Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bergmann, Ernst von: Die Schicksale der Transfusion im letzten Decennium. Rede, gehalten zur Feier des Stiftungstages der militär-ärztlichen Bildungsanstalten am 2. August 1883. Berlin, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite


unter ihnen auch durch Fälle meiner Klinik, bestätigt
worden, dass die Kochsalzinfusion beim Menschen dasselbe
leistet wie die Transfusion: aus der Bewusstlosigkeit erweckt
sie den Verblutenden und lässt seine unfühlbaren Pulse
wieder schlagen. Es ist denkbar, dass man einmal auch
durch vergifteten Trank einen Verschmachtenden erquickt,
aber wenn sich die gefährliche Gabe durch eine bessere und
unschädliche ersetzen lässt, so begrüssen wir diese Wendung
mit Freuden.

Nur eine Transfusion liesse sich vielleicht rechtfertigen:
die Ueberführung des Blutes aus der Arterie eines Menschen
unmittelbar in die Vene eines anderen Hülfsbedürftigen.
Ich will es dahingestellt sein lassen, ob ein Eingriff, der
so viel Opfer eines Mitmenschen fordert, jemals zu
allgemeiner Verbreitung kommen würde, ich will auch davon
schweigen, dass dieselben Schwierigkeiten, welche im
Anfange des Jahrhunderts eine Gerinnselbildung in den
überleitenden Canülen befürchten liessen, auch heute noch
fortbestehen - es ist genug, dass ein Weiterleben der rothen
und weissen, durch die Operation übergeführten
Blutkörperchen im Kreislaufe des Blutempfängers in Frage
gezogen werden kann, ja werden muss. Wenigstens lässt
sich, wo volles Thierblut einem Menschen oder einer anderen
Thierspecies zugeleitet wird, mit Sicherheit darthun und
nachweisen, dass beide Arten Blutkörperchen in grösster
Menge zu Grunde gehen.

Die Infusion einer concentrirten Lösung des Blutferments
in die Gefässe eines Thieres bewirkt zunächst und in erster
Stelle die Auflösung der weissen Blutkörperchen und


unter ihnen auch durch Fälle meiner Klinik, bestätigt
worden, dass die Kochsalzinfusion beim Menschen dasselbe
leistet wie die Transfusion: aus der Bewusstlosigkeit erweckt
sie den Verblutenden und lässt seine unfühlbaren Pulse
wieder schlagen. Es ist denkbar, dass man einmal auch
durch vergifteten Trank einen Verschmachtenden erquickt,
aber wenn sich die gefährliche Gabe durch eine bessere und
unschädliche ersetzen lässt, so begrüssen wir diese Wendung
mit Freuden.

Nur eine Transfusion liesse sich vielleicht rechtfertigen:
die Ueberführung des Blutes aus der Arterie eines Menschen
unmittelbar in die Vene eines anderen Hülfsbedürftigen.
Ich will es dahingestellt sein lassen, ob ein Eingriff, der
so viel Opfer eines Mitmenschen fordert, jemals zu
allgemeiner Verbreitung kommen würde, ich will auch davon
schweigen, dass dieselben Schwierigkeiten, welche im
Anfange des Jahrhunderts eine Gerinnselbildung in den
überleitenden Canülen befürchten liessen, auch heute noch
fortbestehen – es ist genug, dass ein Weiterleben der rothen
und weissen, durch die Operation übergeführten
Blutkörperchen im Kreislaufe des Blutempfängers in Frage
gezogen werden kann, ja werden muss. Wenigstens lässt
sich, wo volles Thierblut einem Menschen oder einer anderen
Thierspecies zugeleitet wird, mit Sicherheit darthun und
nachweisen, dass beide Arten Blutkörperchen in grösster
Menge zu Grunde gehen.

