Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.XVII. Die englische Legation. bildend. Das Innere ist ein einziger weiter Saal mit mächtigenFlügelthoren in der Mitte der beiden langen Seiten; der kaiserliche Drachen schmückt hundertfach wiederholt die bunte Täfelung der Decke. Die Engländer bestimmten diesen Raum zum Ballspiel und körperlichen Uebungen und liessen ihn in seinem alten Zustande. Zum zweiten mit Quadern belegten Hof steigt man wieder mehrere Stufen hinab: rechts und links stehen zweistöckige Gebäude, gegen- über ein dem ersten ganz ähnliches Haus auf steinernem Sockel. Das Innere bildet wieder eine mächtige Halle mit gegenüberliegen- den Flügelthoren; es diente den Mitgliedern der Legation als Lese- und Billard-Saal; der Raum zwischen den Thüren war frei; rechts standen bequeme Divans und Sessel, Tische mit Büchern und Zei- tungen, links das grosse Billard. Der dritte Hof, zu welchem man von da hinabsteigt, ist viel grösser als die ersten; auf den kürzeren Seiten rechts und links stehen wieder zweistöckige Häuser, nicht höher als jene einstöckigen, dem Billardsaal gegenüber das Haupt- gebäude der ganzen Anlage, zu dessen Breite eine Treppenflucht aus Quadern hinanführt. Es ist in drei Räume abgetheilt: ein Empfangzimmer in der Mitte, links das grosse Speisezimmer, rechts der Salon des Gesandten. Auf vier Fuss Höhe sind hier die Wände boisirt, darüber bis zur Decke mit gitterartig durchbroche- nem Schnitzwerk belegt, und zwar im Salon auf hellrother, im Ess- zimmer auf strohgelber Unterlage. Die einfachen Möbel stören nicht die Wirkung der chinesischen Decoration; das lebensgrosse Bildniss der Königin Victoria erscheint fast winzig, so gewaltig ist die Höhe der schönen Räume. Den Boden decken feine Matten; der bunte und reich vergoldete Plafond wirkt in der Höhe durch- aus harmonisch, und der dunkelbraune Ton des Holzwerks giebt dem Ganzen bei aller echten Pracht und Kostbarkeit einen Anstrich behaglicher Wärme. Nicht wenig trägt das milde durch reich vergitterte Papierfenster einströmende Licht zum wohnlichen Ein- druck bei. Das früher beschriebene Mattendach gab dem grossen Hofe XVII. Die englische Legation. bildend. Das Innere ist ein einziger weiter Saal mit mächtigenFlügelthoren in der Mitte der beiden langen Seiten; der kaiserliche Drachen schmückt hundertfach wiederholt die bunte Täfelung der Decke. Die Engländer bestimmten diesen Raum zum Ballspiel und körperlichen Uebungen und liessen ihn in seinem alten Zustande. Zum zweiten mit Quadern belegten Hof steigt man wieder mehrere Stufen hinab: rechts und links stehen zweistöckige Gebäude, gegen- über ein dem ersten ganz ähnliches Haus auf steinernem Sockel. Das Innere bildet wieder eine mächtige Halle mit gegenüberliegen- den Flügelthoren; es diente den Mitgliedern der Legation als Lese- und Billard-Saal; der Raum zwischen den Thüren war frei; rechts standen bequeme Divans und Sessel, Tische mit Büchern und Zei- tungen, links das grosse Billard. Der dritte Hof, zu welchem man von da hinabsteigt, ist viel grösser als die ersten; auf den kürzeren Seiten rechts und links stehen wieder zweistöckige Häuser, nicht höher als jene einstöckigen, dem Billardsaal gegenüber das Haupt- gebäude der ganzen Anlage, zu dessen Breite eine Treppenflucht aus Quadern hinanführt. Es ist in drei Räume abgetheilt: ein Empfangzimmer in der Mitte, links das grosse Speisezimmer, rechts der Salon des Gesandten. Auf vier Fuss Höhe sind hier die Wände boisirt, darüber bis zur Decke mit gitterartig durchbroche- nem Schnitzwerk belegt, und zwar im Salon auf hellrother, im Ess- zimmer auf strohgelber Unterlage. Die einfachen Möbel stören nicht die Wirkung der chinesischen Decoration; das lebensgrosse Bildniss der Königin Victoria erscheint fast winzig, so gewaltig ist die Höhe der schönen Räume. Den Boden decken feine Matten; der bunte und reich vergoldete Plafond wirkt in der Höhe durch- aus harmonisch, und der dunkelbraune Ton des Holzwerks giebt dem Ganzen bei aller echten Pracht und Kostbarkeit einen Anstrich behaglicher Wärme. Nicht wenig trägt das milde durch reich vergitterte Papierfenster einströmende Licht zum wohnlichen Ein- druck bei. Das früher beschriebene Mattendach gab dem grossen Hofe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0119" n="105"/><fw place="top" type="header">XVII. Die englische Legation.</fw><lb/> bildend. Das Innere ist ein einziger weiter Saal mit mächtigen<lb/> Flügelthoren in der Mitte der beiden langen Seiten; der kaiserliche<lb/> Drachen schmückt hundertfach wiederholt die bunte Täfelung der<lb/> Decke. Die Engländer bestimmten diesen Raum zum Ballspiel und<lb/> körperlichen Uebungen und liessen ihn in seinem alten Zustande.<lb/> Zum zweiten mit Quadern belegten Hof steigt man wieder mehrere<lb/> Stufen hinab: rechts und links stehen zweistöckige Gebäude, gegen-<lb/> über ein dem ersten ganz ähnliches Haus auf steinernem Sockel.