erklärte Herr von Brandt, dass er den Inhalt nicht kenne, mit der Ablieferung aber gern vier Tage warten wolle, wenn die Anfrage in Pe-kin eine unerlässliche Form sei, unter der Bedingung, dass nach jener Frist das Schreiben bestimmt entgegengenommen werden solle. Tsun-hau versprach das und erkundigte sich dann, ob schon Landsleute des Gesandten in Shang-hae oder Hong-kong wohnten. Er fragte auch nach dem Treiben der Tae-pin bei Shang-hae, über welche der Attache, der kaum zwei Tage dort weilte, keine Auskunft zu geben vermochte.
Am 22. März liess Herr von BrandtTsun-hau melden, dass er ihm am folgenden Tage das Schreiben des Gesandten überreichen werde. Der Mandarin hatte sich grade zum französischen Consul, dem Lieutenant de vaisseau Herrn Treves begeben, den er über den preussischen Attache ausfragte und schliesslich ersuchte, denselben zu sich bitten zu lassen. Herr von Brandt war nicht zu finden und erschien erst bei Herrn Treves, als Tsun-hau schon fort war. Am folgenden Morgen begab er sich nach dessen Wohnung: Tsun- hau versicherte, der Prinz freue sich, zu hören, dass schon Deutsche in Shang-hae wohnten, und hoffe, dass sie gute Geschäfte machten; das Schreiben des Gesandten könne er aber nicht annehmen, da der Kaiser ihn nur zu Verhandlungen mit den Vertretern von Eng- land, Russland. Frankreich und America, nicht aber mit dem Ge- sandten von Preussen ermächtigt habe, das zu China in keinerlei Vertragsverhältniss stehe. Herr von Brandt urgirte vergebens, dass es für jetzt nicht Verhandlungen, sondern nur eine Mittheilung gelte; Tsun-hau blieb mit aalglatter Liebenswürdigkeit dabei, er würde das Schreiben gern in Empfang nehmen, wenn seine In- structionen es erlaubten. Endlich erklärte Herr von Brandt, dann werde er selbst nach Pe-kin gehen und den Prinzen persönlich aufsuchen. Betroffen bat nun Tsun-hau um abermalige Gewährung einer viertägigen Frist, damit er entweder die Erlaubniss zu dieser Reise oder zu Ueberreichung des Schreibens in Tien-tsin erwirken möge. Herr von Brandt bestand aber auf seinem Vorhaben, schon am folgenden Morgen aufzubrechen, und verlangte nur noch die schriftliche Erklärung, dass Tsun-hau das Schreiben nicht annehmen wolle. Dieser kam auf die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem preussischen und dem englischen Herrscherhause zu sprechen: sollte nicht Herr Bruce die Beförderung des Schreibens übernehmen; aus seinen Händen dürfe es der Prinz empfangen.
III. 28
XIII. Vorbereitungen in Tien-tsin.
erklärte Herr von Brandt, dass er den Inhalt nicht kenne, mit der Ablieferung aber gern vier Tage warten wolle, wenn die Anfrage in Pe-kiṅ eine unerlässliche Form sei, unter der Bedingung, dass nach jener Frist das Schreiben bestimmt entgegengenommen werden solle. Tsuṅ-hau versprach das und erkundigte sich dann, ob schon Landsleute des Gesandten in Shang-hae oder Hong-kong wohnten. Er fragte auch nach dem Treiben der Tae-piṅ bei Shang-hae, über welche der Attaché, der kaum zwei Tage dort weilte, keine Auskunft zu geben vermochte.
