Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Eichhörnchen, Hirsche, Viverren und Reptilien.
scheinen durch ganz China häufig zu sein; es ist kaum zu bezweifeln,
dass im Norden die durch das ganze waldige Sibirien häufige, mit
der europäischen übereinstimmende Art vorkomme; im südlichen
China gibt es mehrere Arten, welche von Einigen mit hinterindischen
und javanischen für identisch gehalten werden, während Gray zwei
als eigenthümliche, Sc. Chinensis und castaneiventris, neu benannt
hat; letzteres geht nördlich bis Amoy. Auch von Hirschen gibt es
in China verschiedene Arten, deren Unterschiede und geographische
Verbreitung aber trotz der neuesten, scharf trennenden Aufzählung
von Swinhoe 14) noch wenig sicher stehen; nach demselben gibt es
im mittleren und südlichen Theil des Reiches nur kleinere, sechs-
endige, meist gefleckte Arten, daher Geldhirsche, kin-tsien-luh,
genannt, den indischen und dem japanischen verwandt; jenseits der
grossen Mauer, in der Tartarei und Mantschurei, neben solchen
auch grössere, namentlich unsere europäische Art, Cervus elaphus;
auf diese grösseren beziehen sich wohl die älteren Angaben, dass
"Elennthiere" auf den Markt von Peking kommen, so wie die
chinesischen Namen tih, nang und mi. Im Norden wie im Süden
werden lebende Hirsche in Parken gehalten, und der Fremde kann
nicht immer erfahren, wo die Arten, die er sieht, ihre Heimath
haben. Wildschweine scheinen durch ganz China verbreitet zu sein.

Mit dem südlichsten, tropischen Theil des Festlandes hat For-
mosa einige kleine Raubthiere gemein, so die Zibetkatze, hiang-li,
duftender Fuchs der Chinesen (Viverra indica Gmel. = pallida
Gray), ferner die Gattungen Helictis und Paradoxurus (Gray, Pro-
ceed. zool. soc. 1831 und Swinhoe l. c.). Der tropischen Südküste
eigenthümlich scheint die Eidechsengattung Liolepis, eine Blind-
schlange, Typhlops, und mehrere Giftschlangen der indischen
Gattungen Bungarus und Tropidolaemus. Liolepis und Bungarus
erhielt ich selbst in Kanton von befreundeten Deutschen. Zweifelhaft
ist es, ob auch noch Varane und Krokodile im südlichsten Theil
von China vorkommen, beide sind in Hinterindien und dem ganzen
indischen Archipel häufig, daher kein Grund vorhanden, warum sie
nicht da sein sollten; aber für beide ruhen die positiven Angaben
ihres Vorkommens auf schwachen Füssen, bei Varanus bivittatus
ist es der allgemeine Ausdruck "China" bei einem Exemplar des
britischen Museums; in Betreff des Krokodils erwähnen chinesische
Quellen, dass in früherer Zeit solche, ngoh, an einer bestimmten
Stelle der Provinz Kwantung gelebt haben, und der Ausdruck soll

Eichhörnchen, Hirsche, Viverren und Reptilien.
scheinen durch ganz China häufig zu sein; es ist kaum zu bezweifeln,
dass im Norden die durch das ganze waldige Sibirien häufige, mit
der europäischen übereinstimmende Art vorkomme; im südlichen
China gibt es mehrere Arten, welche von Einigen mit hinterindischen
und javanischen für identisch gehalten werden, während Gray zwei
als eigenthümliche, Sc. Chinensis und castaneiventris, neu benannt
hat; letzteres geht nördlich bis Amoy. Auch von Hirschen gibt es
in China verschiedene Arten, deren Unterschiede und geographische
Verbreitung aber trotz der neuesten, scharf trennenden Aufzählung
von Swinhoe 14) noch wenig sicher stehen; nach demselben gibt es
im mittleren und südlichen Theil des Reiches nur kleinere, sechs-
endige, meist gefleckte Arten, daher Geldhirsche, kin-tsien-luh,
genannt, den indischen und dem japanischen verwandt; jenseits der
grossen Mauer, in der Tartarei und Mantschurei, neben solchen
auch grössere, namentlich unsere europäische Art, Cervus elaphus;
auf diese grösseren beziehen sich wohl die älteren Angaben, dass
»Elennthiere« auf den Markt von Peking kommen, so wie die
chinesischen Namen tih, nang und mi. Im Norden wie im Süden
werden lebende Hirsche in Parken gehalten, und der Fremde kann
nicht immer erfahren, wo die Arten, die er sieht, ihre Heimath
haben. Wildschweine scheinen durch ganz China verbreitet zu sein.

