Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.XXII. bepackten Elephanten mit einigen Seesoldaten und dem chinesischenKoch des Gesandten obenauf. -- Nun kam der Ortsvorstand mit Fackelträgern, machte Zeichen dass er unterrichtet sei, führte uns nach einem anderen von elenden Baracken umgebenen Hof und in ein stallartiges Gebäude, dessen Fussboden voll Unrath und Steine lag. Dieses Quartier wurde zurückgewiesen; wir suchten uns einst- weilen eine Holzbaracke aus, zu der zerbrochene Leitern hinanführ- ten; da konnte man sich wenigstens auf den Boden strecken. Zu essen gab es nicht, wir waren ohne Dolmetscher hülflos. Gegen neun kam Graf Eulenburg mit den Reisegefährten. XXII. bepackten Elephanten mit einigen Seesoldaten und dem chinesischenKoch des Gesandten obenauf. — Nun kam der Ortsvorstand mit Fackelträgern, machte Zeichen dass er unterrichtet sei, führte uns nach einem anderen von elenden Baracken umgebenen Hof und in ein stallartiges Gebäude, dessen Fussboden voll Unrath und Steine lag. Dieses Quartier wurde zurückgewiesen; wir suchten uns einst- weilen eine Holzbaracke aus, zu der zerbrochene Leitern hinanführ- ten; da konnte man sich wenigstens auf den Boden strecken. Zu essen gab es nicht, wir waren ohne Dolmetscher hülflos. Gegen neun kam Graf Eulenburg mit den Reisegefährten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0322" n="308"/><fw place="top" type="header">XXII.</fw><lb/> bepackten Elephanten mit einigen Seesoldaten und dem chinesischen<lb/> Koch des Gesandten obenauf. — Nun kam der Ortsvorstand mit<lb/> Fackelträgern, machte Zeichen dass er unterrichtet sei, führte uns<lb/> nach einem anderen von elenden Baracken umgebenen Hof und in<lb/> ein stallartiges Gebäude, dessen Fussboden voll Unrath und Steine<lb/> lag. Dieses Quartier wurde zurückgewiesen; wir suchten uns einst-<lb/> weilen eine Holzbaracke aus, zu der zerbrochene Leitern hinanführ-<lb/> ten; da konnte man sich wenigstens auf den Boden strecken. Zu<lb/> essen gab es nicht, wir waren ohne Dolmetscher hülflos.</p><lb/> <p>Gegen neun kam Graf <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119178931">Eulenburg</persName> mit den Reisegefährten.<lb/> Das schmutzige Nachtquartier und der Mangel jeder Vorbereitung<lb/> waren keine angenehme Ueberraschung, nachdem die Grossen in<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Baṅkok</placeName></hi> den glänzendsten Empfang verheissen hatten. Im Hof<lb/> kauerte ein Haufen zerlumpter Siamesen um das Feuer, »Leute aus<lb/> dem Walde, Holzhauer«, sagte der Ortsvorstand, »die eben wie<lb/> der Gesandte hier Aufnahme fänden«. Sie sollten die engen Räume<lb/> mit uns theilen. Das Haus des <persName ref="nognd">Prinzen <hi rendition="#k">Khroma-luaṅ</hi></persName> bewohnte<lb/> ein Dutzend schmutziger Bonzen: in jener von uns ausgesuchten<lb/> Baracke wollte Graf <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119178931">Eulenburg</persName> nicht übernachten; unter freiem<lb/> Himmel auf Koffern und Kasten sitzend harrten wir geduldig des<lb/> Herrn <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Senna Pagdi</persName></hi>, der bald nach elf Uhr ankam. Die Beschwer-<lb/> den des Gesandten beantwortete er zuerst mit unverschämtem Lachen,<lb/> kroch aber, hart angelassen, ganz demüthig zu Kreuze und begann<lb/> sich zu rühren. Rechts und links wurden die Trabanten angeblasen,<lb/> der Ortsvorstand gab es seinen Untergebenen weiter, die ganze<lb/> Schaar kam in Trab. Zunächst wurden die Bonzen aus des Prinzen<lb/> Hause complimentirt, hinterliessen aber solchen Schmutz und Parfüm,<lb/> dass wir die Erbschaft nicht antreten mochten. Dann wurde schnell<lb/> ein besseres Haus eingerichtet, wo der König bei seiner letzten<lb/> Anwesenheit gewohnt hatte: man belegte den Boden mit reinlichen<lb/> Matten, hing eine Menge Lampen auf, baute aus Planken und<lb/> Kasten Tische und Bänke und zündete aussen ringsum grosse Feuer<lb/> an. — Seit elf Uhr Morgens nüchtern hatten wir dem Ortsvorsteher<lb/> oder »Governor« wie der Dolmetsch ihn nannte, seine hohe Würde<lb/> nicht ahnend, zwei <hi rendition="#k">Tikal</hi> zum Ankauf von Hühnern gegeben. Bald<lb/> erschien er dann auch mit einer gackernden schwarzen Henne und<lb/> behielt sie, bald geschäftig herumrennend, bald am Boden hockend<lb/> und Befehle gebend, die ganze Zeit fest im Arme geklammert; zwei<lb/><hi rendition="#k">Tikal</hi>, fast zwei Thaler sollte sie kosten, wofür man in <hi rendition="#k"><placeName>Siam</placeName></hi> ein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [308/0322]
XXII.
