ganz unterbrochen; nur die katholische Mission hielt die Gemeinde zusammen. Phendin-klan erlaubte der portugiesischen Regierung einen Consul in Bankok zu ernennen, ohne demselben irgend ein Recht zu gewähren. -- Der fremde Handel scheint in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ganz geruht zu haben; im Anfang des 19. fristete er unter despotischer Bedrückung ein elendes Dasein. Der König hatte das Vorkaufsrecht; auf seinen Namen erstanden die Grossen den besten Theil jeder Schiffsladung und machten da- für die Preise, Niemand anders durfte auf die eingeführten Waaren bieten. Ihre Ausfuhr mussten die Fremden von denselben Grossen kaufen, welche die Landesproducte zu den niedrigsten Preisen er- standen, aber von den Ausländern die höchsten erpressten.
1822 schickte der englische General-Gouverneur von Ost- Indien einen Agenten nach Bankok, der persönlich ganz glimpflich, in seiner amtlichen Eigenschaft aber mit gesuchter Grobheit be- handelt wurde. Der Empfang war elend, die angewiesene Woh- nung ein Schuppen ohne Licht und Luft, zu dem man von unten durch eine Fallthür oder durchs Fenster auf Leitern hinanstieg. Damals regierte noch der schwache Phendin-klan unter Vormund- schaft seines illegitimen Sohnes, der 1825 als Phra-tsao-phrasat- thon den Thron bestieg und erst 1851 das Reich dem recht- mässigen Erben hinterlassen musste. -- Mr. Crawfurd und seine Begleiter sollten als Gefangene behandelt werden bis zur Audienz. die man willkürlich verzögerte. Als Dolmetscher und Vermittler dienten Malayen und andere einflussreiche Moslem, die aus den Bedrückungen des Handels Gewinn zogen; Mr. Crawfurd's eigene Dolmetscher wurden nicht einmal zur Audienz beim Prinzen zu- gelassen, die Engländer hatten Mühe, sich der Grobheiten jener Malayen und untergeordneter Beamten zu erwehren. Ueber die feierliche Audienz wurde lange unterhandelt und jedes Pünctchen festgestellt; die Siamesen argwöhnten, Mr. Crawfurd wolle den König dabei brusquiren. Mit Gepränge wurden die Briten grade nicht zum König geführt; vom Landungsplatz bis zum Thor des Palastes trug man sie in Netz-Hängematten, an die sie sich krampf- haft festklammerten; ihre Wache und Dienerschaft blieb ausser- halb des Thores. Dann nahm man ihnen die Degen ab; ohne Schuhe mussten sie durch die weiten Höfe wandern. Der schmutzige Pomp der dort aufgestellten Garden scheint noch toller gewesen zu sein, als 1862. -- Die Audienz glich in der Anordnung den
ganz unterbrochen; nur die katholische Mission hielt die Gemeinde zusammen. Phendin-klaṅ erlaubte der portugiesischen Regierung einen Consul in Baṅkok zu ernennen, ohne demselben irgend ein Recht zu gewähren. — Der fremde Handel scheint in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ganz geruht zu haben; im Anfang des 19. fristete er unter despotischer Bedrückung ein elendes Dasein. Der König hatte das Vorkaufsrecht; auf seinen Namen erstanden die Grossen den besten Theil jeder Schiffsladung und machten da- für die Preise, Niemand anders durfte auf die eingeführten Waaren bieten. Ihre Ausfuhr mussten die Fremden von denselben Grossen kaufen, welche die Landesproducte zu den niedrigsten Preisen er- standen, aber von den Ausländern die höchsten erpressten.