Mit dem südlichsten, tropischen Theil des Festlandes hat For-
mosa einige kleine Raubthiere gemein, so die Zibetkatze, hiang-li,
duftender Fuchs der Chinesen (Viverra indica Gmel. = pallida
Gray), ferner die Gattungen Helictis und Paradoxurus (Gray, Pro-
ceed. zool. soc. 1831 und Swinhoe l. c.). Der tropischen Südküste
eigenthümlich scheint die Eidechsengattung Liolepis, eine Blind-
schlange, Typhlops, und mehrere Giftschlangen der indischen
Gattungen Bungarus und Tropidolaemus. Liolepis und Bungarus
erhielt ich selbst in Kanton von befreundeten Deutschen. Zweifelhaft
ist es, ob auch noch Varane und Krokodile im südlichsten Theil
von China vorkommen, beide sind in Hinterindien und dem ganzen
indischen Archipel häufig, daher kein Grund vorhanden, warum sie
nicht da sein sollten; aber für beide ruhen die positiven Angaben
ihres Vorkommens auf schwachen Füssen, bei Varanus bivittatus
ist es der allgemeine Ausdruck »China« bei einem Exemplar des
britischen Museums; in Betreff des Krokodils erwähnen chinesische
Quellen, dass in früherer Zeit solche, ngoh, an einer bestimmten
Stelle der Provinz Kwantung gelebt haben, und der Ausdruck soll

