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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Kakadu's.
phos Less. (cristatu auct.), auf den eigentlichen Molukken von Ter-
nate bis Batjan und auf der gegenüberliegenden grösseren Insel
Halmahera, der rothhaubige, Moluccensis Gmel., auf Ceram, der
kleine mit schwefelgelber Haube und gelblichen Wangen, C. sulfurea
Gmel., auf Timor und Flores. Man hat alle diese häufig in Ge-
fangenschaft, wo sie aber oft durch unerträglich lautes und anhal-
tendes Schreien bei drohendem oder vorhandenem Regenwetter lästig
werden. Sonst sind es angenehme spielerische Hausgenossen; es
scheint, wenn man sie mit den nahe verwandten, aber mehr einzeln
lebenden apathischen Eclectus vergleicht, auch hier, wie bei den Affen,
sich zu bestätigen, dass Thiere, die in der Freiheit gesellig leben, in
der Gefangenschaft sich leichter an den Menschen anschliessen und
in ihm einen Kameraden sehen, als die von Natur einsam lebenden.

Zu Wahai sah ich unter anderen von Neuguinea herüber-
gebrachten Thieren auch einen schwarzen Kakadu, Microglossus
aterrimus Gmel., ein drolliges Thier, durch das ernsthafte rothe
Gesicht, den mächtigen Schnabel und den stets sichtbaren Feder-
busch komisch imponirend, übrigens ruhig und phlegmatisch gegen
die Sitte der weissen Kakadu's, mit unschöner knarrender Stimme.
Die Einheimischen behaupteten, die Speiseröhre sitze bei ihm in
der Zunge und die ansässigen Europäer sprechen es nach; die Zunge
ist nämlich fleischig, nicht breiter als hoch, oben ausgehöhlt, roth,
an der Spitze abgeflacht und schwarz; der Vogel schlürft damit die
vom Schnabel zerkleinerten Nahrungsmittel (hauptsächlich die Nuss
des Kanarienbaumes) auf, und während er sie nach hinten gegen
die Zungenwurzel zu gleiten lässt, wölben sich die Seitenränder
darüber und schliessen fest aneinander, eine bedeckte Rinne bildend,
in welcher die Speise fortgeschoben wird. Weiter hinten wird die-
selbe wieder sichtbar und gleitet schliesslich wie bei anderen Thieren
über Zungenwurzel und Kehlkopf in die Speiseröhre hinab.

Auf der Insel Timor kreuzen sich auch unter den Papageien
wieder molukkische, respective australische und javanische, eigent-
lich indische Formen, so finden wir daselbst den Loriculus vernalis,
aber auch einen Kakadu, einen Geoffroyus, Platycercus und Tricho-
glossus.18)

Eine grosse Rolle in der Vogelfauna des indischen Archipels
spielen ferner die Tauben; Alfr. Wallace, welcher eine treffliche
Abhandlung über dieselben veröffentlicht hat,19) zählt einschliesslich
Neuguineas 118 Arten, reichlich ein Drittel aller überhaupt bekann-

Kakadu’s.
phos Less. (cristatu auct.), auf den eigentlichen Molukken von Ter-
nate bis Batjan und auf der gegenüberliegenden grösseren Insel
Halmahera, der rothhaubige, Moluccensis Gmel., auf Ceram, der
kleine mit schwefelgelber Haube und gelblichen Wangen, C. sulfurea
Gmel., auf Timor und Flores. Man hat alle diese häufig in Ge-
fangenschaft, wo sie aber oft durch unerträglich lautes und anhal-
tendes Schreien bei drohendem oder vorhandenem Regenwetter lästig
werden. Sonst sind es angenehme spielerische Hausgenossen; es
scheint, wenn man sie mit den nahe verwandten, aber mehr einzeln
lebenden apathischen Eclectus vergleicht, auch hier, wie bei den Affen,
sich zu bestätigen, dass Thiere, die in der Freiheit gesellig leben, in
der Gefangenschaft sich leichter an den Menschen anschliessen und
in ihm einen Kameraden sehen, als die von Natur einsam lebenden.

