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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Insekten. Spinnen. Myriopoden.
Rossi, und das (wie in Süddeutschland) mehr unregelmässige Er-
scheinen der südeuropäischen Gottesanbeterin, Mantis religiosa,
hervor. Von Schmetterlingen sah ich unsern bekannten Kohl-
weissling, Pieris brassicae L. Die Hymenopteren spielen, wie in
allen wärmeren Gegenden, keine geringe Rolle, so unter anderen
die Gattung Ophion; Ameisen findet man viele im Freien, und
berühmt durch Heer's Schilderung ist die Hausameise von Madeira.
Culex longiareolatus macht sich als Muskito lästig. Das europäische
Heimchen, Gryllus domesticus L., ist auch hier vorhanden. Läuse
und Flöhe sind so häufig, wie anderwärts, und man sieht auf den
Strassen Funchals nicht selten die Mutter der Tochter, die Schwester
der Schwester nach derartigen Thierchen den Kopf absuchen, wie
man es in civilisirten Gegenden nur von Affen in Menagerieen zu
sehen gewohnt ist. Eine Schildlaus aus der Abtheilung Lecanium
fand ich auf einer verwilderten Acacia melanoxylon.7)

Spinnen verschiedener Farben sind nicht selten: Johnson
führt namentlich eine "Lycosa tarentuloides maderensis" auf, also
eine Verwandte der apulischen Tarantel. Von Scorpionen habe ich
nichts gesehen, noch erfahren; nur den sogenannten Bücherscorpion,
Chelifer, wie auch bei uns, im Freien.

Tausendfüsse. Noch nirgends habe ich die Gattung Julus
so häufig gesehen, als in Madeira, namentlich in der unteren
Region, fast unter jedem Steine. Der gemeinste ist ein ziemlich
grosser, honiggelber, daher einem Mehlwurm (Larve von Tenebrio
molitor) auf den ersten Anblick gleichend, mit dunkelm Rücken-
streif; in Europa habe ich nie einen solchen gesehen; dann ein
schwarzer mit einer Reihe hellerer Puncte; endlich kleine, mehr
graue Scolopendern in mehrfachen Arten, theils unseren Lithobius,
theils unseren Geophilus gleichend. Ein verwandtes, mehr breites,
langfüssiges Thier, die Galera der Venetianer, Cermatia coleoptrata,
lebt in Häusern.

Onisciden, Armadille und Porcellionen ebenfalls nicht
selten und, wie es scheint, europäische Arten darunter, so P. scaber.

Süsswasserkrebse. Der Flusskrebs selbst fehlt; nur die
kleinen Wasserasseln (Asellus aquaticus) und Geizen (Gammarus)
finden sich in den Bächen, letztere oft nur im Feuchten, am Ufer
der Bäche über Wasser.

Anneliden, Regenwürmer, sind nicht selten, darunter auf
der Nordseite der Insel bei Santa Anna eine wahrscheinlich neue

Insekten. Spinnen. Myriopoden.
Rossi, und das (wie in Süddeutschland) mehr unregelmässige Er-
scheinen der südeuropäischen Gottesanbeterin, Mantis religiosa,
hervor. Von Schmetterlingen sah ich unsern bekannten Kohl-
weissling, Pieris brassicae L. Die Hymenopteren spielen, wie in
allen wärmeren Gegenden, keine geringe Rolle, so unter anderen
die Gattung Ophion; Ameisen findet man viele im Freien, und
berühmt durch Heer’s Schilderung ist die Hausameise von Madeira.
Culex longiareolatus macht sich als Muskito lästig. Das europäische
Heimchen, Gryllus domesticus L., ist auch hier vorhanden. Läuse
und Flöhe sind so häufig, wie anderwärts, und man sieht auf den
Strassen Funchals nicht selten die Mutter der Tochter, die Schwester
der Schwester nach derartigen Thierchen den Kopf absuchen, wie
man es in civilisirten Gegenden nur von Affen in Menagerieen zu
sehen gewohnt ist. Eine Schildlaus aus der Abtheilung Lecanium
fand ich auf einer verwilderten Acacia melanoxylon.7)

Spinnen verschiedener Farben sind nicht selten: Johnson
führt namentlich eine »Lycosa tarentuloides maderensis« auf, also
eine Verwandte der apulischen Tarantel. Von Scorpionen habe ich
nichts gesehen, noch erfahren; nur den sogenannten Bücherscorpion,
Chelifer, wie auch bei uns, im Freien.