bepackten Elephanten mit einigen Seesoldaten und dem chinesischen
Koch des Gesandten obenauf. — Nun kam der Ortsvorstand mit
Fackelträgern, machte Zeichen dass er unterrichtet sei, führte uns
nach einem anderen von elenden Baracken umgebenen Hof und in
ein stallartiges Gebäude, dessen Fussboden voll Unrath und Steine
lag. Dieses Quartier wurde zurückgewiesen; wir suchten uns einst-
weilen eine Holzbaracke aus, zu der zerbrochene Leitern hinanführ-
ten; da konnte man sich wenigstens auf den Boden strecken. Zu
essen gab es nicht, wir waren ohne Dolmetscher hülflos.
Gegen neun kam Graf Eulenburg mit den Reisegefährten.
Das schmutzige Nachtquartier und der Mangel jeder Vorbereitung
waren keine angenehme Ueberraschung, nachdem die Grossen in
Baṅkok den glänzendsten Empfang verheissen hatten. Im Hof
kauerte ein Haufen zerlumpter Siamesen um das Feuer, »Leute aus
dem Walde, Holzhauer«, sagte der Ortsvorstand, »die eben wie
der Gesandte hier Aufnahme fänden«. Sie sollten die engen Räume
mit uns theilen. Das Haus des Prinzen Khroma-luaṅ bewohnte
ein Dutzend schmutziger Bonzen: in jener von uns ausgesuchten
Baracke wollte Graf Eulenburg nicht übernachten; unter freiem
Himmel auf Koffern und Kasten sitzend harrten wir geduldig des
Herrn Senna Pagdi, der bald nach elf Uhr ankam. Die Beschwer-
den des Gesandten beantwortete er zuerst mit unverschämtem Lachen,
kroch aber, hart angelassen, ganz demüthig zu Kreuze und begann
sich zu rühren. Rechts und links wurden die Trabanten angeblasen,
der Ortsvorstand gab es seinen Untergebenen weiter, die ganze
Schaar kam in Trab. Zunächst wurden die Bonzen aus des Prinzen
Hause complimentirt, hinterliessen aber solchen Schmutz und Parfüm,
dass wir die Erbschaft nicht antreten mochten. Dann wurde schnell
ein besseres Haus eingerichtet, wo der König bei seiner letzten
Anwesenheit gewohnt hatte: man belegte den Boden mit reinlichen
Matten, hing eine Menge Lampen auf, baute aus Planken und
Kasten Tische und Bänke und zündete aussen ringsum grosse Feuer
an. — Seit elf Uhr Morgens nüchtern hatten wir dem Ortsvorsteher
oder »Governor« wie der Dolmetsch ihn nannte, seine hohe Würde
nicht ahnend, zwei Tikal zum Ankauf von Hühnern gegeben. Bald
erschien er dann auch mit einer gackernden schwarzen Henne und
behielt sie, bald geschäftig herumrennend, bald am Boden hockend
und Befehle gebend, die ganze Zeit fest im Arme geklammert; zwei
Tikal, fast zwei Thaler sollte sie kosten, wofür man in Siam ein
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