Ob diese Troublen damals bey mir die Miltz- Sucht verursachet, oder ob die schon gegenwär- tige Miltz-Sucht, bey welcher die Menschen fürchten, wo nichts zu fürchten ist, solche Angst erreget, weiß ich nicht; so viel besinne ich mich, daß ich mit diesem Malo um dieselbe Zeit schon behafftet gewesen. Jch kunte kaum mein Hertze stillen, absonderlich, da mir kurtz her- nach allerhand Unglück begegnete, das gewiß würde weggeblieben seyn, wenn mein Famulus noch bey mir gewesen wäre; so daß es schiene, als ob GOtt selbsten mir weisen wolte, daß ich übel gethan, daß ich mich so sehr gesehnet hätte, dieses Menschens los zu werden. Und was mei- nest du wohl, wie mir zu Muthe gewesen, und mit was vor Weinen die zukünfftigen Weyh- nachten müssen verknüpfft gewesen seyn, da um solche Zeit ein Geschrey kam, daß ein Junge bey Groß-Zschoher sich ersäufft, und kurtz zuvor bey dem Hirten auf dem Felde sich beklaget hätte, er wäre von allen Menschen verlassen, und es hätte ihn in Leipzig immer ein Herr nach dem andern weggejaget, und von sich gestossen, und was der Umstände mehr waren, die sich alle vor meinen Wittich schickten, so daß ich nicht an- ders dencken kunte, als er wäre dieser Junge, so sich ersäufft. Aber er war es doch nicht ge- wesen, wie ich besser unten an einem andern Ort
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wo er hingekommen,
Ob dieſe Troublen damals bey mir die Miltz- Sucht verurſachet, oder ob die ſchon gegenwaͤr- tige Miltz-Sucht, bey welcher die Menſchen fuͤrchten, wo nichts zu fuͤrchten iſt, ſolche Angſt erreget, weiß ich nicht; ſo viel beſinne ich mich, daß ich mit dieſem Malo um dieſelbe Zeit ſchon behafftet geweſen. Jch kunte kaum mein Hertze ſtillen, abſonderlich, da mir kurtz her- nach allerhand Ungluͤck begegnete, das gewiß wuͤrde weggeblieben ſeyn, wenn mein Famulus noch bey mir geweſen waͤre; ſo daß es ſchiene, als ob GOtt ſelbſten mir weiſen wolte, daß ich uͤbel gethan, daß ich mich ſo ſehr geſehnet haͤtte, dieſes Menſchens los zu werden. Und was mei- neſt du wohl, wie mir zu Muthe geweſen, und mit was vor Weinen die zukuͤnfftigen Weyh- nachten muͤſſen verknuͤpfft geweſen ſeyn, da um ſolche Zeit ein Geſchrey kam, daß ein Junge bey Groß-Zſchoher ſich erſaͤufft, und kurtz zuvor bey dem Hirten auf dem Felde ſich beklaget haͤtte, er waͤre von allen Menſchen verlaſſen, und es haͤtte ihn in Leipzig immer ein Herr nach dem andern weggejaget, und von ſich geſtoſſen, und was der Umſtaͤnde mehr waren, die ſich alle vor meinen Wittich ſchickten, ſo daß ich nicht an- ders dencken kunte, als er waͤre dieſer Junge, ſo ſich erſaͤufft. Aber er war es doch nicht ge- weſen, wie ich beſſer unten an einem andern Ort
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wo er hingekommen,
Ob dieſe Troublen damals bey mir die Miltz-
Sucht verurſachet, oder ob die ſchon gegenwaͤr-
tige Miltz-Sucht, bey welcher die Menſchen
fuͤrchten, wo nichts zu fuͤrchten iſt, ſolche Angſt
erreget, weiß ich nicht; ſo viel beſinne ich mich,
daß ich mit dieſem Malo um dieſelbe Zeit ſchon
behafftet geweſen. Jch kunte kaum mein
Hertze ſtillen, abſonderlich, da mir kurtz her-
nach allerhand Ungluͤck begegnete, das gewiß
wuͤrde weggeblieben ſeyn, wenn mein Famulus
noch bey mir geweſen waͤre; ſo daß es ſchiene,
als ob GOtt ſelbſten mir weiſen wolte, daß ich
uͤbel gethan, daß ich mich ſo ſehr geſehnet haͤtte,
dieſes Menſchens los zu werden. Und was mei-
neſt du wohl, wie mir zu Muthe geweſen, und
mit was vor Weinen die zukuͤnfftigen Weyh-
nachten muͤſſen verknuͤpfft geweſen ſeyn, da um
ſolche Zeit ein Geſchrey kam, daß ein Junge
bey Groß-Zſchoher ſich erſaͤufft, und kurtz zuvor
bey dem Hirten auf dem Felde ſich beklaget haͤtte,
er waͤre von allen Menſchen verlaſſen, und es
haͤtte ihn in Leipzig immer ein Herr nach dem
andern weggejaget, und von ſich geſtoſſen, und
was der Umſtaͤnde mehr waren, die ſich alle vor
meinen Wittich ſchickten, ſo daß ich nicht an-
ders dencken kunte, als er waͤre dieſer Junge, ſo
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/246>, abgerufen am 21.11.2024.
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