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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Pa-li-kao. XVII.

Erst verfolgten wir die gepflasterte Hauptstrasse und er-
reichten nach halbstündigem Ritt die Brücke von Pa-lik-ao, nach
welcher die Schlacht vom 21. September 1860 benannt wurde, ein
stattliches Bauwerk von weissem Marmor. Die Truppen der Alliir-
ten müssen hier arg gehaust haben: ein armer Landmann erzählte
Herrn de Meritens, französische Soldaten hätten seine ganze Fa-
milie umgebracht. -- Wir holten bei der Brücke Tsun-luen ein,
der kurz vor dem Gesandten in Tun-tsau eintraf und die Reise
bis zum Thor der Hauptstadt in seiner Sänfte fortsetzte, dann aber
einen Karren besteigen wollte; denn nur Personen aus der kaiser-
lichen Familie dürften sich in Pe-kin der Sänften bedienen. --
Herr de Meritens führte den Gesandten zu einem abseits der Strasse
gelegenen Familiengrab: eine Brücke von weissem Marmor, die,
wohl symbolisch, bei solchen Anlagen auch wo der Boden ganz
trocken ist niemals fehlt, bildet den Zugang; dann folgen zu beiden
Seiten in regelmässigen Abständen von etwa funfzehn Fuss zuerst
mehrere Säulen, dann riesige Schildkröten mit Löwenköpfen, auf
dem Rücken verzierte Pfeiler mit Inschriften tragend, dann ein
schönes Portal, das Alles aus weissem Marmor. Bäume stehen auf
beiden Seiten dieses Ganges, der zu einem von dichten Wipfeln
beschatteten Rasenplatz führt. Jenseit mündet das Thor des
mauerumschlossenen Hofes, wo unter dunkelen Kiefern fünf backofen-
artige roth gestrichene Gräber schmucklos auf grünem Moosteppich
ruhen. Das Ganze ist gut gehalten, der Eindruck ernst und feier-
lich, nicht trübe. Aehnliche Familiengräber, bei denen oft Widder-,
Pferde-, Löwen- und Menschenbilder den Zugang bewachen, giebt
es bei Pe-kin viele.

Bei der Brücke von Pa-lik-ao verliessen wir die grosse
Strasse und folgten auf Feldwegen dem Südufer des Canales, der
von Pe-kin her starkes Gefälle hat; mehrere Schleusen auf dieser
Strecke waren beim Anmarsch des Barbarenheeres 1860 vermauert
worden, so dass Boote in kurzen Zwischenräumen umgeladen wer-
den mussten. Dörfer und Tempel säumen die gartenartig angebauten
buschigen Ufer. Ein thurmartiger Thorbau tauchte schon auf weite
Entfernung vor uns auf; gegen zwölf ritten wir durch das nord-
östliche Eckthor der Chinesenstadt ein, dann innerhalb unter der
Südmauer der Tartarenstadt hin bis zu deren östlichem Thore
Hata-men, in welches wir einbogen. Gleich links von der dort
mündenden Hauptstrasse liegt an einer Nebengasse der französische

Pa-li-kao. XVII.

Erst verfolgten wir die gepflasterte Hauptstrasse und er-
reichten nach halbstündigem Ritt die Brücke von Pa-lik-ao, nach
welcher die Schlacht vom 21. September 1860 benannt wurde, ein
stattliches Bauwerk von weissem Marmor. Die Truppen der Alliir-
ten müssen hier arg gehaust haben: ein armer Landmann erzählte
Herrn de Méritens, französische Soldaten hätten seine ganze Fa-
milie umgebracht. — Wir holten bei der Brücke Tsuṅ-luen ein,
der kurz vor dem Gesandten in Tuṅ-tšau eintraf und die Reise
bis zum Thor der Hauptstadt in seiner Sänfte fortsetzte, dann aber
einen Karren besteigen wollte; denn nur Personen aus der kaiser-
lichen Familie dürften sich in Pe-kiṅ der Sänften bedienen. —
Herr de Méritens führte den Gesandten zu einem abseits der Strasse
gelegenen Familiengrab: eine Brücke von weissem Marmor, die,
wohl symbolisch, bei solchen Anlagen auch wo der Boden ganz
trocken ist niemals fehlt, bildet den Zugang; dann folgen zu beiden
Seiten in regelmässigen Abständen von etwa funfzehn Fuss zuerst
mehrere Säulen, dann riesige Schildkröten mit Löwenköpfen, auf
dem Rücken verzierte Pfeiler mit Inschriften tragend, dann ein
schönes Portal, das Alles aus weissem Marmor. Bäume stehen auf
beiden Seiten dieses Ganges, der zu einem von dichten Wipfeln
beschatteten Rasenplatz führt. Jenseit mündet das Thor des
mauerumschlossenen Hofes, wo unter dunkelen Kiefern fünf backofen-
artige roth gestrichene Gräber schmucklos auf grünem Moosteppich
ruhen. Das Ganze ist gut gehalten, der Eindruck ernst und feier-
lich, nicht trübe. Aehnliche Familiengräber, bei denen oft Widder-,
Pferde-, Löwen- und Menschenbilder den Zugang bewachen, giebt
es bei Pe-kiṅ viele.

