täglich streiten muß. Auch die Sünden, die uns noch ankleben, machen einen Christen träge, und verdrossen nicht nur zur fernern Fort- setzung der angefangenen Gottseligkeit, sondern auch zu den ordentlichen Beruffs-Wercken. Es vergieng mir allezeit ein Theil der Lust zum stu- diren, so offt mir die Sünde immer neue Un- lust machte. Doch faste ich mich; und weil nur die Sünde nicht mehr herrschte, sondern ich einen aufrichtigen Haß und Eckel gegen dieselbe in mir spührte, so legte ich meine Hand wie- der an den Pflug, so gut ich kunte, in Hoff- nung, im gutem immer fester und standhaffter zu werden.
Jch war willens Theologiam zu studiren, und ein Prediger zu werden; so fand ich denn vor gut, ie eher, ie besser auf einem Dorffe zu predigen, und eine Probe von meinem Gedächt- niß und Gaben zu machen. Jch that es auch, und predigte das erstemahl 1699. am Johannis- Fest in Leitsch bey Herr M. Lochmannen. Die Predigt gieng mir so von statten, daß Herr Loch- mann sein Wohlgefallen darüber in den meisten Stücken bezeugte, und mich in meinem Vor- satz bey der Theologie zu bleiben befestigte. Jch wolte es an einer Probe nicht genug seyn lassen, sondern predigte das anderemahl den X. Sonn- tag nach Trinitatis zu Schönau, noch in eben
dem-
und eine Probe
taͤglich ſtreiten muß. Auch die Suͤnden, die uns noch ankleben, machen einen Chriſten traͤge, und verdroſſen nicht nur zur fernern Fort- ſetzung der angefangenen Gottſeligkeit, ſondern auch zu den ordentlichen Beruffs-Wercken. Es vergieng mir allezeit ein Theil der Luſt zum ſtu- diren, ſo offt mir die Suͤnde immer neue Un- luſt machte. Doch faſte ich mich; und weil nur die Suͤnde nicht mehr herrſchte, ſondern ich einen aufrichtigen Haß und Eckel gegen dieſelbe in mir ſpuͤhrte, ſo legte ich meine Hand wie- der an den Pflug, ſo gut ich kunte, in Hoff- nung, im gutem immer feſter und ſtandhaffter zu werden.
Jch war willens Theologiam zu ſtudiren, und ein Prediger zu werden; ſo fand ich denn vor gut, ie eher, ie beſſer auf einem Dorffe zu predigen, und eine Probe von meinem Gedaͤcht- niß und Gaben zu machen. Jch that es auch, und predigte das erſtemahl 1699. am Johannis- Feſt in Leitſch bey Herr M. Lochmannen. Die Predigt gieng mir ſo von ſtatten, daß Herr Loch- mann ſein Wohlgefallen daruͤber in den meiſten Stuͤcken bezeugte, und mich in meinem Vor- ſatz bey der Theologie zu bleiben befeſtigte. Jch wolte es an einer Probe nicht genug ſeyn laſſen, ſondern predigte das anderemahl den X. Sonn- tag nach Trinitatis zu Schoͤnau, noch in eben
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[155/0201]
und eine Probe
taͤglich ſtreiten muß. Auch die Suͤnden,
die uns noch ankleben, machen einen Chriſten
traͤge, und verdroſſen nicht nur zur fernern Fort-
ſetzung der angefangenen Gottſeligkeit, ſondern
auch zu den ordentlichen Beruffs-Wercken. Es
vergieng mir allezeit ein Theil der Luſt zum ſtu-
diren, ſo offt mir die Suͤnde immer neue Un-
luſt machte. Doch faſte ich mich; und weil
nur die Suͤnde nicht mehr herrſchte, ſondern ich
einen aufrichtigen Haß und Eckel gegen dieſelbe
in mir ſpuͤhrte, ſo legte ich meine Hand wie-
der an den Pflug, ſo gut ich kunte, in Hoff-
nung, im gutem immer feſter und ſtandhaffter zu
werden.
Jch war willens Theologiam zu ſtudiren,
und ein Prediger zu werden; ſo fand ich denn
vor gut, ie eher, ie beſſer auf einem Dorffe zu
predigen, und eine Probe von meinem Gedaͤcht-
niß und Gaben zu machen. Jch that es auch,
und predigte das erſtemahl 1699. am Johannis-
Feſt in Leitſch bey Herr M. Lochmannen. Die
Predigt gieng mir ſo von ſtatten, daß Herr Loch-
mann ſein Wohlgefallen daruͤber in den meiſten
Stuͤcken bezeugte, und mich in meinem Vor-
ſatz bey der Theologie zu bleiben befeſtigte. Jch
wolte es an einer Probe nicht genug ſeyn laſſen,
ſondern predigte das anderemahl den X. Sonn-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/201>, abgerufen am 25.11.2024.
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