auf die Hauptstadt seinen Forderungen das Wort, und wurden darin von dem russischen Minister-Residenten, Oberst von Balluzek, wel- cher in der zweiten Hälfte des Juli nach Pe-kin kam, kräftig unterstützt.
Die Commissare baten Herrn de Meritens schon nach wenigen Tagen, den Gesandten zu besänftigen: sie wollten die meisten Ein- wendungen gegen den revidirten Entwurf gänzlich fallen lassen. Graf Eulenburg beantwortete darauf am 3. August ihre Schreiben, hielt ihnen ihren Wankelmuth vor, und erklärte sich zu einigen formellen Aenderungen bereit, sofern der Sinn und Inhalt der Be- stimmungen darunter nicht litte. Zugleich meldete er den Com- missaren, dass Herr de Meritens Herrn Marques als Dolmetscher vertreten werde. -- Von da an war der Gesandte der langen un- fruchtbaren Conferenzen enthoben; er konnte nach gehöriger In- struirung Herrn de Meritens die mündlichen Verhandlungen mit Sicherheit überlassen. Auf den 7. August sagten die Commissare sich zum Frühstück an und thaten dabei sehr freundschaftlich. Geschäftliches wurde kaum besprochen, denn auch sie zogen die Vermittelung des französischen Secretärs dem directen Verhandeln vor. Des Chinesischen vollkommen mächtig einigte sich derselbe leicht mit ihnen über formelle Aenderungen, welche grossentheils auf sprachliche Eleganz zielten, und setzte in allen wesentlichen Puncten die Forderungen des Gesandten fast bedingungslos durch. Die Qualität der Consuln, die Gültigkeit des deutschen Textes und das Recht der Deutschen, im Inneren von China zu reisen, boten dabei die grössten Schwierigkeiten.
Im ersten Punct setzte Graf Eulenburg trotz heftigen Wider- standes der Chinesen durch, dass eine Verpflichtung der preussischen Regierung, nur Beamte, nicht Kaufleute zu Consuln zu ernennen, im Vertrage nicht ausgedrückt würde; er versprach dagegen in einem amtlichen Schreiben, dem königlichen Minister des Auswär- tigen die Nothwendigkeit der Ernennung von diplomatischen Con- suln vorzustellen, welche durchaus in den Verhältnissen begründet war. -- Das Recht der Hansestädte auf gesonderte consularische Vertretung in einem Separat-Artikel auszudrücken, erlaubten die Commissare nur unter der Bedingung, dass derselbe im Text des Vertrages nicht erwähnt werde, und dass seine Ratification in der des Vertrages mit eingeschlossen sein solle. Sie hielten sich dabei an die Präcedenz des englischen und des französischen Vertrages, bei welchen es mit den Separat-Artikeln ebenso gehalten wurde.
XVI. Weitere Verhandlungen
auf die Hauptstadt seinen Forderungen das Wort, und wurden darin von dem russischen Minister-Residenten, Oberst von Balluzek, wel- cher in der zweiten Hälfte des Juli nach Pe-kiṅ kam, kräftig unterstützt.
Die Commissare baten Herrn de Méritens schon nach wenigen Tagen, den Gesandten zu besänftigen: sie wollten die meisten Ein- wendungen gegen den revidirten Entwurf gänzlich fallen lassen. Graf Eulenburg beantwortete darauf am 3. August ihre Schreiben, hielt ihnen ihren Wankelmuth vor, und erklärte sich zu einigen formellen Aenderungen bereit, sofern der Sinn und Inhalt der Be- stimmungen darunter nicht litte. Zugleich meldete er den Com- missaren, dass Herr de Méritens Herrn Marques als Dolmetscher vertreten werde. — Von da an war der Gesandte der langen un- fruchtbaren Conferenzen enthoben; er konnte nach gehöriger In- struirung Herrn de Méritens die mündlichen Verhandlungen mit Sicherheit überlassen. Auf den 7. August sagten die Commissare sich zum Frühstück an und thaten dabei sehr freundschaftlich. Geschäftliches wurde kaum besprochen, denn auch sie zogen die Vermittelung des französischen Secretärs dem directen Verhandeln vor. Des Chinesischen vollkommen mächtig einigte sich derselbe leicht mit ihnen über formelle Aenderungen, welche grossentheils auf sprachliche Eleganz zielten, und setzte in allen wesentlichen Puncten die Forderungen des Gesandten fast bedingungslos durch. Die Qualität der Consuln, die Gültigkeit des deutschen Textes und das Recht der Deutschen, im Inneren von China zu reisen, boten dabei die grössten Schwierigkeiten.
