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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Su-tsau übergeben. Anh. IV.
Leichen der gefangenen Europäer wurden später bei Wu-sie
gefunden.

Auf die Nachricht von diesem Handstreich beschleunigte
Major Gordon seine Operationen gegen Su-tsau, welche die Firefly
unter kundiger Leitung wohl stören konnte. In der Nacht zum
27. November suchte er das Ostthor zu stürmen, wurde aber mit
schwerem Verlust geworfen; am 29. November nahm er ein Aussen-
werk dieses Thores. -- Unterdessen verhandelten sowohl General
Tsin als Gordon insgeheim mit Rebellenführern in der Stadt, die,
wie es scheint, jeder den anderen und alle zusammen das gemein-
same Haupt, den Mo-wan, zu verrathen strebten, der wahr-
scheinlich selbst Su-tsau übergeben und allein den Lohn ernten
wollte.83) Der Gang der Ereignisse ist dunkel; auch kommt bei
dem Abgrund von Falschheit und Niederträchtigkeit unter die-
sem Gesindel wenig darauf an, wer der grösste Schurke war. Der
Mo-wan fiel unter den Dolchen der anderen Wan's, die ihren
Verrath entdeckt sahen und das Prävenire spielten. -- Nur um
einen Begriff zu geben von der Lage, in welche ehrenhafte Euro-
päer im Dienst der chinesischen Regierung gerathen können, möge
hier eine Skizze der mit der Uebergabe von Su-tsau verknüpften
Ereignisse folgen.84)

An wen die Stadt ausgeliefert wurde, -- ob an Major Gordon,
General Tsin oder den Fu-tae Li, -- scheint ungewiss; übergeben
wurde sie gleich nach des Mo-wan Ermordung. Kaiserliche Truppen
besetzten am 5. December 1863 das Nord- und das Ostthor.
Gordon zog seine Truppen zurück, damit sie nicht plünderten,
forderte aber, da sie fast alle Kämpfe um Su-tsau ausgefochten
hatten, und um sie zum schleunigen Marsch auf Wu-sie zu ver-
mögen, vom Fu-tae Li als besondere Gratification einen zwei-
monatlichen Sold für seine Schaar. Li sträubte sich; Gordon gab
ihm Bedenkzeit bis drei Uhr Nachmittags; dann würde er sein
Commando niederlegen. Unterdessen ging er in die Stadt und nach
des Na-wan Hause, mit welchem er während der Belagerung in

83) Ein Franzose, der des Mo-wan Ermordung beiwohnte, behaup-
tete nachher, von demselben zu Unterhandlungen mit Gordon ermächtigt gewesen
zu sein.
84) Der Verfasser folgt in diesem ganzen Abschnitt meist dem Buche von
Wilson "The ever victorious army".

Su-tšau übergeben. Anh. IV.
Leichen der gefangenen Europäer wurden später bei Wu-sie
gefunden.

Auf die Nachricht von diesem Handstreich beschleunigte
Major Gordon seine Operationen gegen Su-tšau, welche die Firefly
unter kundiger Leitung wohl stören konnte. In der Nacht zum
27. November suchte er das Ostthor zu stürmen, wurde aber mit
schwerem Verlust geworfen; am 29. November nahm er ein Aussen-
werk dieses Thores. — Unterdessen verhandelten sowohl General
Tšiṅ als Gordon insgeheim mit Rebellenführern in der Stadt, die,
wie es scheint, jeder den anderen und alle zusammen das gemein-
same Haupt, den Mo-waṅ, zu verrathen strebten, der wahr-
scheinlich selbst Su-tšau übergeben und allein den Lohn ernten
wollte.83) Der Gang der Ereignisse ist dunkel; auch kommt bei
dem Abgrund von Falschheit und Niederträchtigkeit unter die-
sem Gesindel wenig darauf an, wer der grösste Schurke war. Der
Mo-waṅ fiel unter den Dolchen der anderen Waṅ’s, die ihren
Verrath entdeckt sahen und das Prävenire spielten. — Nur um
einen Begriff zu geben von der Lage, in welche ehrenhafte Euro-
päer im Dienst der chinesischen Regierung gerathen können, möge
hier eine Skizze der mit der Uebergabe von Su-tšau verknüpften
Ereignisse folgen.84)

