und eigener Erfahrung, ohne mich eines einzi- gen Autoris zu bedienen, der diese Materie ab- gehandelt. Herr Professor Krantz ließ sich in einer Gesellschafft, wie man mir erzehlet, vernehmen: Er wisse nicht, was er aus mir machen, und was er von mir dencken solle; er habe doch so viel Bücher, und Orationen gele- sen, könne sich doch aber auf keines besinnen, aus welchem ich etwan dergleichen Dinge hätte nehmen können: zudem wäre es auch eben der Stylus und Schreib-Art, deren ich mich sonst bey andern Orationibus bedienet hätte.
Er ließ mich mit vielem Seegen, und guten Wünschen von sich; allein auf der Reise nach Leipzig 1699. den 28. April, begegnete mir ein solches Malheur, das nicht ärger hätte seyn kön- nen, wenn ich gleich lauter Flüche statt des Zehr-Pfennigs auf den Weg mit bekommen hätte; oder als wenn das, was ich in der Ab- schieds-Rede geschrieben, schon auf der Reise solte anfangen an mir erfüllet zu werden. Unser Kutscher fuhr mit uns 7. jungen Stu- denten, und einem Apothecker-Gesellen bey Bautzen hart an der Stadt vorbey. Jch, und zwey andere wurden schlüßig, durch die Stadt zu Fuße zu gehen. Jn der Stadt wurde eben eine Brandt-Predigt gehalten. Wir giengen hinein, und hörten eine Weile zu,
verloh-
K 4
valedictoriamimGymnaſio,
und eigener Erfahrung, ohne mich eines einzi- gen Autoris zu bedienen, der dieſe Materie ab- gehandelt. Herr Profeſſor Krantz ließ ſich in einer Geſellſchafft, wie man mir erzehlet, vernehmen: Er wiſſe nicht, was er aus mir machen, und was er von mir dencken ſolle; er habe doch ſo viel Buͤcher, und Orationen gele- ſen, koͤnne ſich doch aber auf keines beſinnen, aus welchem ich etwan dergleichen Dinge haͤtte nehmen koͤnnen: zudem waͤre es auch eben der Stylus und Schreib-Art, deren ich mich ſonſt bey andern Orationibus bedienet haͤtte.
Er ließ mich mit vielem Seegen, und guten Wuͤnſchen von ſich; allein auf der Reiſe nach Leipzig 1699. den 28. April, begegnete mir ein ſolches Malheur, das nicht aͤrger haͤtte ſeyn koͤn- nen, wenn ich gleich lauter Fluͤche ſtatt des Zehr-Pfennigs auf den Weg mit bekommen haͤtte; oder als wenn das, was ich in der Ab- ſchieds-Rede geſchrieben, ſchon auf der Reiſe ſolte anfangen an mir erfuͤllet zu werden. Unſer Kutſcher fuhr mit uns 7. jungen Stu- denten, und einem Apothecker-Geſellen bey Bautzen hart an der Stadt vorbey. Jch, und zwey andere wurden ſchluͤßig, durch die Stadt zu Fuße zu gehen. Jn der Stadt wurde eben eine Brandt-Predigt gehalten. Wir giengen hinein, und hoͤrten eine Weile zu,
verloh-
K 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0197"n="151"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">valedictoriam</hi><hirendition="#b">im</hi><hirendition="#aq">Gymnaſio,</hi></fw><lb/>
und eigener Erfahrung, ohne mich eines einzi-<lb/>
gen <hirendition="#aq">Autoris</hi> zu bedienen, der dieſe Materie ab-<lb/>
gehandelt. Herr <hirendition="#aq">Profeſſor Krantz</hi> ließ ſich<lb/>
in einer Geſellſchafft, wie man mir erzehlet,<lb/>
vernehmen: Er wiſſe nicht, was er aus mir<lb/>
machen, und was er von mir dencken ſolle; er<lb/>
habe doch ſo viel Buͤcher, und <hirendition="#aq">Oratio</hi>nen gele-<lb/>ſen, koͤnne ſich doch aber auf keines beſinnen,<lb/>
aus welchem ich etwan dergleichen Dinge haͤtte<lb/>
nehmen koͤnnen: zudem waͤre es auch eben der<lb/><hirendition="#aq">Stylus</hi> und Schreib-Art, deren ich mich ſonſt<lb/>
bey andern <hirendition="#aq">Orationibus</hi> bedienet haͤtte.</p><lb/><p>Er ließ mich mit vielem Seegen, und guten<lb/>
Wuͤnſchen von ſich; allein auf der Reiſe nach<lb/>
Leipzig 1699. den 28. <hirendition="#aq">April,</hi> begegnete mir ein<lb/>ſolches <hirendition="#aq">Malheur,</hi> das nicht aͤrger haͤtte ſeyn koͤn-<lb/>
nen, wenn ich gleich lauter Fluͤche ſtatt des<lb/>
Zehr-Pfennigs auf den Weg mit bekommen<lb/>
haͤtte; oder als wenn das, was ich in der Ab-<lb/>ſchieds-Rede geſchrieben, ſchon auf der Reiſe<lb/>ſolte anfangen an mir erfuͤllet zu werden.<lb/>
Unſer Kutſcher fuhr mit uns 7. jungen Stu-<lb/>
denten, und einem Apothecker-Geſellen bey<lb/>
Bautzen hart an der Stadt vorbey. Jch,<lb/>
und zwey andere wurden ſchluͤßig, durch die<lb/>
Stadt zu Fuße zu gehen. Jn der Stadt<lb/>
wurde eben eine Brandt-Predigt gehalten.<lb/>
Wir giengen hinein, und hoͤrten eine Weile zu,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">verloh-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[151/0197]
valedictoriam im Gymnaſio,
und eigener Erfahrung, ohne mich eines einzi-
gen Autoris zu bedienen, der dieſe Materie ab-
gehandelt. Herr Profeſſor Krantz ließ ſich
in einer Geſellſchafft, wie man mir erzehlet,
vernehmen: Er wiſſe nicht, was er aus mir
machen, und was er von mir dencken ſolle; er
habe doch ſo viel Buͤcher, und Orationen gele-
ſen, koͤnne ſich doch aber auf keines beſinnen,
aus welchem ich etwan dergleichen Dinge haͤtte
nehmen koͤnnen: zudem waͤre es auch eben der
Stylus und Schreib-Art, deren ich mich ſonſt
bey andern Orationibus bedienet haͤtte.
Er ließ mich mit vielem Seegen, und guten
Wuͤnſchen von ſich; allein auf der Reiſe nach
Leipzig 1699. den 28. April, begegnete mir ein
ſolches Malheur, das nicht aͤrger haͤtte ſeyn koͤn-
nen, wenn ich gleich lauter Fluͤche ſtatt des
Zehr-Pfennigs auf den Weg mit bekommen
haͤtte; oder als wenn das, was ich in der Ab-
ſchieds-Rede geſchrieben, ſchon auf der Reiſe
ſolte anfangen an mir erfuͤllet zu werden.
Unſer Kutſcher fuhr mit uns 7. jungen Stu-
denten, und einem Apothecker-Geſellen bey
Bautzen hart an der Stadt vorbey. Jch,
und zwey andere wurden ſchluͤßig, durch die
Stadt zu Fuße zu gehen. Jn der Stadt
wurde eben eine Brandt-Predigt gehalten.
Wir giengen hinein, und hoͤrten eine Weile zu,
verloh-
K 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/197>, abgerufen am 09.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.