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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Nacktschnecke. Libellen. Wasserkäfer.
als tobi-musi, Raubvogelinsekt, bezeichnet, ohne Zweifel mit Be-
ziehung auf seine weiten flugartigen Sprünge, und gesagt, dass er
an feuchten Stellen unter Töpfen und Geräthen, auch in Löchern
in der Erde sich aufhalte und den Mäusen sich auf den Rücken
setze. Ich fand ihn später noch öfter, aber er ist seiner Schnel-
ligkeit wegen schwer zu erhaschen; er ist dunkelrothbraun gefärbt
und geht für gewöhnlich aufrecht, wie Talitrus locusta, nicht auf
der Seite liegend, wie unsere Gammarus, wenn sie aufs Trockene
kommen. Auch Regenwürmer, Lumbricus, japanisch mimisu, sind
an solchen Stellen häufig, übrigens den unsern ähnlich. Dagegen
vermisste ich unsere Nacktschnecken; die einzige, die ich in einem
hohlen Baumstamm fand, überhaupt die einzige Art, welche bis
jetzt aus Japan bekannt ist, Philomycus bilineatus, gehört einer
Gattung an, die in Europa nicht vertreten, dagegen Ostasien und
Amerika gemeinsam ist. Sie ist in der Encyclopädie kenntlich als
namekudsi (von name, gleiten), die Hausschnecken, Helix, als
katadsuburi abgebildet; in Yokohama nannte man mir die letzteren
mai-mai-tsuburi.

Nicht an der Erde, wie andere Tausendfüsse, sondern an
Baumstämmen (in Italien an den Wänden der Zimmer) findet sich
die zierliche langfüssige und rasche Cermatia, die japanische Art
hat sehr lange Hörner und ist recht kenntlich in der Encyclopädie
und verschiedenen Bilderbüchern abgebildet unter dem Namen
ketsiku oder kesi-kesi, meinen Diener hörte ich sie kosiki nennen.

Wieder andere Thiere finden sich an und in den Teichen
und Wassergräben
. Der Nattern, Frösche und Wassersala-
mander ist schon früher gedacht. Die Schmetterlinge werden durch
die Libellen, japanisch tombo, ersetzt; auch hier, wie im tropi-
schen Ostasien, sind die häufigsten solche aus der Abtheilung
Agrion, mit schlankem, meist blutrothem Leibe, doch sah ich auch
eine grosse Aeschna öfters und finde in der Encyclopädie als yama-
tombo beide Formen dargestellt. Ueber die Oberfläche des Wassers
hin gehen, wie in Europa, die leichten spinnenfüssigen Wasser-
treter
, Hydrometra, auch in den Bilderbüchern unter dem sonder-
baren Namen katsuwo-musi, Thunfischinsekt, sehr deutlich gezeich-
net; in der Wasserfläche zieht seine Kreise, ebenfalls wie bei uns,
der Tummelkäfer, Gyrinus, ähnlich dem europäischen, doch
etwas grösser, ganz passend als Tänzerin-Insekt, maiku-musi
in der Encyclopädie bezeichnet; durch das Wasser schwimmt der

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Nacktschnecke. Libellen. Wasserkäfer.
als tobi-musi, Raubvogelinsekt, bezeichnet, ohne Zweifel mit Be-
ziehung auf seine weiten flugartigen Sprünge, und gesagt, dass er
an feuchten Stellen unter Töpfen und Geräthen, auch in Löchern
in der Erde sich aufhalte und den Mäusen sich auf den Rücken
setze. Ich fand ihn später noch öfter, aber er ist seiner Schnel-
ligkeit wegen schwer zu erhaschen; er ist dunkelrothbraun gefärbt
und geht für gewöhnlich aufrecht, wie Talitrus locusta, nicht auf
der Seite liegend, wie unsere Gammarus, wenn sie aufs Trockene
kommen. Auch Regenwürmer, Lumbricus, japanisch mimisu, sind
an solchen Stellen häufig, übrigens den unsern ähnlich. Dagegen
vermisste ich unsere Nacktschnecken; die einzige, die ich in einem
hohlen Baumstamm fand, überhaupt die einzige Art, welche bis
jetzt aus Japan bekannt ist, Philomycus bilineatus, gehört einer
Gattung an, die in Europa nicht vertreten, dagegen Ostasien und
Amerika gemeinsam ist. Sie ist in der Encyclopädie kenntlich als
namekudsi (von name, gleiten), die Hausschnecken, Helix, als
katadsuburi abgebildet; in Yokohama nannte man mir die letzteren
mai-mai-tsuburi.

