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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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XIII. Gegenbesuch des Fu-tae.
Schmutzflecken; die abgestossenen englischen Fayence-Teller
zeigten noch Spuren der letzten Benutzung, und in den trüben
Gläsern erkannte man kaum die Farbe des Trankes. Wohlschmeckend
waren nur die getrockneten Lai-tsi, aber der Champagner eben so
schlecht als der Sam-su. Beim Abschied geleiteten die Mandarinen
den Gesandten bis zur Sänfte und schüttelten ihm die Hand, statt
sich nach chinesischer Sitte die eigenen zu drücken.

Bei einem Diner, das General de Montauban Tags darauf
den beiden Würdenträgern gab, benahmen sie sich mit grosser
Sicherheit. Nach den ersten Gerichten verlangten sie ihre Pfeifen,
rauchten einige Züge, und fuhren damit fort, so oft ihre Teller leer
waren. Auch ihr Dolmetscher, der, von den Jesuiten erzogen, be-
quem französisch sprach und im übrigen gute Manieren hatte, konnte
der Rauchlust nicht widerstehen.

Am Morgen des 15. April kündigten der Fu-tae und der
Tau-tae dem Gesandten durch Visitenkarten ihren Besuch an;
zum Zeichen, dass sie willkommen seien, sandte Graf Eulenburg
nach chinesischem Brauch seine eigenen zurück. Gegen zwei er-
schienen die Herren; das Gefolge, etwa dreissig sehr zerlumpte Galgen-
gesichter mit Fahnen, Schwertern und Schilden füllten Hof und
Garten; die militärischen Trabanten trugen Fuchsschwänze an ihren
Kappen, die Scharfrichter hohe spitzige Mützen aus blutrothem
Filz. Die Sänften der beiden Würdenträger waren mit grünem
Zeug beschlagen, unten ein breiter rother Streifen, auf welchem
schwarze Schriftzeichen den Rang des Besitzers nannten. Die
Sänften der vornehmsten Begleiter, welche den Zug schlossen,
glänzten durch Schmutz und Zerlumptheit.

Beim Frühstück assen die Herren Chinesen viel Schinken
und Süssigkeiten, waren aber sonst ziemlich mundfaul. Offenbar
stellten sie sich unwissend, um dem forschenden Kreuzfeuer von
Fragen über die Verhältnisse in Pe-kin zu entrinnen, das der Ge-
sandte auf sie richtete. Nach Tisch wurde der Fu-tae guter
Dinge; viel Vergnügen machte ihm ein Album von Photographieen,
doch ging er schnell über die während des Krieges aufgenommenen
Ansichten von Pe-kin weg. Von den stärksten Schlägen eines
electro-magnetischen Rotationsapparates, die jedem Europäer Zuckun-
gen bereiten, verspürte er wenig Wirkung; er hielt die Kolben ganz
ruhig und gefiel sich darin, den Versuch zu wiederholen.


XIII. Gegenbesuch des Fu-tae.
Schmutzflecken; die abgestossenen englischen Fayence-Teller
zeigten noch Spuren der letzten Benutzung, und in den trüben
Gläsern erkannte man kaum die Farbe des Trankes. Wohlschmeckend
waren nur die getrockneten Lai-tši, aber der Champagner eben so
schlecht als der Sam-šu. Beim Abschied geleiteten die Mandarinen
den Gesandten bis zur Sänfte und schüttelten ihm die Hand, statt
sich nach chinesischer Sitte die eigenen zu drücken.

Bei einem Diner, das General de Montauban Tags darauf
den beiden Würdenträgern gab, benahmen sie sich mit grosser
Sicherheit. Nach den ersten Gerichten verlangten sie ihre Pfeifen,
rauchten einige Züge, und fuhren damit fort, so oft ihre Teller leer
waren. Auch ihr Dolmetscher, der, von den Jesuiten erzogen, be-
quem französisch sprach und im übrigen gute Manieren hatte, konnte
der Rauchlust nicht widerstehen.

