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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Correspondenz mit dem Prinzen von Kun.
Pe-kin; keiner litt tödtlichen Schaden; aber vor dem Friedens-
schluss wird es kaum möglich sein, sie zurückzuschicken. Die
Stadt Tien-tsin und die Festungen von Ta-ku wurden genommen
und sind noch im Besitz der britischen Regierung. Was ist da-
gegen das Fehlen weniger britischen Unterthanen wohl für ein
Grund zur Beschwerde? Sollen die beiden Regierungen wirklich
Freunde werden, will die britische, das Aufhören des Krieges
wünschend, ihre Kriegsschiffe von den Ta-ku-Forts entfernen, so
wird die chinesische Regierung, sobald die gestellten Anträge
erörtert und erledigt sind, die erwähnten Officiere in dem Zustande
ausliefern, in welchem sie dieselben findet, um das freundschaft-
liche Verhältniss ganz herzustellen. -- Der von Seiner Excellenz
an seine Beamten gerichtete Brief dürfte kaum zu übergeben sein,
so lange der jetzige Kriegszustand dauert. Er soll abgeliefert wer-
den, sobald die Truppen zurückgezogen sind."

Nun schrieb Lord Elgin nach reiflicher Berathung mit Sir
Hope Grant im Wesentlichen Folgendes: Die jetzt in Pe-kin zu-
rückgehaltenen englischen Unterthanen seien unter Parlamentär-
flagge und mit Zustimmung der kaiserlichen Commissare in Tun-
tsau
oder auf dem Rückwege gewesen, als der Treubruch San-
ko-lin-sin
's
den Conflict des 18. September herbeiführte. Ihre
Verhaftung sei eine Verletzung des Völkerrechtes, welche die chi-
nesiche Regierung der gerechten Rache der jetzt dreissig Li von
Pe-kin gelagerten Armee aussetze. Die Ueberreichung des könig-
lichen Handschreibens sei bei jener Gelegenheit nicht zum ersten
Male erörtert, auch niemals als Kriegsfall, sondern nur als Frage
der Courtoisie behandelt worden. "Ein Staat, der sich für civilisirt
ausgiebt und sich der gegenseitigen Vollziehung solcher Höflich-
keitsacte weigert, setzt nothwendig seine Freundschaftsversicherun-
gen dem Argwohn aus. Um aber ferneren Beweis seines aufrichti-
gen Verlangens nach Herstellung des Friedens zwischen Gross-
britannien
und China, und dem kaiserlichen Prinzen eine letzte Ge-
legenheit zu geben, einen Schlag abzuwenden, der die Zerstörung
von Pe-kin und den wahrscheinlichen Sturz der jetzt in China
herrschenden Dynastie nach sich ziehen wird, stellt der Unterzeich-
nete folgende Anträge:

Wenn im Zeitraum von drei Tagen vom Datum dieses
Schreibens (25. September) die in Pe-kin zurückgehaltenen eng-
lischen und französischen Unterthanen nach den Hauptquartieren

Correspondenz mit dem Prinzen von Kuṅ.
Pe-kiṅ; keiner litt tödtlichen Schaden; aber vor dem Friedens-
schluss wird es kaum möglich sein, sie zurückzuschicken. Die
Stadt Tien-tsin und die Festungen von Ta-ku wurden genommen
und sind noch im Besitz der britischen Regierung. Was ist da-
gegen das Fehlen weniger britischen Unterthanen wohl für ein
Grund zur Beschwerde? Sollen die beiden Regierungen wirklich
Freunde werden, will die britische, das Aufhören des Krieges
wünschend, ihre Kriegsschiffe von den Ta-ku-Forts entfernen, so
wird die chinesische Regierung, sobald die gestellten Anträge
erörtert und erledigt sind, die erwähnten Officiere in dem Zustande
ausliefern, in welchem sie dieselben findet, um das freundschaft-
liche Verhältniss ganz herzustellen. — Der von Seiner Excellenz
an seine Beamten gerichtete Brief dürfte kaum zu übergeben sein,
so lange der jetzige Kriegszustand dauert. Er soll abgeliefert wer-
den, sobald die Truppen zurückgezogen sind.«

