiner Beerdigung angesetzt; es muste aber wegen der seltsamen Bewegungen der Stadt, und wegen wichtiger Assairen des Magistrats auf dem Rath-Hause das Begräbniß 8. Tage aufgeschoben werden. Die Kirchen waren wegen Furcht und Schre- cken der Leute Sonntags und in Bet-Stunden gantz voll; doch da in kurtzem verlauten wolte, als ob es nur ein falsches Gerüchte gewesen, so keinen Grund hätte, so war die Menge der Zu- hörer gar bald wieder, wie gewöhnlich. Li- centiat Werner in der Neuen Kirche verwieß ihnen solche Unbeständigkeit gar scharff. Vor 8. Tagen, sprach er, war die Kirche voll, und woltet allen Heiligen die Füße abbeißen, da nur ein geringes Gerüchte vom Einbruche der Schweden erschallte; ietzt, da solches vergan- gen, laufft ihr schon wieder nach Golitz, so bald ihr nur vom Tische kommt, fresset und sauffet, und treibet es ärger, als ihr es zuvor getrieben. Jch glaube, wenn ein einziger Schwede sich bli- cken ließe, ihr lieffet wol alle aus Furcht da- von, und ließet Krüge, und Gläser in den
Schen-
fallen die Schweden in Sachſen ein,
richte im Auguſto unvermuthlich, daß die Schweden im Anmarſche nach Sachſen waͤren, woruͤber bald die gantze Stadt in die hoͤchſte Verwirrung und Beſtuͤrtzung geſetzet wurde. Der Rector Magnificus, D. Schamberger, war geſtorben, und der Tag zu ſeiner Beerdigung angeſetzt; es muſte aber wegen der ſeltſamen Bewegungen der Stadt, und wegen wichtiger Aſſairen des Magiſtrats auf dem Rath-Hauſe das Begraͤbniß 8. Tage aufgeſchoben werden. Die Kirchen waren wegen Furcht und Schre- cken der Leute Sonntags und in Bet-Stunden gantz voll; doch da in kurtzem verlauten wolte, als ob es nur ein falſches Geruͤchte geweſen, ſo keinen Grund haͤtte, ſo war die Menge der Zu- hoͤrer gar bald wieder, wie gewoͤhnlich. Li- centiat Werner in der Neuen Kirche verwieß ihnen ſolche Unbeſtaͤndigkeit gar ſcharff. Vor 8. Tagen, ſprach er, war die Kirche voll, und woltet allen Heiligen die Fuͤße abbeißen, da nur ein geringes Geruͤchte vom Einbruche der Schweden erſchallte; ietzt, da ſolches vergan- gen, laufft ihr ſchon wieder nach Golitz, ſo bald ihr nur vom Tiſche kommt, freſſet und ſauffet, und treibet es aͤrger, als ihr es zuvor getrieben. Jch glaube, wenn ein einziger Schwede ſich bli- cken ließe, ihr lieffet wol alle aus Furcht da- von, und ließet Kruͤge, und Glaͤſer in den
Schen-
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fallen die Schweden in Sachſen ein,
richte im Auguſto unvermuthlich, daß die
Schweden im Anmarſche nach Sachſen waͤren,
woruͤber bald die gantze Stadt in die hoͤchſte
Verwirrung und Beſtuͤrtzung geſetzet wurde.
Der Rector Magnificus, D. Schamberger, war
geſtorben, und der Tag zu ſeiner Beerdigung
angeſetzt; es muſte aber wegen der ſeltſamen
Bewegungen der Stadt, und wegen wichtiger
Aſſairen des Magiſtrats auf dem Rath-Hauſe
das Begraͤbniß 8. Tage aufgeſchoben werden.
Die Kirchen waren wegen Furcht und Schre-
cken der Leute Sonntags und in Bet-Stunden
gantz voll; doch da in kurtzem verlauten wolte,
als ob es nur ein falſches Geruͤchte geweſen, ſo
keinen Grund haͤtte, ſo war die Menge der Zu-
hoͤrer gar bald wieder, wie gewoͤhnlich. Li-
centiat Werner in der Neuen Kirche verwieß
ihnen ſolche Unbeſtaͤndigkeit gar ſcharff. Vor
8. Tagen, ſprach er, war die Kirche voll, und
woltet allen Heiligen die Fuͤße abbeißen, da nur
ein geringes Geruͤchte vom Einbruche der
Schweden erſchallte; ietzt, da ſolches vergan-
gen, laufft ihr ſchon wieder nach Golitz, ſo bald
ihr nur vom Tiſche kommt, freſſet und ſauffet,
und treibet es aͤrger, als ihr es zuvor getrieben.
Jch glaube, wenn ein einziger Schwede ſich bli-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/446>, abgerufen am 25.11.2024.
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