Zu Wahai sah ich unter anderen von Neuguinea herüber-
gebrachten Thieren auch einen schwarzen Kakadu, Microglossus
aterrimus Gmel., ein drolliges Thier, durch das ernsthafte rothe
Gesicht, den mächtigen Schnabel und den stets sichtbaren Feder-
busch komisch imponirend, übrigens ruhig und phlegmatisch gegen
die Sitte der weissen Kakadu’s, mit unschöner knarrender Stimme.
Die Einheimischen behaupteten, die Speiseröhre sitze bei ihm in
der Zunge und die ansässigen Europäer sprechen es nach; die Zunge
ist nämlich fleischig, nicht breiter als hoch, oben ausgehöhlt, roth,
an der Spitze abgeflacht und schwarz; der Vogel schlürft damit die
vom Schnabel zerkleinerten Nahrungsmittel (hauptsächlich die Nuss
des Kanarienbaumes) auf, und während er sie nach hinten gegen
die Zungenwurzel zu gleiten lässt, wölben sich die Seitenränder
darüber und schliessen fest aneinander, eine bedeckte Rinne bildend,
in welcher die Speise fortgeschoben wird. Weiter hinten wird die-
selbe wieder sichtbar und gleitet schliesslich wie bei anderen Thieren
über Zungenwurzel und Kehlkopf in die Speiseröhre hinab.

Auf der Insel Timor kreuzen sich auch unter den Papageien
wieder molukkische, respective australische und javanische, eigent-
lich indische Formen, so finden wir daselbst den Loriculus vernalis,
aber auch einen Kakadu, einen Geoffroyus, Platycercus und Tricho-
glossus.18)

Eine grosse Rolle in der Vogelfauna des indischen Archipels
spielen ferner die Tauben; Alfr. Wallace, welcher eine treffliche
Abhandlung über dieselben veröffentlicht hat,19) zählt einschliesslich
Neuguineas 118 Arten, reichlich ein Drittel aller überhaupt bekann-

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[265/0283] Kakadu’s. phos Less. (cristatu auct.), auf den eigentlichen Molukken von Ter- nate bis Batjan und auf der gegenüberliegenden grösseren Insel Halmahera, der rothhaubige, Moluccensis Gmel., auf Ceram, der kleine mit schwefelgelber Haube und gelblichen Wangen, C. sulfurea Gmel., auf Timor und Flores. Man hat alle diese häufig in Ge- fangenschaft, wo sie aber oft durch unerträglich lautes und anhal- tendes Schreien bei drohendem oder vorhandenem Regenwetter lästig werden. Sonst sind es angenehme spielerische Hausgenossen; es scheint, wenn man sie mit den nahe verwandten, aber mehr einzeln lebenden apathischen Eclectus vergleicht, auch hier, wie bei den Affen, sich zu bestätigen, dass Thiere, die in der Freiheit gesellig leben, in der Gefangenschaft sich leichter an den Menschen anschliessen und in ihm einen Kameraden sehen, als die von Natur einsam lebenden. Zu Wahai sah ich unter anderen von Neuguinea herüber- gebrachten Thieren auch einen schwarzen Kakadu, Microglossus aterrimus Gmel., ein drolliges Thier, durch das ernsthafte rothe Gesicht, den mächtigen Schnabel und den stets sichtbaren Feder- busch komisch imponirend, übrigens ruhig und phlegmatisch gegen die Sitte der weissen Kakadu’s, mit unschöner knarrender Stimme. Die Einheimischen behaupteten, die Speiseröhre sitze bei ihm in der Zunge und die ansässigen Europäer sprechen es nach; die Zunge ist nämlich fleischig, nicht breiter als hoch, oben ausgehöhlt, roth, an der Spitze abgeflacht und schwarz; der Vogel schlürft damit die vom Schnabel zerkleinerten Nahrungsmittel (hauptsächlich die Nuss des Kanarienbaumes) auf, und während er sie nach hinten gegen die Zungenwurzel zu gleiten lässt, wölben sich die Seitenränder darüber und schliessen fest aneinander, eine bedeckte Rinne bildend, in welcher die Speise fortgeschoben wird. Weiter hinten wird die- selbe wieder sichtbar und gleitet schliesslich wie bei anderen Thieren über Zungenwurzel und Kehlkopf in die Speiseröhre hinab. Auf der Insel Timor kreuzen sich auch unter den Papageien wieder molukkische, respective australische und javanische, eigent- lich indische Formen, so finden wir daselbst den Loriculus vernalis, aber auch einen Kakadu, einen Geoffroyus, Platycercus und Tricho- glossus.18) Eine grosse Rolle in der Vogelfauna des indischen Archipels spielen ferner die Tauben; Alfr. Wallace, welcher eine treffliche Abhandlung über dieselben veröffentlicht hat,19) zählt einschliesslich Neuguineas 118 Arten, reichlich ein Drittel aller überhaupt bekann-

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/283>, abgerufen am 24.11.2024.