grösseren Tiefen gehören die Liliensterne an, von denen erst in neuerer Zeit eine Art auch in dem indischen Archipel gefunden worden ist. 87)
Reiner Felsengrund ist im indischen Archipel selten, da er meistens von Sternkorallen bedeckt und überwuchert wird und so Veranlassung zu den Korallenriffen gibt, welche in ähnlicher Ausbildung durch den tropischen Theil des grossen Oceans gehen, in Westindien und im rothen Meer wieder auftreten, aber den käl- teren Meeren, schon dem Mittelmeer, ganz fremd sind. Die Korallen- riffe sind in der Regel durch eine mehr oder weniger breite Lücke von der Uferlinie entfernt, diese Lücke ist aber zuweilen mit ihren zerriebenen Trümmern, dem Korallengrus, ausgefüllt, so dass man zu Fuss, wenn auch nicht gerade ganz trockenen Fusses, hinüber waten kann. Diese Grusflächen sind wenig belebt, es finden sich darauf nur kriechende Meerpflanzen (Caulerpa, Halophila) und ver- einzelte Meerschnecken. Um so reicher das eigentliche Riff, wo der Sammler bald nicht mehr weiss, wie er all die Schätze unter- bringen soll. Zwar trifft er auch hier zunächst auf abgestorbene Korallenstücke verschiedener Gattungen oder solche, an denen nur noch ein Theil fortlebt; die vollständig belebten schönen Stücke wollen auch hier gesucht sein und finden sich mehr in Vertiefungen und Abstürzen, wo sie nie vom Wasser verlassen werden; hier sieht man die gestirnten Astraeen, die labyrinthischen Maeandrinen und die punktirten Poriten ihre lebenden Sterne entfalten, meist von gelbgrüner Farbe, und diese massigeren Formen dienen wiederum als Grundlage für die dünneren und mehr verzweigten, unter wel- chen die sparrigen eigentlichen Madreporen mit kleinen krugförmig der Mittelachse zugewandten gelbgrünen Sternen, die feineren, frisch schön rothgelben Seriatoporen und die lappigen Mussa mit grossen schneidend-dornigen Sternen die häufigsten sind. Auf, in und zwi- schen diesen Korallen leben nun Thiere der verschiedensten Klassen: hier schlingen schwarze Schlangensterne (Ophiocoma scolopendrina und nigra), gorita-karang, Korallen-Vielfuss, ihre stachligen gelen- kigen Arme langsam von Zweig zu Zweig und verkriechen sich bei Störung immer tiefer in das Dickicht derselben, so dass der Sammler Mühe genug hat, durch Abschlagen der Zweige sie nach und nach unverletzt heraus zu lösen; dort wandeln hochgewölbte kurzbeinige Krabben (Carpilius und Atergatis) bedächtig zwischen den einzelnen Stücken herum und wissen sich geschickt in jede Ecke zu drücken,
Thiere auf den Korallenriffen.
grösseren Tiefen gehören die Liliensterne an, von denen erst in neuerer Zeit eine Art auch in dem indischen Archipel gefunden worden ist. 87)
Reiner Felsengrund ist im indischen Archipel selten, da er meistens von Sternkorallen bedeckt und überwuchert wird und so Veranlassung zu den Korallenriffen gibt, welche in ähnlicher Ausbildung durch den tropischen Theil des grossen Oceans gehen, in Westindien und im rothen Meer wieder auftreten, aber den käl- teren Meeren, schon dem Mittelmeer, ganz fremd sind. Die Korallen- riffe sind in der Regel durch eine mehr oder weniger breite Lücke von der Uferlinie entfernt, diese Lücke ist aber zuweilen mit ihren zerriebenen Trümmern, dem Korallengrus, ausgefüllt, so dass man zu Fuss, wenn auch nicht gerade ganz trockenen Fusses, hinüber waten kann. Diese Grusflächen sind wenig belebt, es finden sich darauf nur kriechende Meerpflanzen (Caulerpa, Halophila) und ver- einzelte Meerschnecken. Um so reicher das eigentliche Riff, wo der Sammler bald nicht mehr weiss, wie er all die Schätze unter- bringen soll. Zwar trifft er auch hier zunächst auf abgestorbene Korallenstücke verschiedener Gattungen oder solche, an denen nur noch ein Theil fortlebt; die vollständig belebten schönen Stücke wollen auch hier gesucht sein