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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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XIII. Mr. Roberts in Nan-kin.

Dieser Brief wurde von dem Boten, welcher Nan-kin wenig
Tage nach der Einnahme verliess, am 11. Mai 1853 dem Missionar
Dr. Happer in Kan-ton übergeben, der ihn sofort an Herrn Ro-
berts
sandte; er war mit freier kräftiger Hand geschrieben, den
Namen bedeckte ein Stempel mit folgenden Zeichen: Tien-ti, Tae-
pin, Wan-yin
: d. h. Siegel des Tae-pin-Königs Tien-ti. 130) Am
Ernst des Inhalts liess sich kaum zweifeln; gesunden Verstand be-
wies er sicher. Herr Roberts wünschte der Einladung zu folgen
und ging nach Shang-hae; warum er Nan-kin nicht erreichte und
seinen Plan damals aufgab, ist unbekannt. Seit dem Besuch der
englischen Kriegsschiffe 1854 scheint alle Verbindung mit den Re-
bellen aufgehört zu haben, bis Lord Elgin im Herbst 1858 nach
Nan-kin fuhr. Dem an Letzteren gerichteten Manifest des Tien-
wan
war eine Erkundigung nach Herrn Roberts und die Bitte bei-
gefügt, dass er nach Nan-kin kommen möge.

Erst nach der Einnahme von Su-tsau begab sich Herr Ro-
berts
von Shang-hae aus auf die Reise, und gelangte im October
1860 nach Nan-kin. Vom Tien-wan mit Auszeichnung behandelt
und mit hohem Range bekleidet, bequemte er sich zur Tracht der
Tae-pin und wurde in den schmutzigen gelben Gewändern und der
goldgestickten Krone das Gespött aller Nan-kin besuchenden Frem-
den. Den verantwortlichen Posten eines Ministers des Auswärtigen
-- der Tien-wan hoffte durch Roberts mit den fremden Mächten
anzuknüpfen -- schlug er klüglich aus; denn die weit über die
Prätensionen der rechtmässigen Kaiser hinausgehende Anmaassung
des Himmelsfürsten machte solche Verbindung unmöglich. Wäre
er dessen lästerlichem Wahn mit vollem Freimuth entgegen getre-
ten, so konnte er überhaupt in Nan-kin nicht Fuss fassen. In der
Hoffnung, Einfluss zu gewinnen, machte er wohl einige Zugeständ-
nisse, musste aber als christlicher Prediger grade diejenigen Lehren
des Tien-wan anfechten, welche dessen tollem Herzen am nächsten
lagen. So verlor er alles Ansehn und lebte in Nan-kin ganz
unbeachtet. Leider scheint Herr Roberts ausser einem später mitzu-
theilenden Schreiben garnichts über die Tae-pin publicirt zu

130) Meadows muss diesen in dem Buch von Lindesay Brine abgedruckten Brief
nicht gekannt haben, sonst hätte er denselben sicher erwähnt. An seiner Aecht-
heit zu zweifeln, ist keine Veranlassung; hätte Meadows ihn gekannt und für
unächt gehalten, so hätte er sich ganz gewiss darüber ausgesprochen. -- Der
Stempel vertritt bei den Chinesen die Stelle des Siegels.
XIII. Mr. Roberts in Nan-kiṅ.

Dieser Brief wurde von dem Boten, welcher Nan-kiṅ wenig
Tage nach der Einnahme verliess, am 11. Mai 1853 dem Missionar
Dr. Happer in Kan-ton übergeben, der ihn sofort an Herrn Ro-
berts
sandte; er war mit freier kräftiger Hand geschrieben, den
Namen bedeckte ein Stempel mit folgenden Zeichen: Tien-ti, Tae-
piṅ, Waṅ-yin
: d. h. Siegel des Tae-piṅ-Königs Tien-ti. 130) Am
Ernst des Inhalts liess sich kaum zweifeln; gesunden Verstand be-
wies er sicher. Herr Roberts wünschte der Einladung zu folgen
und ging nach Shang-hae; warum er Nan-kiṅ nicht erreichte und
seinen Plan damals aufgab, ist unbekannt. Seit dem Besuch der
englischen Kriegsschiffe 1854 scheint alle Verbindung mit den Re-
bellen aufgehört zu haben, bis Lord Elgin im Herbst 1858 nach
Nan-kiṅ fuhr. Dem an Letzteren gerichteten Manifest des Tien-
waṅ
war eine Erkundigung nach Herrn Roberts und die Bitte bei-
gefügt, dass er nach Nan-kiṅ kommen möge.