Bei der Brücke von Pa-lik-ao verliessen wir die grosse
Strasse und folgten auf Feldwegen dem Südufer des Canales, der
von Pe-kiṅ her starkes Gefälle hat; mehrere Schleusen auf dieser
Strecke waren beim Anmarsch des Barbarenheeres 1860 vermauert
worden, so dass Boote in kurzen Zwischenräumen umgeladen wer-
den mussten. Dörfer und Tempel säumen die gartenartig angebauten
buschigen Ufer. Ein thurmartiger Thorbau tauchte schon auf weite
Entfernung vor uns auf; gegen zwölf ritten wir durch das nord-
östliche Eckthor der Chinesenstadt ein, dann innerhalb unter der
Südmauer der Tartarenstadt hin bis zu deren östlichem Thore
Hata-men, in welches wir einbogen. Gleich links von der dort
mündenden Hauptstrasse liegt an einer Nebengasse der französische

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[102/0116] Pa-li-kao. XVII. Erst verfolgten wir die gepflasterte Hauptstrasse und er- reichten nach halbstündigem Ritt die Brücke von Pa-lik-ao, nach welcher die Schlacht vom 21. September 1860 benannt wurde, ein stattliches Bauwerk von weissem Marmor. Die Truppen der Alliir- ten müssen hier arg gehaust haben: ein armer Landmann erzählte Herrn de Méritens, französische Soldaten hätten seine ganze Fa- milie umgebracht. — Wir holten bei der Brücke Tsuṅ-luen ein, der kurz vor dem Gesandten in Tuṅ-tšau eintraf und die Reise bis zum Thor der Hauptstadt in seiner Sänfte fortsetzte, dann aber einen Karren besteigen wollte; denn nur Personen aus der kaiser- lichen Familie dürften sich in Pe-kiṅ der Sänften bedienen. — Herr de Méritens führte den Gesandten zu einem abseits der Strasse gelegenen Familiengrab: eine Brücke von weissem Marmor, die, wohl symbolisch, bei solchen Anlagen auch wo der Boden ganz trocken ist niemals fehlt, bildet den Zugang; dann folgen zu beiden Seiten in regelmässigen Abständen von etwa funfzehn Fuss zuerst mehrere Säulen, dann riesige Schildkröten mit Löwenköpfen, auf dem Rücken verzierte Pfeiler mit Inschriften tragend, dann ein schönes Portal, das Alles aus weissem Marmor. Bäume stehen auf beiden Seiten dieses Ganges, der zu einem von dichten Wipfeln beschatteten Rasenplatz führt. Jenseit mündet das Thor des mauerumschlossenen Hofes, wo unter dunkelen Kiefern fünf backofen- artige roth gestrichene Gräber schmucklos auf grünem Moosteppich ruhen. Das Ganze ist gut gehalten, der Eindruck ernst und feier- lich, nicht trübe. Aehnliche Familiengräber, bei denen oft Widder-, Pferde-, Löwen- und Menschenbilder den Zugang bewachen, giebt es bei Pe-kiṅ viele. Bei der Brücke von Pa-lik-ao verliessen wir die grosse Strasse und folgten auf Feldwegen dem Südufer des Canales, der von Pe-kiṅ her starkes Gefälle hat; mehrere Schleusen auf dieser Strecke waren beim Anmarsch des Barbarenheeres 1860 vermauert worden, so dass Boote in kurzen Zwischenräumen umgeladen wer- den mussten. Dörfer und Tempel säumen die gartenartig angebauten buschigen Ufer. Ein thurmartiger Thorbau tauchte schon auf weite Entfernung vor uns auf; gegen zwölf ritten wir durch das nord- östliche Eckthor der Chinesenstadt ein, dann innerhalb unter der Südmauer der Tartarenstadt hin bis zu deren östlichem Thore Hata-men, in welches wir einbogen. Gleich links von der dort mündenden Hauptstrasse liegt an einer Nebengasse der französische

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/116>, abgerufen am 23.11.2024.