<lb/> Das Innere bildet wieder eine mächtige Halle mit gegenüberliegen-<lb/> den Flügelthoren; es diente den Mitgliedern der Legation als Lese-<lb/> und Billard-Saal; der Raum zwischen den Thüren war frei; rechts<lb/> standen bequeme Divans und Sessel, Tische mit Büchern und Zei-<lb/> tungen, links das grosse Billard. Der dritte Hof, zu welchem man<lb/> von da hinabsteigt, ist viel grösser als die ersten; auf den kürzeren<lb/> Seiten rechts und links stehen wieder zweistöckige Häuser, nicht<lb/> höher als jene einstöckigen, dem Billardsaal gegenüber das Haupt-<lb/> gebäude der ganzen Anlage, zu dessen Breite eine Treppenflucht<lb/> aus Quadern hinanführt. Es ist in drei Räume abgetheilt: ein<lb/> Empfangzimmer in der Mitte, links das grosse Speisezimmer, rechts<lb/> der Salon des Gesandten. Auf vier Fuss Höhe sind hier die<lb/> Wände boisirt, darüber bis zur Decke mit gitterartig durchbroche-<lb/> nem Schnitzwerk belegt, und zwar im Salon auf hellrother, im Ess-<lb/> zimmer auf strohgelber Unterlage. Die einfachen Möbel stören<lb/> nicht die Wirkung der chinesischen Decoration; das lebensgrosse<lb/> Bildniss der Königin <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626876">Victoria</persName> erscheint fast winzig, so gewaltig ist<lb/> die Höhe der schönen Räume. Den Boden decken feine Matten;<lb/> der bunte und reich vergoldete Plafond wirkt in der Höhe durch-<lb/> aus harmonisch, und der dunkelbraune Ton des Holzwerks giebt<lb/> dem Ganzen bei aller echten Pracht und Kostbarkeit einen Anstrich<lb/> behaglicher Wärme. Nicht wenig trägt das milde durch reich<lb/> vergitterte Papierfenster einströmende Licht zum wohnlichen Ein-<lb/> druck bei.</p><lb/> <p>Das früher beschriebene Mattendach gab dem grossen Hofe<lb/> das Ansehn eines mächtigen Zeltes; um Licht und Luft einzulassen<lb/> konnte man die Matten durch Seile nach Bedürfniss aufrollen; es<lb/> war dort immer kühl und dämmerig. Aus dem Boden hatte Herr<lb/><persName ref="vocab.getty.edu/ulan/500247635">Bruce</persName> einen Theil der Quadern ausheben und den gewonnenen<lb/> Raum mit feinem Rasen belegen lassen, auf welchem blühende<lb/> Sträucher grünten. Alle diesen Hof umschliessenden Gebäude waren<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0119]
XVII. Die englische Legation.
bildend. Das Innere ist ein einziger weiter Saal mit mächtigen
Flügelthoren in der Mitte der beiden langen Seiten; der kaiserliche
Drachen schmückt hundertfach wiederholt die bunte Täfelung der
Decke. Die Engländer bestimmten diesen Raum zum Ballspiel und
körperlichen Uebungen und liessen ihn in seinem alten Zustande.
Zum zweiten mit Quadern belegten Hof steigt man wieder mehrere
Stufen hinab: rechts und links stehen zweistöckige Gebäude, gegen-
über ein dem ersten ganz ähnliches Haus auf steinernem Sockel.
Das Innere bildet wieder eine mächtige Halle mit gegenüberliegen-
den Flügelthoren; es diente den Mitgliedern der Legation als Lese-
und Billard-Saal; der Raum zwischen den Thüren war frei; rechts
standen bequeme Divans und Sessel, Tische mit Büchern und Zei-
tungen, links das grosse Billard. Der dritte Hof, zu welchem man
von da hinabsteigt, ist viel grösser als die ersten; auf den kürzeren
Seiten rechts und links stehen wieder zweistöckige Häuser, nicht
höher als jene einstöckigen, dem Billardsaal gegenüber das Haupt-
gebäude der ganzen Anlage, zu dessen Breite eine Treppenflucht
aus Quadern hinanführt. Es ist in drei Räume abgetheilt: ein
Empfangzimmer in der Mitte, links das grosse Speisezimmer, rechts
der Salon des Gesandten. Auf vier Fuss Höhe sind hier die
Wände boisirt, darüber bis zur Decke mit gitterartig durchbroche-
nem Schnitzwerk belegt, und zwar im Salon auf hellrother, im Ess-
zimmer auf strohgelber Unterlage. Die einfachen Möbel stören
nicht die Wirkung der chinesischen Decoration; das lebensgrosse
Bildniss der Königin Victoria erscheint fast winzig, so gewaltig ist
die Höhe der schönen Räume. Den Boden decken feine Matten;
der bunte und reich vergoldete Plafond wirkt in der Höhe durch-
aus harmonisch, und der dunkelbraune Ton des Holzwerks giebt
dem Ganzen bei aller echten Pracht und Kostbarkeit einen Anstrich
behaglicher Wärme. Nicht wenig trägt das milde durch reich
vergitterte Papierfenster einströmende Licht zum wohnlichen Ein-
druck bei.
Das früher beschriebene Mattendach gab dem grossen Hofe
das Ansehn eines mächtigen Zeltes; um Licht und Luft einzulassen
konnte man die Matten durch Seile nach Bedürfniss aufrollen; es
war dort immer kühl und dämmerig. Aus dem Boden hatte Herr
Bruce einen Theil der Quadern ausheben und den gewonnenen
Raum mit feinem Rasen belegen lassen, auf welchem blühende
Sträucher grünten. Alle diesen Hof umschliessenden Gebäude waren
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |