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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Chinesische Vollmachten. XV.
treten wolle, die seine Institutionen und seine politische Ehre nicht
schädigten. Graf Eulenburg schliesst mit der Bitte, sein Schreiben
zur Kenntniss des Kaisers zu bringen, falls der Prinz nicht er-
mächtigt sei, die gestellten Forderungen selbstständig zu gewähren.

Der merkliche Einfluss, welchen die Gesandten von England
und Frankreich übten, bewog Graf Eulenburg, sie vom Inhalt sei-
ner Note an den Prinzen zu unterrichten und um Unterstützung
seiner Anträge zu ersuchen, so weit ihre Interessen darunter nicht
litten. Zugleich bat er sie, dem Prinzen von Kun beiläufig zu
sagen, dass Preussen in den nächsten Jahren wahrscheinlich keinen
Vertreter nach Pe-kin, sondern nur einen General-Consul nach
Shang-hae senden werde, erklärte aber bestimmt, dass er ohne
Gewährung des Gesandtschaftsrechtes überhaupt keinen Vertrag
schliessen werde. Er kündigte den Gesandten ferner an, dass er
nach Pe-kin kommen und den Prinzen persönlich angehen werde,
wenn die Verhandlungen in Tien-tsin erfolglos blieben.

Gleich nach Abgang dieser Schreiben und der Note an den
Prinzen erhielt Graf Eulenburg eine Aufforderung der Commissare,
in der "öffentlichen Halle" von Tien-tsin zu erscheinen und von
kaiserlichen Decreten Kenntniss zu nehmen, welche Tsun-hau zu
den Verhandlungen ausdrücklich ermächtigten, während Tsun-luen
schon durch sein Amt dazu legitimirt sei. -- An diesem Tage durch
Unwohlsein verhindert, begab sich der Gesandte erst am 24. Mai
mit Herrn Marques und dem Attache du jour nach dem zu öffent-
lichen Verhandlungen bestimmten Gebäude, wo ihn die Commissare,
umgeben von vielen Beamten, in einer luftigen Halle empfingen.
Zur Conferenz gingen sie mit wenig Begleitern in ein kleineres Ge-
mach. Graf Eulenburg erklärte nochmals bestimmt, dass er ohne
das Gesandtschaftsrecht keinen Vertrag schliessen werde, wogegen
die Commissare ihre Bedenken äusserten: es müsse die Gesandten
von England und Frankreich verletzen, wenn China Preussen so
schnell gewähre, was jenen Mächten so viel Kämpfe kostete. In
diesem Punct verwies sie Graf Eulenburg an deren Vertreter in Pe-
kin
. -- Die in Abschrift vorgelegten kaiserlichen Decrete lauteten:

I.

Am 19. Tage des 2. Monats des 11. Jahres von Hien-fun
(19. März 1861) ist folgendes kaiserliches Decret eingegangen.

Der Prinz von Kun, Yi-sin, und seine Collegen haben eine Ein-
gabe an uns gerichtet, dass Preussen in Tien-tsin erschienen sind

Chinesische Vollmachten. XV.
treten wolle, die seine Institutionen und seine politische Ehre nicht
schädigten. Graf Eulenburg schliesst mit der Bitte, sein Schreiben
zur Kenntniss des Kaisers zu bringen, falls der Prinz nicht er-
mächtigt sei, die gestellten Forderungen selbstständig zu gewähren.

Der merkliche Einfluss, welchen die Gesandten von England
und Frankreich übten, bewog Graf Eulenburg, sie vom Inhalt sei-
ner Note an den Prinzen zu unterrichten und um Unterstützung
seiner Anträge zu ersuchen, so weit ihre Interessen darunter nicht
litten. Zugleich bat er sie, dem Prinzen von Kuṅ beiläufig zu
sagen, dass Preussen in den nächsten Jahren wahrscheinlich keinen
Vertreter nach Pe-kiṅ, sondern nur einen General-Consul nach
Shang-hae senden werde, erklärte aber bestimmt, dass er ohne
Gewährung des Gesandtschaftsrechtes überhaupt keinen Vertrag
schliessen werde. Er kündigte den Gesandten ferner an, dass er
nach Pe-kiṅ kommen und den Prinzen persönlich angehen werde,
wenn die Verhandlungen in Tien-tsin erfolglos blieben.

