Von langschwänzigen Krebsen sind verschiedene mittelgrosse und kleine Garneelen, meist zur Gattung Palaemon gehörig, häufig auf dem Markte; ich hörte sie hier ho nennen (Wells Williams schreibt ha), und es scheinen Süss- oder Brackwasserbewohner zu sein. Aechte Krebse, Hummer, Palinurus oder Scyllarus, sah ich hier nie; sie sind alle Bewohner steinigen Grundes, und Steine fehlen hier.
Mollusken. Es ist charakteristisch für die chinesische Tief- ebene und wiederholt sich in jeder anderen, z. B. um Berlin und in Venetien, dass die Süsswasserschnecken weit zahlreicher und weit leichter zu finden sind, als Landschnecken. Hierzu trägt hier noch der Umstand bei, dass aus den vermuthlich leicht verschlam- menden Canälen der Morast regelmässig ausgeschöpft und auf die Felder ausgebreitet wird: nach längerem Trockenliegen heben sich dann die verbleichten Schnecken- oder Muschelschalen weiss vom graubraunen Grunde ab und verlocken immer wieder zum Auf- sammeln. Ist das Auge einmal darauf gerichtet, so findet es auch bald Exemplare, deren Farbe besser erhalten ist. Die bei weitem häufigste unter den Conchylien, welche ich so in der Umgebung von Shanghai und Wusung fand, ist eine hochgewundene, hellgrün- braune, kantige Paludina, P. angularis Müll. sp., 4) di-lo, Grund- schnecke genannt; dann folgt die grosse herzförmige glänzende Cyrena fluminea Müll. sp., he-ka; selten ist ein Unio mit zickzack- artig gestreiften Wirbeln und eine Anodonta, beide mir als ga-li genannt. Ganz fruchtlos fand ich zu dieser Jahreszeit das Suchen am Boden der Baumgruppen und an den die Särge mehr oder weniger bedeckenden Rasenhügeln, dem einzigen, was die Ein- förmigkeit der Felder unterbricht. Nur die künstlichen Felsen des Theegartens in der Stadt selbst boten mir einige Landschnecken, so die grössere kugelige Helix ravida Bens. und die braune dick- lippige Clausilia Shanghaiensis Pfr. In der That wüsste ich keine andere Stelle in dem von mir gesehenen Theile dieser Gegend, der für eine Clausilie passend wäre.
Die genannten Paludinen und Cyrenen werden auch in den Esswaarenläden der Strassen verkauft, letztere meist ohne Schale. Bei den Fischhändlern findet man oft Körbe voll einer fingerslangen Muschel, Novaculina, ähnlich N. constricta Bens., dsing-dsu, deren bleichgrünlichweisse Farbe meist von einer dunkeln Schlammhülle ganz verdeckt ist, beide den Aufenthalt im Schlammboden verrathend. Andere Conchylien werden zu verschiedenen Bedürfnissen des Haus-
Viel Süsswasser-, wenig Land-Mollusken.
Von langschwänzigen Krebsen sind verschiedene mittelgrosse und kleine Garneelen, meist zur Gattung Palaemon gehörig, häufig auf dem Markte; ich hörte sie hier ho nennen (Wells Williams schreibt ha), und es scheinen Süss- oder Brackwasserbewohner zu sein. Aechte Krebse, Hummer, Palinurus oder Scyllarus, sah ich hier nie; sie sind alle Bewohner steinigen Grundes, und Steine fehlen hier.
Mollusken. Es ist charakteristisch für die chinesische Tief- ebene und wiederholt sich in jeder anderen, z. B. um Berlin und in Venetien, dass die Süsswasserschnecken weit zahlreicher und weit leichter zu finden sind, als Landschnecken. Hierzu trägt hier noch der Umstand bei, dass aus den vermuthlich leicht verschlam- menden Canälen der Morast regelmässig ausgeschöpft und auf die Felder ausgebreitet wird: nach längerem Trockenliegen heben sich dann die verbleichten Schnecken- oder Muschelschalen weiss vom graubraunen Grunde ab und verlocken immer wieder zum Auf- sammeln. Ist das Auge einmal darauf gerichtet, so findet es auch bald Exemplare, deren Farbe besser erhalten ist. Die bei weitem häufigste unter den Conchylien, welche ich so in der Umgebung von Shanghai und Wusung fand, ist eine hochgewundene, hellgrün- braune, kantige Paludina, P. angularis Müll. sp., 4) di-lo, Grund- schnecke genannt; dann folgt die grosse herzförmige glänzende Cyrena fluminea Müll. sp., he-ka; selten ist ein Unio mit zickzack- artig gestreiften Wirbeln und eine Anodonta, beide mir als ga-li genannt. Ganz fruchtlos fand ich zu dieser Jahreszeit das Suchen am Boden der Baumgruppen und an den die Särge mehr oder weniger bedeckenden Rasenhügeln, dem einzigen, was die Ein- förmigkeit der Felder unterbricht. Nur die künstlichen Felsen des Theegartens in der Stadt selbst boten mir einige Landschnecken, so die grössere kugelige Helix ravida Bens. und die braune dick- lippige Clausilia Shanghaiensis Pfr. In der That wüsste ich keine andere Stelle in dem von mir gesehenen Theile dieser Gegend, der für eine Clausilie passend wäre.