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0196" n="178"/><fw place="top" type="header">Eichhörnchen, Hirsche, Viverren und Reptilien.</fw><lb/>
scheinen durch ganz China häufig zu sein; es ist kaum zu bezweifeln,<lb/>
dass im Norden die durch das ganze waldige Sibirien häufige, mit<lb/>
der europäischen übereinstimmende Art vorkomme; im südlichen<lb/>
China gibt es mehrere Arten, welche von Einigen mit hinterindischen<lb/>
und javanischen für identisch gehalten werden, während Gray zwei<lb/>
als eigenthümliche, Sc. Chinensis und castaneiventris, neu benannt<lb/>
hat; letzteres geht nördlich bis Amoy. Auch von Hirschen gibt es<lb/>
in China verschiedene Arten, deren Unterschiede und geographische<lb/>
Verbreitung aber trotz der neuesten, scharf trennenden Aufzählung<lb/>
von Swinhoe <hi rendition="#sup">14</hi>) noch wenig sicher stehen; nach demselben gibt es<lb/>
im mittleren und südlichen Theil des Reiches nur kleinere, sechs-<lb/>
endige, meist gefleckte Arten, daher Geldhirsche, kin-tsien-luh,<lb/>
genannt, den indischen und dem japanischen verwandt; jenseits der<lb/>
grossen Mauer, in der Tartarei und Mantschurei, neben solchen<lb/>
auch grössere, namentlich unsere europäische Art, Cervus elaphus;<lb/>
auf diese grösseren beziehen sich wohl die älteren Angaben, dass<lb/>
»Elennthiere« auf den Markt von Peking kommen, so wie die<lb/>
chinesischen Namen tih, nang und mi. Im Norden wie im Süden<lb/>
werden lebende Hirsche in Parken gehalten, und der Fremde kann<lb/>
nicht immer erfahren, wo die Arten, die er sieht, ihre Heimath<lb/>
haben. Wildschweine scheinen durch ganz China verbreitet zu sein.</p><lb/>
            <p>Mit dem südlichsten, tropischen Theil des Festlandes hat For-<lb/>
mosa einige kleine Raubthiere gemein, so die Zibetkatze, hiang-li,<lb/>
duftender Fuchs der Chinesen (Viverra indica Gmel. = pallida<lb/>
Gray), ferner die Gattungen Helictis und Paradoxurus (Gray, Pro-<lb/>
ceed. zool. soc. 1831 und Swinhoe l. c.). Der tropischen Südküste<lb/>
eigenthümlich scheint die Eidechsengattung Liolepis, eine Blind-<lb/>
schlange, Typhlops, und mehrere Giftschlangen der indischen<lb/>
Gattungen Bungarus und Tropidolaemus. Liolepis und Bungarus<lb/>
erhielt ich selbst in Kanton von befreundeten Deutschen. Zweifelhaft<lb/>
ist es, ob auch noch Varane und Krokodile im südlichsten Theil<lb/>
von China vorkommen, beide sind in Hinterindien und dem ganzen<lb/>
indischen Archipel häufig, daher kein Grund vorhanden, warum sie<lb/>
nicht da sein sollten; aber für beide ruhen die positiven Angaben<lb/>
ihres Vorkommens auf schwachen Füssen, bei Varanus bivittatus<lb/>
ist es der allgemeine Ausdruck »China« bei einem Exemplar des<lb/>
britischen Museums; in Betreff des Krokodils erwähnen chinesische<lb/>
Quellen, dass in früherer Zeit solche, ngoh, an einer bestimmten<lb/>
Stelle der Provinz Kwantung gelebt haben, und der Ausdruck soll<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0196] Eichhörnchen, Hirsche, Viverren und Reptilien. scheinen durch ganz China häufig zu sein; es ist kaum zu bezweifeln, dass im Norden die durch das ganze waldige Sibirien häufige, mit der europäischen übereinstimmende Art vorkomme; im südlichen China gibt es mehrere Arten, welche von Einigen mit hinterindischen und javanischen für identisch gehalten werden, während Gray zwei als eigenthümliche, Sc. Chinensis und castaneiventris, neu benannt hat; letzteres geht nördlich bis Amoy. Auch von Hirschen gibt es in China verschiedene Arten, deren Unterschiede und geographische Verbreitung aber trotz der neuesten, scharf trennenden Aufzählung von Swinhoe 14) noch wenig sicher stehen; nach demselben gibt es im mittleren und südlichen Theil des Reiches nur kleinere, sechs- endige, meist gefleckte Arten, daher Geldhirsche, kin-tsien-luh, genannt, den indischen und dem japanischen verwandt; jenseits der grossen Mauer, in der Tartarei und Mantschurei, neben solchen auch grössere, namentlich unsere europäische Art, Cervus elaphus; auf diese grösseren beziehen sich wohl die älteren Angaben, dass »Elennthiere« auf den Markt von Peking kommen, so wie die chinesischen Namen tih, nang und mi. Im Norden wie im Süden werden lebende Hirsche in Parken gehalten, und der Fremde kann nicht immer erfahren, wo die Arten, die er sieht, ihre Heimath haben. Wildschweine scheinen durch ganz China verbreitet zu sein. Mit dem südlichsten, tropischen Theil des Festlandes hat For- mosa einige kleine Raubthiere gemein, so die Zibetkatze, hiang-li, duftender Fuchs der Chinesen (Viverra indica Gmel. = pallida Gray), ferner die Gattungen Helictis und Paradoxurus (Gray, Pro- ceed. zool. soc. 1831 und Swinhoe l. c.). Der tropischen Südküste eigenthümlich scheint die Eidechsengattung Liolepis, eine Blind- schlange, Typhlops, und mehrere Giftschlangen der indischen Gattungen Bungarus und Tropidolaemus. Liolepis und Bungarus erhielt ich selbst in Kanton von befreundeten Deutschen. Zweifelhaft ist es, ob auch noch Varane und Krokodile im südlichsten Theil von China vorkommen, beide sind in Hinterindien und dem ganzen indischen Archipel häufig, daher kein Grund vorhanden, warum sie nicht da sein sollten; aber für beide ruhen die positiven Angaben ihres Vorkommens auf schwachen Füssen, bei Varanus bivittatus ist es der allgemeine Ausdruck »China« bei einem Exemplar des britischen Museums; in Betreff des Krokodils erwähnen chinesische Quellen, dass in früherer Zeit solche, ngoh, an einer bestimmten Stelle der Provinz Kwantung gelebt haben, und der Ausdruck soll

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/196
Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/196>, abgerufen am 06.05.2024.