Tausendfüsse. Noch nirgends habe ich die Gattung Julus
so häufig gesehen, als in Madeira, namentlich in der unteren
Region, fast unter jedem Steine. Der gemeinste ist ein ziemlich
grosser, honiggelber, daher einem Mehlwurm (Larve von Tenebrio
molitor) auf den ersten Anblick gleichend, mit dunkelm Rücken-
streif; in Europa habe ich nie einen solchen gesehen; dann ein
schwarzer mit einer Reihe hellerer Puncte; endlich kleine, mehr
graue Scolopendern in mehrfachen Arten, theils unseren Lithobius,
theils unseren Geophilus gleichend. Ein verwandtes, mehr breites,
langfüssiges Thier, die Galera der Venetianer, Cermatia coleoptrata,
lebt in Häusern.

Onisciden, Armadille und Porcellionen ebenfalls nicht
selten und, wie es scheint, europäische Arten darunter, so P. scaber.

Süsswasserkrebse. Der Flusskrebs selbst fehlt; nur die
kleinen Wasserasseln (Asellus aquaticus) und Geizen (Gammarus)
finden sich in den Bächen, letztere oft nur im Feuchten, am Ufer
der Bäche über Wasser.

Anneliden, Regenwürmer, sind nicht selten, darunter auf
der Nordseite der Insel bei Santa Anna eine wahrscheinlich neue

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[12/0030] Insekten. Spinnen. Myriopoden. Rossi, und das (wie in Süddeutschland) mehr unregelmässige Er- scheinen der südeuropäischen Gottesanbeterin, Mantis religiosa, hervor. Von Schmetterlingen sah ich unsern bekannten Kohl- weissling, Pieris brassicae L. Die Hymenopteren spielen, wie in allen wärmeren Gegenden, keine geringe Rolle, so unter anderen die Gattung Ophion; Ameisen findet man viele im Freien, und berühmt durch Heer’s Schilderung ist die Hausameise von Madeira. Culex longiareolatus macht sich als Muskito lästig. Das europäische Heimchen, Gryllus domesticus L., ist auch hier vorhanden. Läuse und Flöhe sind so häufig, wie anderwärts, und man sieht auf den Strassen Funchals nicht selten die Mutter der Tochter, die Schwester der Schwester nach derartigen Thierchen den Kopf absuchen, wie man es in civilisirten Gegenden nur von Affen in Menagerieen zu sehen gewohnt ist. Eine Schildlaus aus der Abtheilung Lecanium fand ich auf einer verwilderten Acacia melanoxylon.7) Spinnen verschiedener Farben sind nicht selten: Johnson führt namentlich eine »Lycosa tarentuloides maderensis« auf, also eine Verwandte der apulischen Tarantel. Von Scorpionen habe ich nichts gesehen, noch erfahren; nur den sogenannten Bücherscorpion, Chelifer, wie auch bei uns, im Freien. Tausendfüsse. Noch nirgends habe ich die Gattung Julus so häufig gesehen, als in Madeira, namentlich in der unteren Region, fast unter jedem Steine. Der gemeinste ist ein ziemlich grosser, honiggelber, daher einem Mehlwurm (Larve von Tenebrio molitor) auf den ersten Anblick gleichend, mit dunkelm Rücken- streif; in Europa habe ich nie einen solchen gesehen; dann ein schwarzer mit einer Reihe hellerer Puncte; endlich kleine, mehr graue Scolopendern in mehrfachen Arten, theils unseren Lithobius, theils unseren Geophilus gleichend. Ein verwandtes, mehr breites, langfüssiges Thier, die Galera der Venetianer, Cermatia coleoptrata, lebt in Häusern. Onisciden, Armadille und Porcellionen ebenfalls nicht selten und, wie es scheint, europäische Arten darunter, so P. scaber. Süsswasserkrebse. Der Flusskrebs selbst fehlt; nur die kleinen Wasserasseln (Asellus aquaticus) und Geizen (Gammarus) finden sich in den Bächen, letztere oft nur im Feuchten, am Ufer der Bäche über Wasser. Anneliden, Regenwürmer, sind nicht selten, darunter auf der Nordseite der Insel bei Santa Anna eine wahrscheinlich neue

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/30>, abgerufen am 24.04.2024.