An wen die Stadt ausgeliefert wurde, — ob an Major Gordon,
General Tšiṅ oder den Fu-tae Li, — scheint ungewiss; übergeben
wurde sie gleich nach des Mo-waṅ Ermordung. Kaiserliche Truppen
besetzten am 5. December 1863 das Nord- und das Ostthor.
Gordon zog seine Truppen zurück, damit sie nicht plünderten,
forderte aber, da sie fast alle Kämpfe um Su-tšau ausgefochten
hatten, und um sie zum schleunigen Marsch auf Wu-sie zu ver-
mögen, vom Fu-tae Li als besondere Gratification einen zwei-
monatlichen Sold für seine Schaar. Li sträubte sich; Gordon gab
ihm Bedenkzeit bis drei Uhr Nachmittags; dann würde er sein
Commando niederlegen. Unterdessen ging er in die Stadt und nach
des Na-waṅ Hause, mit welchem er während der Belagerung in

83) Ein Franzose, der des Mo-waṅ Ermordung beiwohnte, behaup-
tete nachher, von demselben zu Unterhandlungen mit Gordon ermächtigt gewesen
zu sein.
84) Der Verfasser folgt in diesem ganzen Abschnitt meist dem Buche von
Wilson »The ever victorious army«.
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[420/0434] Su-tšau übergeben. Anh. IV. Leichen der gefangenen Europäer wurden später bei Wu-sie gefunden. Auf die Nachricht von diesem Handstreich beschleunigte Major Gordon seine Operationen gegen Su-tšau, welche die Firefly unter kundiger Leitung wohl stören konnte. In der Nacht zum 27. November suchte er das Ostthor zu stürmen, wurde aber mit schwerem Verlust geworfen; am 29. November nahm er ein Aussen- werk dieses Thores. — Unterdessen verhandelten sowohl General Tšiṅ als Gordon insgeheim mit Rebellenführern in der Stadt, die, wie es scheint, jeder den anderen und alle zusammen das gemein- same Haupt, den Mo-waṅ, zu verrathen strebten, der wahr- scheinlich selbst Su-tšau übergeben und allein den Lohn ernten wollte. 83) Der Gang der Ereignisse ist dunkel; auch kommt bei dem Abgrund von Falschheit und Niederträchtigkeit unter die- sem Gesindel wenig darauf an, wer der grösste Schurke war. Der Mo-waṅ fiel unter den Dolchen der anderen Waṅ’s, die ihren Verrath entdeckt sahen und das Prävenire spielten. — Nur um einen Begriff zu geben von der Lage, in welche ehrenhafte Euro- päer im Dienst der chinesischen Regierung gerathen können, möge hier eine Skizze der mit der Uebergabe von Su-tšau verknüpften Ereignisse folgen. 84) An wen die Stadt ausgeliefert wurde, — ob an Major Gordon, General Tšiṅ oder den Fu-tae Li, — scheint ungewiss; übergeben wurde sie gleich nach des Mo-waṅ Ermordung. Kaiserliche Truppen besetzten am 5. December 1863 das Nord- und das Ostthor. Gordon zog seine Truppen zurück, damit sie nicht plünderten, forderte aber, da sie fast alle Kämpfe um Su-tšau ausgefochten hatten, und um sie zum schleunigen Marsch auf Wu-sie zu ver- mögen, vom Fu-tae Li als besondere Gratification einen zwei- monatlichen Sold für seine Schaar. Li sträubte sich; Gordon gab ihm Bedenkzeit bis drei Uhr Nachmittags; dann würde er sein Commando niederlegen. Unterdessen ging er in die Stadt und nach des Na-waṅ Hause, mit welchem er während der Belagerung in 83) Ein Franzose, der des Mo-waṅ Ermordung beiwohnte, behaup- tete nachher, von demselben zu Unterhandlungen mit Gordon ermächtigt gewesen zu sein. 84) Der Verfasser folgt in diesem ganzen Abschnitt meist dem Buche von Wilson »The ever victorious army«.

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/434>, abgerufen am 25.11.2024.