Im ersten Punct setzte Graf Eulenburg trotz heftigen Wider- standes der Chinesen durch, dass eine Verpflichtung der preussischen Regierung, nur Beamte, nicht Kaufleute zu Consuln zu ernennen, im Vertrage nicht ausgedrückt würde; er versprach dagegen in einem amtlichen Schreiben, dem königlichen Minister des Auswär- tigen die Nothwendigkeit der Ernennung von diplomatischen Con- suln vorzustellen, welche durchaus in den Verhältnissen begründet war. — Das Recht der Hansestädte auf gesonderte consularische Vertretung in einem Separat-Artikel auszudrücken, erlaubten die Commissare nur unter der Bedingung, dass derselbe im Text des Vertrages nicht erwähnt werde, und dass seine Ratification in der des Vertrages mit eingeschlossen sein solle. Sie hielten sich dabei an die Präcedenz des englischen und des französischen Vertrages, bei welchen es mit den Separat-Artikeln ebenso gehalten wurde.
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XVI. Weitere Verhandlungen
auf die Hauptstadt seinen Forderungen das Wort, und wurden darin
von dem russischen Minister-Residenten, Oberst von Balluzek, wel-
cher in der zweiten Hälfte des Juli nach Pe-kiṅ kam, kräftig unterstützt.
Die Commissare baten Herrn de Méritens schon nach wenigen
Tagen, den Gesandten zu besänftigen: sie wollten die meisten Ein-
wendungen gegen den revidirten Entwurf gänzlich fallen lassen.
Graf Eulenburg beantwortete darauf am 3. August ihre Schreiben,
hielt ihnen ihren Wankelmuth vor, und erklärte sich zu einigen
formellen Aenderungen bereit, sofern der Sinn und Inhalt der Be-
stimmungen darunter nicht litte. Zugleich meldete er den Com-
missaren, dass Herr de Méritens Herrn Marques als Dolmetscher
vertreten werde. — Von da an war der Gesandte der langen un-
fruchtbaren Conferenzen enthoben; er konnte nach gehöriger In-
struirung Herrn de Méritens die mündlichen Verhandlungen mit
Sicherheit überlassen. Auf den 7. August sagten die Commissare
sich zum Frühstück an und thaten dabei sehr freundschaftlich.
Geschäftliches wurde kaum besprochen, denn auch sie zogen die
Vermittelung des französischen Secretärs dem directen Verhandeln
vor. Des Chinesischen vollkommen mächtig einigte sich derselbe
leicht mit ihnen über formelle Aenderungen, welche grossentheils
auf sprachliche Eleganz zielten, und setzte in allen wesentlichen
Puncten die Forderungen des Gesandten fast bedingungslos durch.
Die Qualität der Consuln, die Gültigkeit des deutschen Textes und
das Recht der Deutschen, im Inneren von China zu reisen, boten
dabei die grössten Schwierigkeiten.
Im ersten Punct setzte Graf Eulenburg trotz heftigen Wider-
standes der Chinesen durch, dass eine Verpflichtung der preussischen
Regierung, nur Beamte, nicht Kaufleute zu Consuln zu ernennen,
im Vertrage nicht ausgedrückt würde; er versprach dagegen in
einem amtlichen Schreiben, dem königlichen Minister des Auswär-
tigen die Nothwendigkeit der Ernennung von diplomatischen Con-
suln vorzustellen, welche durchaus in den Verhältnissen begründet
war. — Das Recht der Hansestädte auf gesonderte consularische
Vertretung in einem Separat-Artikel auszudrücken, erlaubten die
Commissare nur unter der Bedingung, dass derselbe im Text des
Vertrages nicht erwähnt werde, und dass seine Ratification in der
des Vertrages mit eingeschlossen sein solle. Sie hielten sich dabei
an die Präcedenz des englischen und des französischen Vertrages,
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/103>, abgerufen am 22.11.2024.
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