Nun schrieb Lord Elgin nach reiflicher Berathung mit Sir
Hope Grant im Wesentlichen Folgendes: Die jetzt in Pe-kiṅ zu-
rückgehaltenen englischen Unterthanen seien unter Parlamentär-
flagge und mit Zustimmung der kaiserlichen Commissare in Tuṅ-
tšau
oder auf dem Rückwege gewesen, als der Treubruch Saṅ-
ko-lin-sin
’s
den Conflict des 18. September herbeiführte. Ihre
Verhaftung sei eine Verletzung des Völkerrechtes, welche die chi-
nesiche Regierung der gerechten Rache der jetzt dreissig Li von
Pe-kiṅ gelagerten Armee aussetze. Die Ueberreichung des könig-
lichen Handschreibens sei bei jener Gelegenheit nicht zum ersten
Male erörtert, auch niemals als Kriegsfall, sondern nur als Frage
der Courtoisie behandelt worden. »Ein Staat, der sich für civilisirt
ausgiebt und sich der gegenseitigen Vollziehung solcher Höflich-
keitsacte weigert, setzt nothwendig seine Freundschaftsversicherun-
gen dem Argwohn aus. Um aber ferneren Beweis seines aufrichti-
gen Verlangens nach Herstellung des Friedens zwischen Gross-
britannien
und China, und dem kaiserlichen Prinzen eine letzte Ge-
legenheit zu geben, einen Schlag abzuwenden, der die Zerstörung
von Pe-kiṅ und den wahrscheinlichen Sturz der jetzt in China
herrschenden Dynastie nach sich ziehen wird, stellt der Unterzeich-
nete folgende Anträge:

Wenn im Zeitraum von drei Tagen vom Datum dieses
Schreibens (25. September) die in Pe-kiṅ zurückgehaltenen eng-
lischen und französischen Unterthanen nach den Hauptquartieren

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[338/0360] Correspondenz mit dem Prinzen von Kuṅ. Pe-kiṅ; keiner litt tödtlichen Schaden; aber vor dem Friedens- schluss wird es kaum möglich sein, sie zurückzuschicken. Die Stadt Tien-tsin und die Festungen von Ta-ku wurden genommen und sind noch im Besitz der britischen Regierung. Was ist da- gegen das Fehlen weniger britischen Unterthanen wohl für ein Grund zur Beschwerde? Sollen die beiden Regierungen wirklich Freunde werden, will die britische, das Aufhören des Krieges wünschend, ihre Kriegsschiffe von den Ta-ku-Forts entfernen, so wird die chinesische Regierung, sobald die gestellten Anträge erörtert und erledigt sind, die erwähnten Officiere in dem Zustande ausliefern, in welchem sie dieselben findet, um das freundschaft- liche Verhältniss ganz herzustellen. — Der von Seiner Excellenz an seine Beamten gerichtete Brief dürfte kaum zu übergeben sein, so lange der jetzige Kriegszustand dauert. Er soll abgeliefert wer- den, sobald die Truppen zurückgezogen sind.« Nun schrieb Lord Elgin nach reiflicher Berathung mit Sir Hope Grant im Wesentlichen Folgendes: Die jetzt in Pe-kiṅ zu- rückgehaltenen englischen Unterthanen seien unter Parlamentär- flagge und mit Zustimmung der kaiserlichen Commissare in Tuṅ- tšau oder auf dem Rückwege gewesen, als der Treubruch Saṅ- ko-lin-sin’s den Conflict des 18. September herbeiführte. Ihre Verhaftung sei eine Verletzung des Völkerrechtes, welche die chi- nesiche Regierung der gerechten Rache der jetzt dreissig Li von Pe-kiṅ gelagerten Armee aussetze. Die Ueberreichung des könig- lichen Handschreibens sei bei jener Gelegenheit nicht zum ersten Male erörtert, auch niemals als Kriegsfall, sondern nur als Frage der Courtoisie behandelt worden. »Ein Staat, der sich für civilisirt ausgiebt und sich der gegenseitigen Vollziehung solcher Höflich- keitsacte weigert, setzt nothwendig seine Freundschaftsversicherun- gen dem Argwohn aus. Um aber ferneren Beweis seines aufrichti- gen Verlangens nach Herstellung des Friedens zwischen Gross- britannien und China, und dem kaiserlichen Prinzen eine letzte Ge- legenheit zu geben, einen Schlag abzuwenden, der die Zerstörung von Pe-kiṅ und den wahrscheinlichen Sturz der jetzt in China herrschenden Dynastie nach sich ziehen wird, stellt der Unterzeich- nete folgende Anträge: Wenn im Zeitraum von drei Tagen vom Datum dieses Schreibens (25. September) die in Pe-kiṅ zurückgehaltenen eng- lischen und französischen Unterthanen nach den Hauptquartieren

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/360>, abgerufen am 23.11.2024.