Am 22. März liess Herr von BrandtTsuṅ-hau melden, dass er ihm am folgenden Tage das Schreiben des Gesandten überreichen werde. Der Mandarin hatte sich grade zum französischen Consul, dem Lieutenant de vaisseau Herrn Trèves begeben, den er über den preussischen Attaché ausfragte und schliesslich ersuchte, denselben zu sich bitten zu lassen. Herr von Brandt war nicht zu finden und erschien erst bei Herrn Trèves, als Tsuṅ-hau schon fort war. Am folgenden Morgen begab er sich nach dessen Wohnung: Tsuṅ- hau versicherte, der Prinz freue sich, zu hören, dass schon Deutsche in Shang-hae wohnten, und hoffe, dass sie gute Geschäfte machten; das Schreiben des Gesandten könne er aber nicht annehmen, da der Kaiser ihn nur zu Verhandlungen mit den Vertretern von Eng- land, Russland. Frankreich und America, nicht aber mit dem Ge- sandten von Preussen ermächtigt habe, das zu China in keinerlei Vertragsverhältniss stehe. Herr von Brandt urgirte vergebens, dass es für jetzt nicht Verhandlungen, sondern nur eine Mittheilung gelte; Tsuṅ-hau blieb mit aalglatter Liebenswürdigkeit dabei, er würde das Schreiben gern in Empfang nehmen, wenn seine In- structionen es erlaubten. Endlich erklärte Herr von Brandt, dann werde er selbst nach Pe-kiṅ gehen und den Prinzen persönlich aufsuchen. Betroffen bat nun Tsuṅ-hau um abermalige Gewährung einer viertägigen Frist, damit er entweder die Erlaubniss zu dieser Reise oder zu Ueberreichung des Schreibens in Tien-tsin erwirken möge. Herr von Brandt bestand aber auf seinem Vorhaben, schon am folgenden Morgen aufzubrechen, und verlangte nur noch die schriftliche Erklärung, dass Tsuṅ-hau das Schreiben nicht annehmen wolle. Dieser kam auf die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem preussischen und dem englischen Herrscherhause zu sprechen: sollte nicht Herr Bruce die Beförderung des Schreibens übernehmen; aus seinen Händen dürfe es der Prinz empfangen.
III. 28
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XIII. Vorbereitungen in Tien-tsin.
erklärte Herr von Brandt, dass er den Inhalt nicht kenne, mit der
Ablieferung aber gern vier Tage warten wolle, wenn die Anfrage
in Pe-kiṅ eine unerlässliche Form sei, unter der Bedingung, dass
nach jener Frist das Schreiben bestimmt entgegengenommen werden
solle. Tsuṅ-hau versprach das und erkundigte sich dann, ob schon
Landsleute des Gesandten in Shang-hae oder Hong-kong wohnten.
Er fragte auch nach dem Treiben der Tae-piṅ bei Shang-hae,
über welche der Attaché, der kaum zwei Tage dort weilte, keine
Auskunft zu geben vermochte.
Am 22. März liess Herr von Brandt Tsuṅ-hau melden, dass
er ihm am folgenden Tage das Schreiben des Gesandten überreichen
werde. Der Mandarin hatte sich grade zum französischen Consul,
dem Lieutenant de vaisseau Herrn Trèves begeben, den er über den
preussischen Attaché ausfragte und schliesslich ersuchte, denselben
zu sich bitten zu lassen. Herr von Brandt war nicht zu finden
und erschien erst bei Herrn Trèves, als Tsuṅ-hau schon fort war.
Am folgenden Morgen begab er sich nach dessen Wohnung: Tsuṅ-
hau versicherte, der Prinz freue sich, zu hören, dass schon Deutsche
in Shang-hae wohnten, und hoffe, dass sie gute Geschäfte machten;
das Schreiben des Gesandten könne er aber nicht annehmen, da
der Kaiser ihn nur zu Verhandlungen mit den Vertretern von Eng-
land, Russland. Frankreich und America, nicht aber mit dem Ge-
sandten von Preussen ermächtigt habe, das zu China in keinerlei
Vertragsverhältniss stehe. Herr von Brandt urgirte vergebens, dass
es für jetzt nicht Verhandlungen, sondern nur eine Mittheilung
gelte; Tsuṅ-hau blieb mit aalglatter Liebenswürdigkeit dabei, er
würde das Schreiben gern in Empfang nehmen, wenn seine In-
structionen es erlaubten. Endlich erklärte Herr von Brandt, dann
werde er selbst nach Pe-kiṅ gehen und den Prinzen persönlich
aufsuchen. Betroffen bat nun Tsuṅ-hau um abermalige Gewährung
einer viertägigen Frist, damit er entweder die Erlaubniss zu dieser
Reise oder zu Ueberreichung des Schreibens in Tien-tsin erwirken
möge. Herr von Brandt bestand aber auf seinem Vorhaben, schon
am folgenden Morgen aufzubrechen, und verlangte nur noch die
schriftliche Erklärung, dass Tsuṅ-hau das Schreiben nicht annehmen
wolle. Dieser kam auf die verwandtschaftlichen Beziehungen
zwischen dem preussischen und dem englischen Herrscherhause zu
sprechen: sollte nicht Herr Bruce die Beförderung des Schreibens
übernehmen; aus seinen Händen dürfe es der Prinz empfangen.
III. 28
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/447>, abgerufen am 16.07.2024.
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