Kräffte, so durch die Section erschöpffet worden, wieder hergestellet werden. Glückselig sind solche Leute, die einen behertzten Medicum haben, der ihnen zu Leibe gehet, mit Worten zusetzt, oder nach Gelegenheit wohl gar sie, gleichwie zum Aderlassen, also zum Gebrauch anderer Artzney- Mittel mit Gewalt zwinget. Denn der arme Melancholicus hat kein Hertze, und ist der ver- zagste Mensch auf Erden. Die Furcht vor einem solchen erschrecklichen Tode, weil er wider alle Natur ist, hat eine allgemeine Furcht in ihm vor allen Dingen erwecket, und noch mehr die Furcht vor der ewigen Höllen-Poin, die er als eine Folge eines solchen Todes ansiehet, so daß er vor iedem Dinge erschrickt, was er in seinem Hause setzen oder legen soll, und zittert und bebet, wenn ers anders legen, oder setzen solte. Wie er vielmahl aus Furcht eines sol- chen Todes Stricke und Nägel, und alles von sich weg thut: so hat er nicht das Hertze, Artzney- Tropffen, oder andere Medicamente bey sich zu behalten, aus Furcht, er möchte in Dummheit in der Nacht die gantze Artzney aussauffen, und sich also ums Leben bringen: So kan man leicht erachten, wie schwer es halten wird, ehe man ihn zum Aderlassen wird bewegen können.
Wo diese Plage ihren Grund in verbrann- tem Geblüte, in hitziger Galle, in verstopfften
Miltze,
wiederum befreyet werden;
Kraͤffte, ſo durch die Section erſchoͤpffet worden, wieder hergeſtellet werden. Gluͤckſelig ſind ſolche Leute, die einen behertzten Medicum haben, der ihnen zu Leibe gehet, mit Worten zuſetzt, oder nach Gelegenheit wohl gar ſie, gleichwie zum Aderlaſſen, alſo zum Gebrauch anderer Artzney- Mittel mit Gewalt zwinget. Denn der arme Melancholicus hat kein Hertze, und iſt der ver- zagſte Menſch auf Erden. Die Furcht vor einem ſolchen erſchrecklichen Tode, weil er wider alle Natur iſt, hat eine allgemeine Furcht in ihm vor allen Dingen erwecket, und noch mehr die Furcht vor der ewigen Hoͤllen-Poin, die er als eine Folge eines ſolchen Todes anſiehet, ſo daß er vor iedem Dinge erſchrickt, was er in ſeinem Hauſe ſetzen oder legen ſoll, und zittert und bebet, wenn ers anders legen, oder ſetzen ſolte. Wie er vielmahl aus Furcht eines ſol- chen Todes Stricke und Naͤgel, und alles von ſich weg thut: ſo hat er nicht das Hertze, Artzney- Tropffen, oder andere Medicamente bey ſich zu behalten, aus Furcht, er moͤchte in Dummheit in der Nacht die gantze Artzney ausſauffen, und ſich alſo ums Leben bringen: So kan man leicht erachten, wie ſchwer es halten wird, ehe man ihn zum Aderlaſſen wird bewegen koͤnnen.
Wo dieſe Plage ihren Grund in verbrann- tem Gebluͤte, in hitziger Galle, in verſtopfften
Miltze,
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wiederum befreyet werden;
Kraͤffte, ſo durch die Section erſchoͤpffet worden,
wieder hergeſtellet werden. Gluͤckſelig ſind ſolche
Leute, die einen behertzten Medicum haben, der
ihnen zu Leibe gehet, mit Worten zuſetzt, oder
nach Gelegenheit wohl gar ſie, gleichwie zum
Aderlaſſen, alſo zum Gebrauch anderer Artzney-
Mittel mit Gewalt zwinget. Denn der arme
Melancholicus hat kein Hertze, und iſt der ver-
zagſte Menſch auf Erden. Die Furcht vor
einem ſolchen erſchrecklichen Tode, weil er wider
alle Natur iſt, hat eine allgemeine Furcht in
ihm vor allen Dingen erwecket, und noch mehr
die Furcht vor der ewigen Hoͤllen-Poin, die er
als eine Folge eines ſolchen Todes anſiehet, ſo
daß er vor iedem Dinge erſchrickt, was er in
ſeinem Hauſe ſetzen oder legen ſoll, und zittert
und bebet, wenn ers anders legen, oder ſetzen
ſolte. Wie er vielmahl aus Furcht eines ſol-
chen Todes Stricke und Naͤgel, und alles von ſich
weg thut: ſo hat er nicht das Hertze, Artzney-
Tropffen, oder andere Medicamente bey ſich zu
behalten, aus Furcht, er moͤchte in Dummheit
in der Nacht die gantze Artzney ausſauffen, und
ſich alſo ums Leben bringen: So kan man leicht
erachten, wie ſchwer es halten wird, ehe man
ihn zum Aderlaſſen wird bewegen koͤnnen.
Wo dieſe Plage ihren Grund in verbrann-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/393>, abgerufen am 22.11.2024.
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