und finden sich mehr in Vertiefungen und Abstürzen, wo sie nie vom Wasser verlassen werden; hier sieht man die gestirnten Astraeen, die labyrinthischen Maeandrinen und die punktirten Poriten ihre lebenden Sterne entfalten, meist von gelbgrüner Farbe, und diese massigeren Formen dienen wiederum als Grundlage für die dünneren und mehr verzweigten, unter wel- chen die sparrigen eigentlichen Madreporen mit kleinen krugförmig der Mittelachse zugewandten gelbgrünen Sternen, die feineren, frisch schön rothgelben Seriatoporen und die lappigen Mussa mit grossen schneidend-dornigen Sternen die häufigsten sind. Auf, in und zwi- schen diesen Korallen leben nun Thiere der verschiedensten Klassen: hier schlingen schwarze Schlangensterne (Ophiocoma scolopendrina und nigra), gorita-karang, Korallen-Vielfuss, ihre stachligen gelen- kigen Arme langsam von Zweig zu Zweig und verkriechen sich bei Störung immer tiefer in das Dickicht derselben, so dass der Sammler Mühe genug hat, durch Abschlagen der Zweige sie nach und nach unverletzt heraus zu lösen; dort wandeln hochgewölbte kurzbeinige Krabben (Carpilius und Atergatis) bedächtig zwischen den einzelnen Stücken herum und wissen sich geschickt in jede Ecke zu drücken,
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Thiere auf den Korallenriffen.
grösseren Tiefen gehören die Liliensterne an, von denen erst in
neuerer Zeit eine Art auch in dem indischen Archipel gefunden
worden ist. 87)
Reiner Felsengrund ist im indischen Archipel selten, da er
meistens von Sternkorallen bedeckt und überwuchert wird und so
Veranlassung zu den Korallenriffen gibt, welche in ähnlicher
Ausbildung durch den tropischen Theil des grossen Oceans gehen,
in Westindien und im rothen Meer wieder auftreten, aber den käl-
teren Meeren, schon dem Mittelmeer, ganz fremd sind. Die Korallen-
riffe sind in der Regel durch eine mehr oder weniger breite Lücke
von der Uferlinie entfernt, diese Lücke ist aber zuweilen mit ihren
zerriebenen Trümmern, dem Korallengrus, ausgefüllt, so dass man
zu Fuss, wenn auch nicht gerade ganz trockenen Fusses, hinüber
waten kann. Diese Grusflächen sind wenig belebt, es finden sich
darauf nur kriechende Meerpflanzen (Caulerpa, Halophila) und ver-
einzelte Meerschnecken. Um so reicher das eigentliche Riff, wo
der Sammler bald nicht mehr weiss, wie er all die Schätze unter-
bringen soll. Zwar trifft er auch hier zunächst auf abgestorbene
Korallenstücke verschiedener Gattungen oder solche, an denen nur
noch ein Theil fortlebt; die vollständig belebten schönen Stücke
wollen auch hier gesucht sein und finden sich mehr in Vertiefungen
und Abstürzen, wo sie nie vom Wasser verlassen werden; hier
sieht man die gestirnten Astraeen, die labyrinthischen Maeandrinen
und die punktirten Poriten ihre lebenden Sterne entfalten, meist
von gelbgrüner Farbe, und diese massigeren Formen dienen wiederum
als Grundlage für die dünneren und mehr verzweigten, unter wel-
chen die sparrigen eigentlichen Madreporen mit kleinen krugförmig
der Mittelachse zugewandten gelbgrünen Sternen, die feineren, frisch
schön rothgelben Seriatoporen und die lappigen Mussa mit grossen
schneidend-dornigen Sternen die häufigsten sind. Auf, in und zwi-
schen diesen Korallen leben nun Thiere der verschiedensten Klassen:
hier schlingen schwarze Schlangensterne (Ophiocoma scolopendrina
und nigra), gorita-karang, Korallen-Vielfuss, ihre stachligen gelen-
kigen Arme langsam von Zweig zu Zweig und verkriechen sich bei
Störung immer tiefer in das Dickicht derselben, so dass der Sammler
Mühe genug hat, durch Abschlagen der Zweige sie nach und nach
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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/353>, abgerufen am 29.11.2024.
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