Schon viele Unfälle sind durch den Losbruch von Windschilden vorgekommen. Im März 1824 wurde auf dem Bernardino der Postschlitten mit 13 Personen (Reisende, Wegbahner, Conducteur und Postillon) von solch einem Sturze ergriffen und in einen voll¬ geschneiten Abgrund geschleudert, aus dem eilf Menschen wieder gerettet wurden; ein Wegbahner jedoch und der Landammann von Rovredo im Val Misocco waren durch den bloßen Druck an das Straßengeländer getödtet worden. Auf dem Skaletta-Paß zwischen dem Engadin und Davos (Graubünden) wurde in den zwan¬ ziger Jahren eine ganze Karavane von 52 Schlitten durch ein los¬ gerissenes Windschild sammt Menschen und Vieh verschüttet; einige derselben hatte der vorausjagende Windstoß weit durch die Lüfte geschleudert. Indessen kam Niemand dabei um, weil es lockerer, sandiger Schnee war. -- In der Cardinell, ehedem einem wegen seiner Windschilde heillos verrufenen Passe, schleuderte der Luftdruck eines stürzenden Windschildes im Winter 1800 beim Durchzug der französischen Armee unter General Macdonald einen Tambour in den Abgrund, wo er unversehrt angekommen sein mochte, denn man hörte ihn in der Tiefe mehrere Stunden lang trommeln. Da es aber unmöglich war, dem Unglücklichen Hülfe zu senden, so wurde er ein Opfer der Kälte und des Hungers. -- Martin Meuli von Rufenen betrat 1807 spät Abends mit seinem Kameraden Christian Menn und einigen Saumrossen die Cardinell. Plötzlich rauschte eine Lauine herab und stürzte letzteren sammt seinem Pferde in den Abgrund. Meuli blieb unversehrt auf beiden Seiten von hohen Wällen Lauinenschnees eingeschlossen und brachte die kalte Winter¬ nacht unter einem vorragenden Felsen zu, indem er sich in eine Welle Tuch, die er auf seinem Saumroß hatte, einwickelte und dadurch sein Leben fristete.
Solche stürzende Windschirme verdecken, gleich den Grund¬ lauinen, oft die Bergstraßen mit haushohen Schneeschanzen, so daß die Rutner mit dem bloßen Ausschaufeln nicht würden Bahn schaffen
Die Lauine.
Schon viele Unfälle ſind durch den Losbruch von Windſchilden vorgekommen. Im März 1824 wurde auf dem Bernardino der Poſtſchlitten mit 13 Perſonen (Reiſende, Wegbahner, Conducteur und Poſtillon) von ſolch einem Sturze ergriffen und in einen voll¬ geſchneiten Abgrund geſchleudert, aus dem eilf Menſchen wieder gerettet wurden; ein Wegbahner jedoch und der Landammann von Rovredo im Val Miſocco waren durch den bloßen Druck an das Straßengeländer getödtet worden. Auf dem Skaletta-Paß zwiſchen dem Engadin und Davos (Graubünden) wurde in den zwan¬ ziger Jahren eine ganze Karavane von 52 Schlitten durch ein los¬ geriſſenes Windſchild ſammt Menſchen und Vieh verſchüttet; einige derſelben hatte der vorausjagende Windſtoß weit durch die Lüfte geſchleudert. Indeſſen kam Niemand dabei um, weil es lockerer, ſandiger Schnee war. — In der Cardinell, ehedem einem wegen ſeiner Windſchilde heillos verrufenen Paſſe, ſchleuderte der Luftdruck eines ſtürzenden Windſchildes im Winter 1800 beim Durchzug der franzöſiſchen Armee unter General Macdonald einen Tambour in den Abgrund, wo er unverſehrt angekommen ſein mochte, denn man hörte ihn in der Tiefe mehrere Stunden lang trommeln. Da es aber unmöglich war, dem Unglücklichen Hülfe zu ſenden, ſo wurde er ein Opfer der Kälte und des Hungers. — Martin Meuli von Rufenen betrat 1807 ſpät Abends mit ſeinem Kameraden Chriſtian Menn und einigen Saumroſſen die Cardinell. Plötzlich rauſchte eine Lauine herab und ſtürzte letzteren ſammt ſeinem Pferde in den Abgrund. Meuli blieb unverſehrt auf beiden Seiten von hohen Wällen Lauinenſchnees eingeſchloſſen und brachte die kalte Winter¬ nacht unter einem vorragenden Felſen zu, indem er ſich in eine Welle Tuch, die er auf ſeinem Saumroß hatte, einwickelte und dadurch ſein Leben friſtete.
Solche ſtürzende Windſchirme verdecken, gleich den Grund¬ lauinen, oft die Bergſtraßen mit haushohen Schneeſchanzen, ſo daß die Rutner mit dem bloßen Ausſchaufeln nicht würden Bahn ſchaffen
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Die Lauine.
Schon viele Unfälle ſind durch den Losbruch von Windſchilden
vorgekommen. Im März 1824 wurde auf dem Bernardino der
Poſtſchlitten mit 13 Perſonen (Reiſende, Wegbahner, Conducteur
und Poſtillon) von ſolch einem Sturze ergriffen und in einen voll¬
geſchneiten Abgrund geſchleudert, aus dem eilf Menſchen wieder
gerettet wurden; ein Wegbahner jedoch und der Landammann von
Rovredo im Val Miſocco waren durch den bloßen Druck an das
Straßengeländer getödtet worden. Auf dem Skaletta-Paß zwiſchen
dem Engadin und Davos (Graubünden) wurde in den zwan¬
ziger Jahren eine ganze Karavane von 52 Schlitten durch ein los¬
geriſſenes Windſchild ſammt Menſchen und Vieh verſchüttet; einige
derſelben hatte der vorausjagende Windſtoß weit durch die Lüfte
geſchleudert. Indeſſen kam Niemand dabei um, weil es lockerer,
ſandiger Schnee war. — In der Cardinell, ehedem einem wegen
ſeiner Windſchilde heillos verrufenen Paſſe, ſchleuderte der Luftdruck
eines ſtürzenden Windſchildes im Winter 1800 beim Durchzug der
franzöſiſchen Armee unter General Macdonald einen Tambour
in den Abgrund, wo er unverſehrt angekommen ſein mochte, denn
man hörte ihn in der Tiefe mehrere Stunden lang trommeln. Da
es aber unmöglich war, dem Unglücklichen Hülfe zu ſenden, ſo wurde
er ein Opfer der Kälte und des Hungers. — Martin Meuli von
Rufenen betrat 1807 ſpät Abends mit ſeinem Kameraden Chriſtian
Menn und einigen Saumroſſen die Cardinell. Plötzlich rauſchte
eine Lauine herab und ſtürzte letzteren ſammt ſeinem Pferde in den
Abgrund. Meuli blieb unverſehrt auf beiden Seiten von hohen
Wällen Lauinenſchnees eingeſchloſſen und brachte die kalte Winter¬
nacht unter einem vorragenden Felſen zu, indem er ſich in eine
Welle Tuch, die er auf ſeinem Saumroß hatte, einwickelte und
dadurch ſein Leben friſtete.
Solche ſtürzende Windſchirme verdecken, gleich den Grund¬
lauinen, oft die Bergſtraßen mit haushohen Schneeſchanzen, ſo daß
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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/240>, abgerufen am 23.11.2024.
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