Der königlich preussische General-Consul Herr von Rehfues, welcher am 18. August 1862 in Shang-hae eintraf, ersuchte von da aus den Prinzen von Kun um Ernennung von Bevollmächtigten, mit welchen die Auswechselung der Ratifications-Urkunden des zwischen Preussen und China geschlossenen Vertrages vollzogen werden könnte. Erst Anfang November erhielt Derselbe von den Behörden in Shang-hae die Mittheilung, dass die betreffenden Be- fehle aus Pe-kin eingegangen seien. Der zum kaiserlichen Com- missar ernannte General-Gouverneur Siue beauftragte den Gross- richter von Kian-su, Leu, sich über die Formen der Auswechselung mit Herrn von Rehfues zu verständigen. Die Chinesen sehen näm- lich alle Consuln ohne Unterschied für Beamten zweiten Ranges an und lassen selbst die diplomatische Eigenschaft der General- Consuln nicht gelten. Auf diesen Grundsatz gestützt weigerte sich Siue als Mandarin des rothen Knopfes ohne Abzeichen, -- also ersten Ranges, -- mit Herrn von Rehfues persönlich zu verhan- deln. Der Grossrichter Leu, vom blauen Knopfe, traf nach einigen Schwierigkeiten wegen der Zahl der auszutauschenden ratificirten Exemplare mit dem Legationssecretär Herrn von Radowitz die nöthigen Verabredungen. Im Vertrage war einfach gesagt, dass derselbe durch Seine Majestät den König von Preussen und durch den Kaiser von China ratificirt werden solle. Herr von Rehfues hatte dagegen den Auftrag, die von sämmtlichen contrahirenden deutschen Staaten einzeln ratificirten 23 Exemplare wo möglich ge- gen ebensoviele vom Kaiser von China ratificirte auszutauschen. Da aber die chinesische Form der Ratification die Auswechselung von Original-Exemplaren fordert, so war dieser Zwiespalt nicht vollständig zu lösen.
Am 14. Januar 1863 wurde der feierliche Act im Yamum des höchsten Gerichtshofes zu Shang-hae vollzogen. Von chinesischer Seite war ausser dem Grossrichter und stellvertretenden Schatz- meister Leu der Tau-tae gegenwärtig. Der erste Dolmetscher des kaiserlich französischen Consulates, Herr Lemaire, hatte die Güte,
Der königlich preussische General-Consul Herr von Rehfues, welcher am 18. August 1862 in Shang-hae eintraf, ersuchte von da aus den Prinzen von Kuṅ um Ernennung von Bevollmächtigten, mit welchen die Auswechselung der Ratifications-Urkunden des zwischen Preussen und China geschlossenen Vertrages vollzogen werden könnte. Erst Anfang November erhielt Derselbe von den Behörden in Shang-hae die Mittheilung, dass die betreffenden Be- fehle aus Pe-kiṅ eingegangen seien. Der zum kaiserlichen Com- missar ernannte General-Gouverneur Siuë beauftragte den Gross- richter von Kiaṅ-su, Lëu, sich über die Formen der Auswechselung mit Herrn von Rehfues zu verständigen. Die Chinesen sehen näm- lich alle Consuln ohne Unterschied für Beamten zweiten Ranges an und lassen selbst die diplomatische Eigenschaft der General- Consuln nicht gelten. Auf diesen Grundsatz gestützt weigerte sich Siuë als Mandarin des rothen Knopfes ohne Abzeichen, — also ersten Ranges, — mit Herrn von Rehfues persönlich zu verhan- deln. Der Grossrichter Lëu, vom blauen Knopfe, traf nach einigen Schwierigkeiten wegen der Zahl der auszutauschenden ratificirten Exemplare mit dem Legationssecretär Herrn von Radowitz die nöthigen Verabredungen. Im Vertrage war einfach gesagt, dass derselbe durch Seine Majestät den König von Preussen und durch den Kaiser von China ratificirt werden solle. Herr von Rehfues hatte dagegen den Auftrag, die von sämmtlichen contrahirenden deutschen Staaten einzeln ratificirten 23 Exemplare wo möglich ge- gen ebensoviele vom Kaiser von China ratificirte auszutauschen. Da aber die chinesische Form der Ratification die Auswechselung von Original-Exemplaren fordert, so war dieser Zwiespalt nicht vollständig zu lösen.
Am 14. Januar 1863 wurde der feierliche Act im Yamum des höchsten Gerichtshofes zu Shang-hae vollzogen. Von chinesischer Seite war ausser dem Grossrichter und stellvertretenden Schatz- meister Lëu der Tau-tae gegenwärtig. Der erste Dolmetscher des kaiserlich französischen Consulates, Herr Lemaire, hatte die Güte,
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Der königlich preussische General-Consul Herr von Rehfues,
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da aus den Prinzen von Kuṅ um Ernennung von Bevollmächtigten,
mit welchen die Auswechselung der Ratifications-Urkunden des
zwischen Preussen und China geschlossenen Vertrages vollzogen
werden könnte. Erst Anfang November erhielt Derselbe von den
Behörden in Shang-hae die Mittheilung, dass die betreffenden Be-
fehle aus Pe-kiṅ eingegangen seien. Der zum kaiserlichen Com-
missar ernannte General-Gouverneur Siuë beauftragte den Gross-
richter von Kiaṅ-su, Lëu, sich über die Formen der Auswechselung
mit Herrn von Rehfues zu verständigen. Die Chinesen sehen näm-
lich alle Consuln ohne Unterschied für Beamten zweiten Ranges
an und lassen selbst die diplomatische Eigenschaft der General-
Consuln nicht gelten. Auf diesen Grundsatz gestützt weigerte sich
Siuë als Mandarin des rothen Knopfes ohne Abzeichen, — also
ersten Ranges, — mit Herrn von Rehfues persönlich zu verhan-
deln. Der Grossrichter Lëu, vom blauen Knopfe, traf nach einigen
Schwierigkeiten wegen der Zahl der auszutauschenden ratificirten
Exemplare mit dem Legationssecretär Herrn von Radowitz die
nöthigen Verabredungen. Im Vertrage war einfach gesagt, dass
derselbe durch Seine Majestät den König von Preussen und durch
den Kaiser von China ratificirt werden solle. Herr von Rehfues
hatte dagegen den Auftrag, die von sämmtlichen contrahirenden
deutschen Staaten einzeln ratificirten 23 Exemplare wo möglich ge-
gen ebensoviele vom Kaiser von China ratificirte auszutauschen.
Da aber die chinesische Form der Ratification die Auswechselung
von Original-Exemplaren fordert, so war dieser Zwiespalt nicht
vollständig zu lösen.
Am 14. Januar 1863 wurde der feierliche Act im Yamum des
höchsten Gerichtshofes zu Shang-hae vollzogen. Von chinesischer
Seite war ausser dem Grossrichter und stellvertretenden Schatz-
meister Lëu der Tau-tae gegenwärtig. Der erste Dolmetscher des
kaiserlich französischen Consulates, Herr Lemaire, hatte die Güte,
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. [397]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/411>, abgerufen am 22.11.2024.
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