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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XXI. Französische Truppen in Siam.

An den gelehrten Jesuiten fand Phra-Narai viel Gefallen;
sie stellten in seinem Jagdschloss bei Lophaburi57) zu Beobachtung
einer Mondfinsterniss ihre Instrumente auf. Dahin wurde auch
Chaumont beschieden, dessen wichtigste Verabredungen mit Phaul-
kon
natürlich geheim blieben. Nach Frankreich begleiteten ihn drei
siamesische Würdenträger und Pere Tachard, einer der nach Pe-
kin
bestimmten Jesuiten, der jetzt den Auftrag erhielt, von Ludwig
XIV.
und dem Pere La Chaize für Phra-Narai zwölf Mathematiker
aus dem französischen Jesuitencollegium zu erbitten. Der aller-
christlichste König gewährte nicht nur diese, sondern auch ein
französisches Truppencorps, das sich unter Marechal Des Farr-
ges
und Lieutenant-General Bruant mit den Botschaftern De la
Loubere
und Ceberet, mit Tachard, den zwölf Jesuiten und den
siamesischen Gesandten zu Brest im Februar 1687 einschiffte. --
Nach der darüber geschlossenen Convention sollten die französi-
schen Krieger nicht nur als Instructeure der siamesischen, sondern
auch zum Schutze des siamesischen Königs und Staates dienen; sie
sollten zwei feste Plätze besetzen und dort unter Autorität des
Landesherrn von ihren eigenen Officieren commandirt werden.

Während unterdessen die Jesuiten ihre Hoffnungen auf ein
christliches Königreich Siam nährten, -- denn dem Uebertritt des
Königs sollte die Taufe des ganzen Volkes folgen, -- zog sich das
Gewölk über ihren Häuptern immer dichter zusammen. Die Be-
günstigung der Christen erbitterte nicht nur die mächtige Classe
der Bonzen, den ganzen einheimischen Adel und Beamtenstand,
sondern auch die zahlreichen malayischen Moslem. Mit ihnen
scheint Phra-Narai ähnlich wie mit den Christen coquettirt, und
einem persischen Gesandten sogar Aussicht auf baldigen Uebertritt
zum Islam gemacht zu haben. Zwei vertriebene Fürsten von Ma-
cassar
, die in Siam lebten, zettelten eine Verschwörung an und
fanden starken Anhang. Das Complott wurde aber vor dem Aus-
bruch verrathen und nach verzweifeltem Kampf unterdrückt. Der
König begnadigte die grössere Zahl der Verschwörer, ohne sie da-
durch zu versöhnen; der Groll brütete weiter und erhielt neue
Nahrung.

Im October 1687 ankerte das französische Geschwader vor
Paknam. Nachdem der König Tachard empfangen und Phaulkon
die nöthigen Anstalten für Ausschiffung der Truppen getroffen hatte,

57) Die französischen Schriftsteller des 17. Jahrhunderts nennen es Louvo.
IV. 16
XXI. Französische Truppen in Siam.

An den gelehrten Jesuiten fand Phra-Narai viel Gefallen;
sie stellten in seinem Jagdschloss bei Lophaburi57) zu Beobachtung
einer Mondfinsterniss ihre Instrumente auf. Dahin wurde auch
Chaumont beschieden, dessen wichtigste Verabredungen mit Phaul-
kon
natürlich geheim blieben. Nach Frankreich begleiteten ihn drei
siamesische Würdenträger und Père Tachard, einer der nach Pe-
kiṅ
bestimmten Jesuiten, der jetzt den Auftrag erhielt, von Ludwig
XIV.
und dem Père La Chaize für Phra-Narai zwölf Mathematiker
aus dem französischen Jesuitencollegium zu erbitten. Der aller-
christlichste König gewährte nicht nur diese, sondern auch ein
französisches Truppencorps, das sich unter Maréchal Des Farr-
ges
und Lieutenant-Général Bruant mit den Botschaftern De la
Loubére
und Ceberet, mit Tachard, den zwölf Jesuiten und den
siamesischen Gesandten zu Brest im Februar 1687 einschiffte. —
Nach der darüber geschlossenen Convention sollten die französi-
schen Krieger nicht nur als Instructeure der siamesischen, sondern
auch zum Schutze des siamesischen Königs und Staates dienen; sie
sollten zwei feste Plätze besetzen und dort unter Autorität des
Landesherrn von ihren eigenen Officieren commandirt werden.

