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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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mit deßen Schwager,
thiget befand, mich die Kunst zu lehren, über ein
großes Werck auf eine leichte Methode ein accu-
rat
es Register zu verfertigen. Seiner Frauen
Bruder, die er geheyrathet, und der 14. Jahr
alt, und also zwey Jahr jünger, als ich war, muste
mir darinnen helffen. Jch weiß nicht mehr,
woher es kam, daß wir über dem Zettul-legen
uneins worden; die Erbitterung ward so starck,
daß ich denselben auch noch des Abends vor dem
ersten Pfingst-Feyertage bey dem schlafen gehen
aus Zorn bey dem Kopffe bekam, und mich an ihm
rächen wolte. Nun wir waren alle beyde noch Jun-
gen. Jungen von solchen Jahren können ja
wohl uneines werden, und zu Händeln kommen,
und einander bey den Köpffen kriegen. Die
Sünde ist doch nicht Himmel-schreyend. Hätte
der Prediger eine Karbatsche genommen, und uns
beyde gut abgeschmieret, so wäre es verdienter
Lohn und Strafe genug, ja ein zulängliches
Mittel gewesen, uns zu bessern, und zu machen,
daß wir es gerne ein andermahl würden haben
bleiben laßen. Aber das that er nicht. Das
that er: er kam am heiligen Tage in der Vesper
auf die Cantzel; und, weil er wohl wuste, daß
meine Brüder und Schwestern zum Theil in der
Kirchen wären, so predigte er so scharff wider
mich, daß die gantze Gemeinde darüber bestürtzt
wurde. Er sagte: Nicht der Heilige Geist,

sondern

mit deßen Schwager,
thiget befand, mich die Kunſt zu lehren, uͤber ein
großes Werck auf eine leichte Methode ein accu-
rat
es Regiſter zu verfertigen. Seiner Frauen
Bruder, die er geheyrathet, und der 14. Jahr
alt, und alſo zwey Jahr juͤnger, als ich war, muſte
mir darinnen helffen. Jch weiß nicht mehr,
woher es kam, daß wir uͤber dem Zettul-legen
uneins worden; die Erbitterung ward ſo ſtarck,
daß ich denſelben auch noch des Abends vor dem
erſten Pfingſt-Feyertage bey dem ſchlafen gehen
aus Zorn bey dem Kopffe bekam, und mich an ihm
raͤchen wolte. Nun wir waren alle beyde noch Jun-
gen. Jungen von ſolchen Jahren koͤnnen ja
wohl uneines werden, und zu Haͤndeln kommen,
und einander bey den Koͤpffen kriegen. Die
Suͤnde iſt doch nicht Himmel-ſchreyend. Haͤtte
der Prediger eine Karbatſche genommen, und uns
beyde gut abgeſchmieret, ſo waͤre es verdienter
Lohn und Strafe genug, ja ein zulaͤngliches
Mittel geweſen, uns zu beſſern, und zu machen,
daß wir es gerne ein andermahl wuͤrden haben
bleiben laßen. Aber das that er nicht. Das
that er: er kam am heiligen Tage in der Veſper
auf die Cantzel; und, weil er wohl wuſte, daß
meine Bruͤder und Schweſtern zum Theil in der
Kirchen waͤren, ſo predigte er ſo ſcharff wider
mich, daß die gantze Gemeinde daruͤber beſtuͤrtzt
wurde. Er ſagte: Nicht der Heilige Geiſt,

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[72/0118] mit deßen Schwager, thiget befand, mich die Kunſt zu lehren, uͤber ein großes Werck auf eine leichte Methode ein accu- rates Regiſter zu verfertigen. Seiner Frauen Bruder, die er geheyrathet, und der 14. Jahr alt, und alſo zwey Jahr juͤnger, als ich war, muſte mir darinnen helffen. Jch weiß nicht mehr, woher es kam, daß wir uͤber dem Zettul-legen uneins worden; die Erbitterung ward ſo ſtarck, daß ich denſelben auch noch des Abends vor dem erſten Pfingſt-Feyertage bey dem ſchlafen gehen aus Zorn bey dem Kopffe bekam, und mich an ihm raͤchen wolte. Nun wir waren alle beyde noch Jun- gen. Jungen von ſolchen Jahren koͤnnen ja wohl uneines werden, und zu Haͤndeln kommen, und einander bey den Koͤpffen kriegen. Die Suͤnde iſt doch nicht Himmel-ſchreyend. Haͤtte der Prediger eine Karbatſche genommen, und uns beyde gut abgeſchmieret, ſo waͤre es verdienter Lohn und Strafe genug, ja ein zulaͤngliches Mittel geweſen, uns zu beſſern, und zu machen, daß wir es gerne ein andermahl wuͤrden haben bleiben laßen. Aber das that er nicht. Das that er: er kam am heiligen Tage in der Veſper auf die Cantzel; und, weil er wohl wuſte, daß meine Bruͤder und Schweſtern zum Theil in der Kirchen waͤren, ſo predigte er ſo ſcharff wider mich, daß die gantze Gemeinde daruͤber beſtuͤrtzt wurde. Er ſagte: Nicht der Heilige Geiſt, ſondern

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/118>, abgerufen am 24.11.2024.