Die Infusion einer concentrirten Lösung des Blutferments
in die Gefässe eines Thieres bewirkt zunächst und in erster
Stelle die Auflösung der weissen Blutkörperchen und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0023" n="23"/><lb/>
unter ihnen auch durch Fälle meiner Klinik, bestätigt<lb/>
worden, dass die Kochsalzinfusion beim Menschen dasselbe<lb/>
leistet wie die Transfusion: aus der Bewusstlosigkeit erweckt<lb/>
sie den Verblutenden und lässt seine unfühlbaren Pulse<lb/>
wieder schlagen. Es ist denkbar, dass man einmal auch<lb/>
durch vergifteten Trank einen Verschmachtenden erquickt,<lb/>
aber wenn sich die gefährliche Gabe durch eine bessere und<lb/>
unschädliche ersetzen lässt, so begrüssen wir diese Wendung<lb/>
mit Freuden. </p>
        <p>Nur eine Transfusion liesse sich vielleicht rechtfertigen:<lb/>
die Ueberführung des Blutes aus der Arterie eines Menschen<lb/>
unmittelbar in die Vene eines anderen Hülfsbedürftigen.<lb/>
Ich will es dahingestellt sein lassen, ob ein Eingriff, der<lb/>
so viel Opfer eines Mitmenschen fordert, jemals zu<lb/>
allgemeiner Verbreitung kommen würde, ich will auch davon<lb/>
schweigen, dass dieselben Schwierigkeiten, welche im<lb/>
Anfange des Jahrhunderts eine Gerinnselbildung in den<lb/>
überleitenden Canülen befürchten liessen, auch heute noch<lb/>
fortbestehen &#x2013; es ist genug, dass ein Weiterleben der rothen<lb/>
und weissen, durch die Operation übergeführten<lb/>
Blutkörperchen im Kreislaufe des Blutempfängers in Frage<lb/>
gezogen werden kann, ja werden muss. Wenigstens lässt<lb/>
sich, wo volles Thierblut einem Menschen oder einer anderen<lb/>
Thierspecies zugeleitet wird, mit Sicherheit darthun und<lb/>
nachweisen, dass beide Arten Blutkörperchen in grösster<lb/>
Menge zu Grunde gehen. </p>
        <p>Die Infusion einer concentrirten Lösung des Blutferments<lb/>
in die Gefässe eines Thieres bewirkt zunächst und in erster<lb/>
Stelle die Auflösung der weissen Blutkörperchen und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0023] unter ihnen auch durch Fälle meiner Klinik, bestätigt worden, dass die Kochsalzinfusion beim Menschen dasselbe leistet wie die Transfusion: aus der Bewusstlosigkeit erweckt sie den Verblutenden und lässt seine unfühlbaren Pulse wieder schlagen. Es ist denkbar, dass man einmal auch durch vergifteten Trank einen Verschmachtenden erquickt, aber wenn sich die gefährliche Gabe durch eine bessere und unschädliche ersetzen lässt, so begrüssen wir diese Wendung mit Freuden. Nur eine Transfusion liesse sich vielleicht rechtfertigen: die Ueberführung des Blutes aus der Arterie eines Menschen unmittelbar in die Vene eines anderen Hülfsbedürftigen. Ich will es dahingestellt sein lassen, ob ein Eingriff, der so viel Opfer eines Mitmenschen fordert, jemals zu allgemeiner Verbreitung kommen würde, ich will auch davon schweigen, dass dieselben Schwierigkeiten, welche im Anfange des Jahrhunderts eine Gerinnselbildung in den überleitenden Canülen befürchten liessen, auch heute noch fortbestehen – es ist genug, dass ein Weiterleben der rothen und weissen, durch die Operation übergeführten Blutkörperchen im Kreislaufe des Blutempfängers in Frage gezogen werden kann, ja werden muss. Wenigstens lässt sich, wo volles Thierblut einem Menschen oder einer anderen Thierspecies zugeleitet wird, mit Sicherheit darthun und nachweisen, dass beide Arten Blutkörperchen in grösster Menge zu Grunde gehen. Die Infusion einer concentrirten Lösung des Blutferments in die Gefässe eines Thieres bewirkt zunächst und in erster Stelle die Auflösung der weissen Blutkörperchen und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Schulz, Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2011-07-20T12:00:00Z)

Weitere Informationen:

  • Die Sperrungen des Originals wurden nicht übernommen.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bergmann_transfusion_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bergmann_transfusion_1883/23
Zitationshilfe: Bergmann, Ernst von: Die Schicksale der Transfusion im letzten Decennium. Rede, gehalten zur Feier des Stiftungstages der militär-ärztlichen Bildungsanstalten am 2. August 1883. Berlin, 1883, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bergmann_transfusion_1883/23>, abgerufen am 23.11.2024.