Erst nach der Einnahme von Su-tšau begab sich Herr Ro-
berts
von Shang-hae aus auf die Reise, und gelangte im October
1860 nach Nan-kiṅ. Vom Tien-waṅ mit Auszeichnung behandelt
und mit hohem Range bekleidet, bequemte er sich zur Tracht der
Tae-piṅ und wurde in den schmutzigen gelben Gewändern und der
goldgestickten Krone das Gespött aller Nan-kiṅ besuchenden Frem-
den. Den verantwortlichen Posten eines Ministers des Auswärtigen
— der Tien-waṅ hoffte durch Roberts mit den fremden Mächten
anzuknüpfen — schlug er klüglich aus; denn die weit über die
Prätensionen der rechtmässigen Kaiser hinausgehende Anmaassung
des Himmelsfürsten machte solche Verbindung unmöglich. Wäre
er dessen lästerlichem Wahn mit vollem Freimuth entgegen getre-
ten, so konnte er überhaupt in Nan-kiṅ nicht Fuss fassen. In der
Hoffnung, Einfluss zu gewinnen, machte er wohl einige Zugeständ-
nisse, musste aber als christlicher Prediger grade diejenigen Lehren
des Tien-waṅ anfechten, welche dessen tollem Herzen am nächsten
lagen. So verlor er alles Ansehn und lebte in Nan-kiṅ ganz
unbeachtet. Leider scheint Herr Roberts ausser einem später mitzu-
theilenden Schreiben garnichts über die Tae-piṅ publicirt zu

130) Meadows muss diesen in dem Buch von Lindesay Brine abgedruckten Brief
nicht gekannt haben, sonst hätte er denselben sicher erwähnt. An seiner Aecht-
heit zu zweifeln, ist keine Veranlassung; hätte Meadows ihn gekannt und für
unächt gehalten, so hätte er sich ganz gewiss darüber ausgesprochen. — Der
Stempel vertritt bei den Chinesen die Stelle des Siegels.
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[405/0427] XIII. Mr. Roberts in Nan-kiṅ. Dieser Brief wurde von dem Boten, welcher Nan-kiṅ wenig Tage nach der Einnahme verliess, am 11. Mai 1853 dem Missionar Dr. Happer in Kan-ton übergeben, der ihn sofort an Herrn Ro- berts sandte; er war mit freier kräftiger Hand geschrieben, den Namen bedeckte ein Stempel mit folgenden Zeichen: Tien-ti, Tae- piṅ, Waṅ-yin: d. h. Siegel des Tae-piṅ-Königs Tien-ti. 130) Am Ernst des Inhalts liess sich kaum zweifeln; gesunden Verstand be- wies er sicher. Herr Roberts wünschte der Einladung zu folgen und ging nach Shang-hae; warum er Nan-kiṅ nicht erreichte und seinen Plan damals aufgab, ist unbekannt. Seit dem Besuch der englischen Kriegsschiffe 1854 scheint alle Verbindung mit den Re- bellen aufgehört zu haben, bis Lord Elgin im Herbst 1858 nach Nan-kiṅ fuhr. Dem an Letzteren gerichteten Manifest des Tien- waṅ war eine Erkundigung nach Herrn Roberts und die Bitte bei- gefügt, dass er nach Nan-kiṅ kommen möge. Erst nach der Einnahme von Su-tšau begab sich Herr Ro- berts von Shang-hae aus auf die Reise, und gelangte im October 1860 nach Nan-kiṅ. Vom Tien-waṅ mit Auszeichnung behandelt und mit hohem Range bekleidet, bequemte er sich zur Tracht der Tae-piṅ und wurde in den schmutzigen gelben Gewändern und der goldgestickten Krone das Gespött aller Nan-kiṅ besuchenden Frem- den. Den verantwortlichen Posten eines Ministers des Auswärtigen — der Tien-waṅ hoffte durch Roberts mit den fremden Mächten anzuknüpfen — schlug er klüglich aus; denn die weit über die Prätensionen der rechtmässigen Kaiser hinausgehende Anmaassung des Himmelsfürsten machte solche Verbindung unmöglich. Wäre er dessen lästerlichem Wahn mit vollem Freimuth entgegen getre- ten, so konnte er überhaupt in Nan-kiṅ nicht Fuss fassen. In der Hoffnung, Einfluss zu gewinnen, machte er wohl einige Zugeständ- nisse, musste aber als christlicher Prediger grade diejenigen Lehren des Tien-waṅ anfechten, welche dessen tollem Herzen am nächsten lagen. So verlor er alles Ansehn und lebte in Nan-kiṅ ganz unbeachtet. Leider scheint Herr Roberts ausser einem später mitzu- theilenden Schreiben garnichts über die Tae-piṅ publicirt zu 130) Meadows muss diesen in dem Buch von Lindesay Brine abgedruckten Brief nicht gekannt haben, sonst hätte er denselben sicher erwähnt. An seiner Aecht- heit zu zweifeln, ist keine Veranlassung; hätte Meadows ihn gekannt und für unächt gehalten, so hätte er sich ganz gewiss darüber ausgesprochen. — Der Stempel vertritt bei den Chinesen die Stelle des Siegels.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/427>, abgerufen am 25.11.2024.