Nicht an der Erde, wie andere Tausendfüsse, sondern an
Baumstämmen (in Italien an den Wänden der Zimmer) findet sich
die zierliche langfüssige und rasche Cermatia, die japanische Art
hat sehr lange Hörner und ist recht kenntlich in der Encyclopädie
und verschiedenen Bilderbüchern abgebildet unter dem Namen
ketsiku oder kesi-kesi, meinen Diener hörte ich sie kosiki nennen.

Wieder andere Thiere finden sich an und in den Teichen
und Wassergräben
. Der Nattern, Frösche und Wassersala-
mander ist schon früher gedacht. Die Schmetterlinge werden durch
die Libellen, japanisch tombo, ersetzt; auch hier, wie im tropi-
schen Ostasien, sind die häufigsten solche aus der Abtheilung
Agrion, mit schlankem, meist blutrothem Leibe, doch sah ich auch
eine grosse Aeschna öfters und finde in der Encyclopädie als yama-
tombo beide Formen dargestellt. Ueber die Oberfläche des Wassers
hin gehen, wie in Europa, die leichten spinnenfüssigen Wasser-
treter
, Hydrometra, auch in den Bilderbüchern unter dem sonder-
baren Namen katsuwo-musi, Thunfischinsekt, sehr deutlich gezeich-
net; in der Wasserfläche zieht seine Kreise, ebenfalls wie bei uns,
der Tummelkäfer, Gyrinus, ähnlich dem europäischen, doch
etwas grösser, ganz passend als Tänzerin-Insekt, maiku-musi
in der Encyclopädie bezeichnet; durch das Wasser schwimmt der

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[131/0149] Nacktschnecke. Libellen. Wasserkäfer. als tobi-musi, Raubvogelinsekt, bezeichnet, ohne Zweifel mit Be- ziehung auf seine weiten flugartigen Sprünge, und gesagt, dass er an feuchten Stellen unter Töpfen und Geräthen, auch in Löchern in der Erde sich aufhalte und den Mäusen sich auf den Rücken setze. Ich fand ihn später noch öfter, aber er ist seiner Schnel- ligkeit wegen schwer zu erhaschen; er ist dunkelrothbraun gefärbt und geht für gewöhnlich aufrecht, wie Talitrus locusta, nicht auf der Seite liegend, wie unsere Gammarus, wenn sie aufs Trockene kommen. Auch Regenwürmer, Lumbricus, japanisch mimisu, sind an solchen Stellen häufig, übrigens den unsern ähnlich. Dagegen vermisste ich unsere Nacktschnecken; die einzige, die ich in einem hohlen Baumstamm fand, überhaupt die einzige Art, welche bis jetzt aus Japan bekannt ist, Philomycus bilineatus, gehört einer Gattung an, die in Europa nicht vertreten, dagegen Ostasien und Amerika gemeinsam ist. Sie ist in der Encyclopädie kenntlich als namekudsi (von name, gleiten), die Hausschnecken, Helix, als katadsuburi abgebildet; in Yokohama nannte man mir die letzteren mai-mai-tsuburi. Nicht an der Erde, wie andere Tausendfüsse, sondern an Baumstämmen (in Italien an den Wänden der Zimmer) findet sich die zierliche langfüssige und rasche Cermatia, die japanische Art hat sehr lange Hörner und ist recht kenntlich in der Encyclopädie und verschiedenen Bilderbüchern abgebildet unter dem Namen ketsiku oder kesi-kesi, meinen Diener hörte ich sie kosiki nennen. Wieder andere Thiere finden sich an und in den Teichen und Wassergräben. Der Nattern, Frösche und Wassersala- mander ist schon früher gedacht. Die Schmetterlinge werden durch die Libellen, japanisch tombo, ersetzt; auch hier, wie im tropi- schen Ostasien, sind die häufigsten solche aus der Abtheilung Agrion, mit schlankem, meist blutrothem Leibe, doch sah ich auch eine grosse Aeschna öfters und finde in der Encyclopädie als yama- tombo beide Formen dargestellt. Ueber die Oberfläche des Wassers hin gehen, wie in Europa, die leichten spinnenfüssigen Wasser- treter, Hydrometra, auch in den Bilderbüchern unter dem sonder- baren Namen katsuwo-musi, Thunfischinsekt, sehr deutlich gezeich- net; in der Wasserfläche zieht seine Kreise, ebenfalls wie bei uns, der Tummelkäfer, Gyrinus, ähnlich dem europäischen, doch etwas grösser, ganz passend als Tänzerin-Insekt, maiku-musi in der Encyclopädie bezeichnet; durch das Wasser schwimmt der 9*

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/149>, abgerufen am 02.05.2024.