Am Morgen des 15. April kündigten der Fu-tae und der
Tau-tae dem Gesandten durch Visitenkarten ihren Besuch an;
zum Zeichen, dass sie willkommen seien, sandte Graf Eulenburg
nach chinesischem Brauch seine eigenen zurück. Gegen zwei er-
schienen die Herren; das Gefolge, etwa dreissig sehr zerlumpte Galgen-
gesichter mit Fahnen, Schwertern und Schilden füllten Hof und
Garten; die militärischen Trabanten trugen Fuchsschwänze an ihren
Kappen, die Scharfrichter hohe spitzige Mützen aus blutrothem
Filz. Die Sänften der beiden Würdenträger waren mit grünem
Zeug beschlagen, unten ein breiter rother Streifen, auf welchem
schwarze Schriftzeichen den Rang des Besitzers nannten. Die
Sänften der vornehmsten Begleiter, welche den Zug schlossen,
glänzten durch Schmutz und Zerlumptheit.

Beim Frühstück assen die Herren Chinesen viel Schinken
und Süssigkeiten, waren aber sonst ziemlich mundfaul. Offenbar
stellten sie sich unwissend, um dem forschenden Kreuzfeuer von
Fragen über die Verhältnisse in Pe-kiṅ zu entrinnen, das der Ge-
sandte auf sie richtete. Nach Tisch wurde der Fu-tae guter
Dinge; viel Vergnügen machte ihm ein Album von Photographieen,
doch ging er schnell über die während des Krieges aufgenommenen
Ansichten von Pe-kiṅ weg. Von den stärksten Schlägen eines
electro-magnetischen Rotationsapparates, die jedem Europäer Zuckun-
gen bereiten, verspürte er wenig Wirkung; er hielt die Kolben ganz
ruhig und gefiel sich darin, den Versuch zu wiederholen.


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[393/0415] XIII. Gegenbesuch des Fu-tae. Schmutzflecken; die abgestossenen englischen Fayence-Teller zeigten noch Spuren der letzten Benutzung, und in den trüben Gläsern erkannte man kaum die Farbe des Trankes. Wohlschmeckend waren nur die getrockneten Lai-tši, aber der Champagner eben so schlecht als der Sam-šu. Beim Abschied geleiteten die Mandarinen den Gesandten bis zur Sänfte und schüttelten ihm die Hand, statt sich nach chinesischer Sitte die eigenen zu drücken. Bei einem Diner, das General de Montauban Tags darauf den beiden Würdenträgern gab, benahmen sie sich mit grosser Sicherheit. Nach den ersten Gerichten verlangten sie ihre Pfeifen, rauchten einige Züge, und fuhren damit fort, so oft ihre Teller leer waren. Auch ihr Dolmetscher, der, von den Jesuiten erzogen, be- quem französisch sprach und im übrigen gute Manieren hatte, konnte der Rauchlust nicht widerstehen. Am Morgen des 15. April kündigten der Fu-tae und der Tau-tae dem Gesandten durch Visitenkarten ihren Besuch an; zum Zeichen, dass sie willkommen seien, sandte Graf Eulenburg nach chinesischem Brauch seine eigenen zurück. Gegen zwei er- schienen die Herren; das Gefolge, etwa dreissig sehr zerlumpte Galgen- gesichter mit Fahnen, Schwertern und Schilden füllten Hof und Garten; die militärischen Trabanten trugen Fuchsschwänze an ihren Kappen, die Scharfrichter hohe spitzige Mützen aus blutrothem Filz. Die Sänften der beiden Würdenträger waren mit grünem Zeug beschlagen, unten ein breiter rother Streifen, auf welchem schwarze Schriftzeichen den Rang des Besitzers nannten. Die Sänften der vornehmsten Begleiter, welche den Zug schlossen, glänzten durch Schmutz und Zerlumptheit. Beim Frühstück assen die Herren Chinesen viel Schinken und Süssigkeiten, waren aber sonst ziemlich mundfaul. Offenbar stellten sie sich unwissend, um dem forschenden Kreuzfeuer von Fragen über die Verhältnisse in Pe-kiṅ zu entrinnen, das der Ge- sandte auf sie richtete. Nach Tisch wurde der Fu-tae guter Dinge; viel Vergnügen machte ihm ein Album von Photographieen, doch ging er schnell über die während des Krieges aufgenommenen Ansichten von Pe-kiṅ weg. Von den stärksten Schlägen eines electro-magnetischen Rotationsapparates, die jedem Europäer Zuckun- gen bereiten, verspürte er wenig Wirkung; er hielt die Kolben ganz ruhig und gefiel sich darin, den Versuch zu wiederholen.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/415>, abgerufen am 25.11.2024.