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Berlin, Rudolf: Eine besondere Art der Wortblindheit (Dyslexie). Wiesbaden, 1887.

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etwas vergrössert, besonders der rechte Ventrikel mit
Verdünnung der Wandung. Endocardium und Klappen
normal.

IV. Herr S. aus Stuttgart, 29 Jahre alt, besuchte mich
am 21. April 1881, um meinen Rath einzuholen wegen
ganz eigenthümlicher kurzer, aber häufig wiederkehrender
Obscurationen, welche ihn seit einigen Tagen belästigten.
Die Untersuchung ergab jederseits minimale Myopie (0,5 D)
bei Sehschärfe . Gesichtsfelder, Farbenperception, Be-
schaffenheit der brechenden Medien und des Augenhinter-
grundes in jeder Beziehung normal. Im Allgemeinbefin-
den waren keinerlei Störungen nachzuweisen; seine Le-
bensweise war eine durchaus geregelte und in derselben
keine ätiologischen Momente für die vorübergehenden
Verdunklungen aufzufinden, wenn man nicht, trotz fehlen-
der Farbenscotome dem Umstande eine Schuld beimessen
wollte, dass Patient ziemlich stark rauchte.

Vor 7 Jahren hatte ich ihn an einer linksseitigen
Iritis behandelt. Dieselbe bot freilich keine specifische
Form, indessen wurde damals eine vorausgegangene sy-
philitische Infection zugegeben und die Entzündung selbst
ging auf Quecksilberbehandlung relativ rasch und voll-
ständig zurück. Ausserdem soll sich etwa ein Jahr später
eine Psoriasis gezeigt haben, welche ich aber nicht selbst
beobachtete.

Etwa 14 Tage nach unserer ersten Unterredung sah
ich den Kranken wieder; sein Zustand war wesentlich
schlechter geworden. Zunächst hatte sich, sehr plötzlich,
ein anhaltender Kopfschmerz eingestellt und ausserdem
machte sich eine gewisse Langsamkeit der Sprache gel-
tend; namentlich aber hatte sich, nach seiner Angabe aus
den Obscurationen, eine Sehstörung entwickelt, welche es
dem Kranken unmöglich machte, sich geistig zu beschäf-
tigen, da dieselbe ihn verhinderte, andauernd zu lesen.
Bei der von Neuem vorgenommenen Prüfung war keine

etwas vergrössert, besonders der rechte Ventrikel mit
Verdünnung der Wandung. Endocardium und Klappen
normal.

IV. Herr S. aus Stuttgart, 29 Jahre alt, besuchte mich
am 21. April 1881, um meinen Rath einzuholen wegen
ganz eigenthümlicher kurzer, aber häufig wiederkehrender
Obscurationen, welche ihn seit einigen Tagen belästigten.
Die Untersuchung ergab jederseits minimale Myopie (0,5 D)
bei Sehschärfe . Gesichtsfelder, Farbenperception, Be-
schaffenheit der brechenden Medien und des Augenhinter-
grundes in jeder Beziehung normal. Im Allgemeinbefin-
den waren keinerlei Störungen nachzuweisen; seine Le-
bensweise war eine durchaus geregelte und in derselben
keine ätiologischen Momente für die vorübergehenden
Verdunklungen aufzufinden, wenn man nicht, trotz fehlen-
der Farbenscotome dem Umstande eine Schuld beimessen
wollte, dass Patient ziemlich stark rauchte.

Vor 7 Jahren hatte ich ihn an einer linksseitigen
Iritis behandelt. Dieselbe bot freilich keine specifische
Form, indessen wurde damals eine vorausgegangene sy-
philitische Infection zugegeben und die Entzündung selbst
ging auf Quecksilberbehandlung relativ rasch und voll-
ständig zurück. Ausserdem soll sich etwa ein Jahr später
eine Psoriasis gezeigt haben, welche ich aber nicht selbst
beobachtete.

Etwa 14 Tage nach unserer ersten Unterredung sah
ich den Kranken wieder; sein Zustand war wesentlich
schlechter geworden. Zunächst hatte sich, sehr plötzlich,
ein anhaltender Kopfschmerz eingestellt und ausserdem
machte sich eine gewisse Langsamkeit der Sprache gel-
tend; namentlich aber hatte sich, nach seiner Angabe aus
den Obscurationen, eine Sehstörung entwickelt, welche es
dem Kranken unmöglich machte, sich geistig zu beschäf-
tigen, da dieselbe ihn verhinderte, andauernd zu lesen.
Bei der von Neuem vorgenommenen Prüfung war keine

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[13/0017] etwas vergrössert, besonders der rechte Ventrikel mit Verdünnung der Wandung. Endocardium und Klappen normal. IV. Herr S. aus Stuttgart, 29 Jahre alt, besuchte mich am 21. April 1881, um meinen Rath einzuholen wegen ganz eigenthümlicher kurzer, aber häufig wiederkehrender Obscurationen, welche ihn seit einigen Tagen belästigten. Die Untersuchung ergab jederseits minimale Myopie (0,5 D) bei Sehschärfe [FORMEL]. Gesichtsfelder, Farbenperception, Be- schaffenheit der brechenden Medien und des Augenhinter- grundes in jeder Beziehung normal. Im Allgemeinbefin- den waren keinerlei Störungen nachzuweisen; seine Le- bensweise war eine durchaus geregelte und in derselben keine ätiologischen Momente für die vorübergehenden Verdunklungen aufzufinden, wenn man nicht, trotz fehlen- der Farbenscotome dem Umstande eine Schuld beimessen wollte, dass Patient ziemlich stark rauchte. Vor 7 Jahren hatte ich ihn an einer linksseitigen Iritis behandelt. Dieselbe bot freilich keine specifische Form, indessen wurde damals eine vorausgegangene sy- philitische Infection zugegeben und die Entzündung selbst ging auf Quecksilberbehandlung relativ rasch und voll- ständig zurück. Ausserdem soll sich etwa ein Jahr später eine Psoriasis gezeigt haben, welche ich aber nicht selbst beobachtete. Etwa 14 Tage nach unserer ersten Unterredung sah ich den Kranken wieder; sein Zustand war wesentlich schlechter geworden. Zunächst hatte sich, sehr plötzlich, ein anhaltender Kopfschmerz eingestellt und ausserdem machte sich eine gewisse Langsamkeit der Sprache gel- tend; namentlich aber hatte sich, nach seiner Angabe aus den Obscurationen, eine Sehstörung entwickelt, welche es dem Kranken unmöglich machte, sich geistig zu beschäf- tigen, da dieselbe ihn verhinderte, andauernd zu lesen. Bei der von Neuem vorgenommenen Prüfung war keine

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Zitationshilfe: Berlin, Rudolf: Eine besondere Art der Wortblindheit (Dyslexie). Wiesbaden, 1887, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlin_wortblindheit_1887/17>, abgerufen am 29.03.2024.