Die genannten Paludinen und Cyrenen werden auch in den Esswaarenläden der Strassen verkauft, letztere meist ohne Schale. Bei den Fischhändlern findet man oft Körbe voll einer fingerslangen Muschel, Novaculina, ähnlich N. constricta Bens., dsing-dsu, deren bleichgrünlichweisse Farbe meist von einer dunkeln Schlammhülle ganz verdeckt ist, beide den Aufenthalt im Schlammboden verrathend. Andere Conchylien werden zu verschiedenen Bedürfnissen des Haus-
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Viel Süsswasser-, wenig Land-Mollusken.
Von langschwänzigen Krebsen sind verschiedene mittelgrosse und
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dem Markte; ich hörte sie hier ho nennen (Wells Williams schreibt
ha), und es scheinen Süss- oder Brackwasserbewohner zu sein.
Aechte Krebse, Hummer, Palinurus oder Scyllarus, sah ich hier
nie; sie sind alle Bewohner steinigen Grundes, und Steine fehlen hier.
Mollusken. Es ist charakteristisch für die chinesische Tief-
ebene und wiederholt sich in jeder anderen, z. B. um Berlin und
in Venetien, dass die Süsswasserschnecken weit zahlreicher und
weit leichter zu finden sind, als Landschnecken. Hierzu trägt hier
noch der Umstand bei, dass aus den vermuthlich leicht verschlam-
menden Canälen der Morast regelmässig ausgeschöpft und auf die
Felder ausgebreitet wird: nach längerem Trockenliegen heben sich
dann die verbleichten Schnecken- oder Muschelschalen weiss vom
graubraunen Grunde ab und verlocken immer wieder zum Auf-
sammeln. Ist das Auge einmal darauf gerichtet, so findet es auch
bald Exemplare, deren Farbe besser erhalten ist. Die bei weitem
häufigste unter den Conchylien, welche ich so in der Umgebung
von Shanghai und Wusung fand, ist eine hochgewundene, hellgrün-
braune, kantige Paludina, P. angularis Müll. sp., 4) di-lo, Grund-
schnecke genannt; dann folgt die grosse herzförmige glänzende
Cyrena fluminea Müll. sp., he-ka; selten ist ein Unio mit zickzack-
artig gestreiften Wirbeln und eine Anodonta, beide mir als ga-li
genannt. Ganz fruchtlos fand ich zu dieser Jahreszeit das Suchen
am Boden der Baumgruppen und an den die Särge mehr oder
weniger bedeckenden Rasenhügeln, dem einzigen, was die Ein-
förmigkeit der Felder unterbricht. Nur die künstlichen Felsen des
Theegartens in der Stadt selbst boten mir einige Landschnecken,
so die grössere kugelige Helix ravida Bens. und die braune dick-
lippige Clausilia Shanghaiensis Pfr. In der That wüsste ich keine
andere Stelle in dem von mir gesehenen Theile dieser Gegend, der
für eine Clausilie passend wäre.
Die genannten Paludinen und Cyrenen werden auch in den
Esswaarenläden der Strassen verkauft, letztere meist ohne Schale.
Bei den Fischhändlern findet man oft Körbe voll einer fingerslangen
Muschel, Novaculina, ähnlich N. constricta Bens., dsing-dsu, deren
bleichgrünlichweisse Farbe meist von einer dunkeln Schlammhülle
ganz verdeckt ist, beide den Aufenthalt im Schlammboden verrathend.
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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/178>, abgerufen am 16.02.2025.
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