1822 schickte der englische General-Gouverneur von Ost- Indien einen Agenten nach Baṅkok, der persönlich ganz glimpflich, in seiner amtlichen Eigenschaft aber mit gesuchter Grobheit be- handelt wurde. Der Empfang war elend, die angewiesene Woh- nung ein Schuppen ohne Licht und Luft, zu dem man von unten durch eine Fallthür oder durchs Fenster auf Leitern hinanstieg. Damals regierte noch der schwache Phendin-klaṅ unter Vormund- schaft seines illegitimen Sohnes, der 1825 als Phra-tšao-phrasat- thoṅ den Thron bestieg und erst 1851 das Reich dem recht- mässigen Erben hinterlassen musste. — Mr. Crawfurd und seine Begleiter sollten als Gefangene behandelt werden bis zur Audienz. die man willkürlich verzögerte. Als Dolmetscher und Vermittler dienten Malayen und andere einflussreiche Moslem, die aus den Bedrückungen des Handels Gewinn zogen; Mr. Crawfurd’s eigene Dolmetscher wurden nicht einmal zur Audienz beim Prinzen zu- gelassen, die Engländer hatten Mühe, sich der Grobheiten jener Malayen und untergeordneter Beamten zu erwehren. Ueber die feierliche Audienz wurde lange unterhandelt und jedes Pünctchen festgestellt; die Siamesen argwöhnten, Mr. Crawfurd wolle den König dabei brusquiren. Mit Gepränge wurden die Briten grade nicht zum König geführt; vom Landungsplatz bis zum Thor des Palastes trug man sie in Netz-Hängematten, an die sie sich krampf- haft festklammerten; ihre Wache und Dienerschaft blieb ausser- halb des Thores. Dann nahm man ihnen die Degen ab; ohne Schuhe mussten sie durch die weiten Höfe wandern. Der schmutzige Pomp der dort aufgestellten Garden scheint noch toller gewesen zu sein, als 1862. — Die Audienz glich in der Anordnung den
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Englische Gesandtschaft unter Crawfurd. XXI.
ganz unterbrochen; nur die katholische Mission hielt die Gemeinde
zusammen. Phendin-klaṅ erlaubte der portugiesischen Regierung
einen Consul in Baṅkok zu ernennen, ohne demselben irgend ein
Recht zu gewähren. — Der fremde Handel scheint in der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts ganz geruht zu haben; im Anfang des
19. fristete er unter despotischer Bedrückung ein elendes Dasein.
Der König hatte das Vorkaufsrecht; auf seinen Namen erstanden
die Grossen den besten Theil jeder Schiffsladung und machten da-
für die Preise, Niemand anders durfte auf die eingeführten Waaren
bieten. Ihre Ausfuhr mussten die Fremden von denselben Grossen
kaufen, welche die Landesproducte zu den niedrigsten Preisen er-
standen, aber von den Ausländern die höchsten erpressten.
1822 schickte der englische General-Gouverneur von Ost-
Indien einen Agenten nach Baṅkok, der persönlich ganz glimpflich,
in seiner amtlichen Eigenschaft aber mit gesuchter Grobheit be-
handelt wurde. Der Empfang war elend, die angewiesene Woh-
nung ein Schuppen ohne Licht und Luft, zu dem man von unten
durch eine Fallthür oder durchs Fenster auf Leitern hinanstieg.
Damals regierte noch der schwache Phendin-klaṅ unter Vormund-
schaft seines illegitimen Sohnes, der 1825 als Phra-tšao-phrasat-
thoṅ den Thron bestieg und erst 1851 das Reich dem recht-
mässigen Erben hinterlassen musste. — Mr. Crawfurd und seine
Begleiter sollten als Gefangene behandelt werden bis zur Audienz.
die man willkürlich verzögerte. Als Dolmetscher und Vermittler
dienten Malayen und andere einflussreiche Moslem, die aus den
Bedrückungen des Handels Gewinn zogen; Mr. Crawfurd’s eigene
Dolmetscher wurden nicht einmal zur Audienz beim Prinzen zu-
gelassen, die Engländer hatten Mühe, sich der Grobheiten jener
Malayen und untergeordneter Beamten zu erwehren. Ueber die
feierliche Audienz wurde lange unterhandelt und jedes Pünctchen
festgestellt; die Siamesen argwöhnten, Mr. Crawfurd wolle den
König dabei brusquiren. Mit Gepränge wurden die Briten grade
nicht zum König geführt; vom Landungsplatz bis zum Thor des
Palastes trug man sie in Netz-Hängematten, an die sie sich krampf-
haft festklammerten; ihre Wache und Dienerschaft blieb ausser-
halb des Thores. Dann nahm man ihnen die Degen ab; ohne
Schuhe mussten sie durch die weiten Höfe wandern. Der schmutzige
Pomp der dort aufgestellten Garden scheint noch toller gewesen
zu sein, als 1862. — Die Audienz glich in der Anordnung den
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/260>, abgerufen am 17.07.2024.
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