Gleich nach Abgang dieser Schreiben und der Note an den
Prinzen erhielt Graf Eulenburg eine Aufforderung der Commissare,
in der »öffentlichen Halle« von Tien-tsin zu erscheinen und von
kaiserlichen Decreten Kenntniss zu nehmen, welche Tsuṅ-hau zu
den Verhandlungen ausdrücklich ermächtigten, während Tsuṅ-luen
schon durch sein Amt dazu legitimirt sei. — An diesem Tage durch
Unwohlsein verhindert, begab sich der Gesandte erst am 24. Mai
mit Herrn Marques und dem Attaché du jour nach dem zu öffent-
lichen Verhandlungen bestimmten Gebäude, wo ihn die Commissare,
umgeben von vielen Beamten, in einer luftigen Halle empfingen.
Zur Conferenz gingen sie mit wenig Begleitern in ein kleineres Ge-
mach. Graf Eulenburg erklärte nochmals bestimmt, dass er ohne
das Gesandtschaftsrecht keinen Vertrag schliessen werde, wogegen
die Commissare ihre Bedenken äusserten: es müsse die Gesandten
von England und Frankreich verletzen, wenn China Preussen so
schnell gewähre, was jenen Mächten so viel Kämpfe kostete. In
diesem Punct verwies sie Graf Eulenburg an deren Vertreter in Pe-
kiṅ
. — Die in Abschrift vorgelegten kaiserlichen Decrete lauteten:

I.

Am 19. Tage des 2. Monats des 11. Jahres von Hien-fuṅ
(19. März 1861) ist folgendes kaiserliches Decret eingegangen.

Der Prinz von Kuṅ, Yi-sin, und seine Collegen haben eine Ein-
gabe an uns gerichtet, dass Preussen in Tien-tsin erschienen sind

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[40/0054] Chinesische Vollmachten. XV. treten wolle, die seine Institutionen und seine politische Ehre nicht schädigten. Graf Eulenburg schliesst mit der Bitte, sein Schreiben zur Kenntniss des Kaisers zu bringen, falls der Prinz nicht er- mächtigt sei, die gestellten Forderungen selbstständig zu gewähren. Der merkliche Einfluss, welchen die Gesandten von England und Frankreich übten, bewog Graf Eulenburg, sie vom Inhalt sei- ner Note an den Prinzen zu unterrichten und um Unterstützung seiner Anträge zu ersuchen, so weit ihre Interessen darunter nicht litten. Zugleich bat er sie, dem Prinzen von Kuṅ beiläufig zu sagen, dass Preussen in den nächsten Jahren wahrscheinlich keinen Vertreter nach Pe-kiṅ, sondern nur einen General-Consul nach Shang-hae senden werde, erklärte aber bestimmt, dass er ohne Gewährung des Gesandtschaftsrechtes überhaupt keinen Vertrag schliessen werde. Er kündigte den Gesandten ferner an, dass er nach Pe-kiṅ kommen und den Prinzen persönlich angehen werde, wenn die Verhandlungen in Tien-tsin erfolglos blieben. Gleich nach Abgang dieser Schreiben und der Note an den Prinzen erhielt Graf Eulenburg eine Aufforderung der Commissare, in der »öffentlichen Halle« von Tien-tsin zu erscheinen und von kaiserlichen Decreten Kenntniss zu nehmen, welche Tsuṅ-hau zu den Verhandlungen ausdrücklich ermächtigten, während Tsuṅ-luen schon durch sein Amt dazu legitimirt sei. — An diesem Tage durch Unwohlsein verhindert, begab sich der Gesandte erst am 24. Mai mit Herrn Marques und dem Attaché du jour nach dem zu öffent- lichen Verhandlungen bestimmten Gebäude, wo ihn die Commissare, umgeben von vielen Beamten, in einer luftigen Halle empfingen. Zur Conferenz gingen sie mit wenig Begleitern in ein kleineres Ge- mach. Graf Eulenburg erklärte nochmals bestimmt, dass er ohne das Gesandtschaftsrecht keinen Vertrag schliessen werde, wogegen die Commissare ihre Bedenken äusserten: es müsse die Gesandten von England und Frankreich verletzen, wenn China Preussen so schnell gewähre, was jenen Mächten so viel Kämpfe kostete. In diesem Punct verwies sie Graf Eulenburg an deren Vertreter in Pe- kiṅ. — Die in Abschrift vorgelegten kaiserlichen Decrete lauteten: I. Am 19. Tage des 2. Monats des 11. Jahres von Hien-fuṅ (19. März 1861) ist folgendes kaiserliches Decret eingegangen. Der Prinz von Kuṅ, Yi-sin, und seine Collegen haben eine Ein- gabe an uns gerichtet, dass Preussen in Tien-tsin erschienen sind

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/54>, abgerufen am 24.11.2024.