gezwungen erwehlen musten. Jch möchte wissen, was Roebeck, der gelehrte Schwede, vor eine Religion müsse gehabt haben, der vor etlichen Jahren sich ersäuffte, und unter seinen Manuscriptis eine Schrifft de morte hominis eruditi voluntaria,von dem freywilligen Tode eines Gelehrten hinterließ, und also sattsam zeigete, daß auch sein Tod voluntaria, und freywillig müsse gewesen seyn: und was ein vornehmer Engelländer vor eine Religion müsse gehabt haben, der vor etlichen Jahren sich selbst erschoß, damit sein großer Reichthum nicht seinem bösen Weibe, sondern dem Königlichen Fisco anheim fallen möchte. Es mögen auch wol manche Selbst-Mörder ein irrendes Gewissen haben, so daß sie in dem Wahn stehen, GOtt werde sie doch nicht verdammen, weil sie v. g. ohnedem sterben, und in der Feinde Hände kommen müsten; oder weil sie das große Ubel nicht länger ertragen könten. Saul fiel mit Vorsatz in sein eigen Schwerdt, weil er nicht in die Hände der Philister fallen wolte; und ein Admiral kan vielleicht sein Schiff anstecken, weil er glaubet, daß er von dem Feinde als ein Gefangener ohnediß werde getödtet werden. Jener Mann, oder Studiosus in Wittenberg, ehe er selbst Hand an sich legte, schrieb auf den Tisch: Jch hoffe, GOtt wird mir doch
deß-
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und der Erfahrung
gezwungen erwehlen muſten. Jch moͤchte wiſſen, was Rœbeck, der gelehrte Schwede, vor eine Religion muͤſſe gehabt haben, der vor etlichen Jahren ſich erſaͤuffte, und unter ſeinen Manuſcriptis eine Schrifft de morte hominis eruditi voluntaria,von dem freywilligen Tode eines Gelehrten hinterließ, und alſo ſattſam zeigete, daß auch ſein Tod voluntaria, und freywillig muͤſſe geweſen ſeyn: und was ein vornehmer Engellaͤnder vor eine Religion muͤſſe gehabt haben, der vor etlichen Jahren ſich ſelbſt erſchoß, damit ſein großer Reichthum nicht ſeinem boͤſen Weibe, ſondern dem Koͤniglichen Fiſco anheim fallen moͤchte. Es moͤgen auch wol manche Selbſt-Moͤrder ein irrendes Gewiſſen haben, ſo daß ſie in dem Wahn ſtehen, GOtt werde ſie doch nicht verdammen, weil ſie v. g. ohnedem ſterben, und in der Feinde Haͤnde kommen muͤſten; oder weil ſie das große Ubel nicht laͤnger ertragen koͤnten. Saul fiel mit Vorſatz in ſein eigen Schwerdt, weil er nicht in die Haͤnde der Philiſter fallen wolte; und ein Admiral kan vielleicht ſein Schiff anſtecken, weil er glaubet, daß er von dem Feinde als ein Gefangener ohnediß werde getoͤdtet werden. Jener Mann, oder Studioſus in Wittenberg, ehe er ſelbſt Hand an ſich legte, ſchrieb auf den Tiſch: Jch hoffe, GOtt wird mir doch
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und der Erfahrung
gezwungen erwehlen muſten. Jch moͤchte
wiſſen, was Rœbeck, der gelehrte Schwede,
vor eine Religion muͤſſe gehabt haben, der vor
etlichen Jahren ſich erſaͤuffte, und unter ſeinen
Manuſcriptis eine Schrifft de morte hominis
eruditi voluntaria, von dem freywilligen
Tode eines Gelehrten hinterließ, und alſo
ſattſam zeigete, daß auch ſein Tod voluntaria,
und freywillig muͤſſe geweſen ſeyn: und was
ein vornehmer Engellaͤnder vor eine Religion
muͤſſe gehabt haben, der vor etlichen Jahren ſich
ſelbſt erſchoß, damit ſein großer Reichthum nicht
ſeinem boͤſen Weibe, ſondern dem Koͤniglichen
Fiſco anheim fallen moͤchte. Es moͤgen auch
wol manche Selbſt-Moͤrder ein irrendes Gewiſſen
haben, ſo daß ſie in dem Wahn ſtehen, GOtt
werde ſie doch nicht verdammen, weil ſie v. g.
ohnedem ſterben, und in der Feinde Haͤnde
kommen muͤſten; oder weil ſie das große Ubel
nicht laͤnger ertragen koͤnten. Saul fiel mit
Vorſatz in ſein eigen Schwerdt, weil er nicht
in die Haͤnde der Philiſter fallen wolte; und
ein Admiral kan vielleicht ſein Schiff anſtecken,
weil er glaubet, daß er von dem Feinde als ein
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/417>, abgerufen am 21.11.2024.
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