Während unterdessen die Jesuiten ihre Hoffnungen auf ein
christliches Königreich Siam nährten, — denn dem Uebertritt des
Königs sollte die Taufe des ganzen Volkes folgen, — zog sich das
Gewölk über ihren Häuptern immer dichter zusammen. Die Be-
günstigung der Christen erbitterte nicht nur die mächtige Classe
der Bonzen, den ganzen einheimischen Adel und Beamtenstand,
sondern auch die zahlreichen malayischen Moslem. Mit ihnen
scheint Phra-Narai ähnlich wie mit den Christen coquettirt, und
einem persischen Gesandten sogar Aussicht auf baldigen Uebertritt
zum Islam gemacht zu haben. Zwei vertriebene Fürsten von Ma-
cassar
, die in Siam lebten, zettelten eine Verschwörung an und
fanden starken Anhang. Das Complott wurde aber vor dem Aus-
bruch verrathen und nach verzweifeltem Kampf unterdrückt. Der
König begnadigte die grössere Zahl der Verschwörer, ohne sie da-
durch zu versöhnen; der Groll brütete weiter und erhielt neue
Nahrung.

Im October 1687 ankerte das französische Geschwader vor
Paknam. Nachdem der König Tachard empfangen und Phaulkon
die nöthigen Anstalten für Ausschiffung der Truppen getroffen hatte,

57) Die französischen Schriftsteller des 17. Jahrhunderts nennen es Louvo.
IV. 16
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[241/0255] XXI. Französische Truppen in Siam. An den gelehrten Jesuiten fand Phra-Narai viel Gefallen; sie stellten in seinem Jagdschloss bei Lophaburi 57) zu Beobachtung einer Mondfinsterniss ihre Instrumente auf. Dahin wurde auch Chaumont beschieden, dessen wichtigste Verabredungen mit Phaul- kon natürlich geheim blieben. Nach Frankreich begleiteten ihn drei siamesische Würdenträger und Père Tachard, einer der nach Pe- kiṅ bestimmten Jesuiten, der jetzt den Auftrag erhielt, von Ludwig XIV. und dem Père La Chaize für Phra-Narai zwölf Mathematiker aus dem französischen Jesuitencollegium zu erbitten. Der aller- christlichste König gewährte nicht nur diese, sondern auch ein französisches Truppencorps, das sich unter Maréchal Des Farr- ges und Lieutenant-Général Bruant mit den Botschaftern De la Loubére und Ceberet, mit Tachard, den zwölf Jesuiten und den siamesischen Gesandten zu Brest im Februar 1687 einschiffte. — Nach der darüber geschlossenen Convention sollten die französi- schen Krieger nicht nur als Instructeure der siamesischen, sondern auch zum Schutze des siamesischen Königs und Staates dienen; sie sollten zwei feste Plätze besetzen und dort unter Autorität des Landesherrn von ihren eigenen Officieren commandirt werden. Während unterdessen die Jesuiten ihre Hoffnungen auf ein christliches Königreich Siam nährten, — denn dem Uebertritt des Königs sollte die Taufe des ganzen Volkes folgen, — zog sich das Gewölk über ihren Häuptern immer dichter zusammen. Die Be- günstigung der Christen erbitterte nicht nur die mächtige Classe der Bonzen, den ganzen einheimischen Adel und Beamtenstand, sondern auch die zahlreichen malayischen Moslem. Mit ihnen scheint Phra-Narai ähnlich wie mit den Christen coquettirt, und einem persischen Gesandten sogar Aussicht auf baldigen Uebertritt zum Islam gemacht zu haben. Zwei vertriebene Fürsten von Ma- cassar, die in Siam lebten, zettelten eine Verschwörung an und fanden starken Anhang. Das Complott wurde aber vor dem Aus- bruch verrathen und nach verzweifeltem Kampf unterdrückt. Der König begnadigte die grössere Zahl der Verschwörer, ohne sie da- durch zu versöhnen; der Groll brütete weiter und erhielt neue Nahrung. Im October 1687 ankerte das französische Geschwader vor Paknam. Nachdem der König Tachard empfangen und Phaulkon die nöthigen Anstalten für Ausschiffung der Truppen getroffen hatte, 57) Die französischen Schriftsteller des 17. Jahrhunderts nennen es Louvo. IV. 16

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/255>, abgerufen am 22.11.2024.