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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Friedliche Eröffnungen.

Am 18. August schrieben auch die aus Pe-kin gesandten
Commissare Wen-tsian und Han-ki von Tien-tsin aus an Lord
Elgin: Han-ki habe Befehl gehabt, den Botschaftern nach ihrem
Eintreffen an der Küste von Tien-tsin zu melden, dass die Ver-
träge ratificirt und die freundschaftlichen Beziehungen befestigt
werden sollten. Auf die Nachricht von Feindseligkeiten seien nun
die Commissare vom Kaiser angewiesen, den Botschaftern mit obiger
Meldung entgegenzugehen. Sie besorgen, dass der General-Gou-
verneur von Tsi-li den Wunsch der chinesischen Regierung mit-
zutheilen verfehlt habe, und kommen deshalb selbst nach Tien-tsin;
sie sind ermächtigt, die Botschafter nach Pe-kin zu geleiten u. s. w.
-- Lord Elgin, welcher kurz zuvor nach Tan-ko übergesiedelt war,
verwies in der Antwort kurz auf sein Schreiben an Han vom 17.
August. -- Am 20. schrieben Wen-tsian und Han-ki abermals:
ein Erlass des Grossen Staatsraths melde ihnen die Ernennung
eines Commissars, welcher in der Hauptstadt mit den Botschaftern
conferiren solle. Da über die 56 Artikel des Vertrages schon unter-
handelt worden sei, so möchten die Botschafter gewiss nach Pe-
kin
kommen und die Verträge nach dem Beispiel der Americaner
im vorigen Jahre austauschen, damit die freundschaftlichen Be-
ziehungen hergestellt würden. Die Berathungen der vier von Herrn
Bruce beantragten Artikel (der Forderungen des Ultimatum) könne
bis zu Lord Elgin's Conferenz mit dem kaiserlichen Commissar in
der Hauptstadt verschoben werden; fände man dann die Vorschläge
vernünftig, so stände ihrer Annahme nichts im Wege.

Unterdessen hatte am 18. August eine Abtheilung französischer
Truppen bei Tan-ko auf das südliche Ufer des Pei-ho übergesetzt
und dort nach kurzem Gefecht den Flecken Siao-lean genom-
men. Zwischen diesem Dorfe und Tan-ko wurde eine Schiffbrücke
geschlagen. Der französische Feldherr, General Montauban,
wünschte die Süd-Forts anzugreifen, fügte sich aber nach schrift-
licher Niederlegung seiner abweichenden Ansicht in den Plan des
General Sir Hope Grant, die Nord-Forts zu berennen, und unter-
stützte dessen Operationen mit seinen Truppen.

Am 20. August waren die Vorbereitungen beendet. In der
folgenden Nacht wurde das schwere Geschütz in den dafür ge-
bauten Batterieen gegen das innere Nord-Fort in Position gebracht;
bei Tagesanbruch eröffneten die Chinesen das Feuer. Die Geschütze
der inneren Süd-Forts bestrichen zum Theil die Angriffslinie der

Friedliche Eröffnungen.

Am 18. August schrieben auch die aus Pe-kiṅ gesandten
Commissare Wen-tsiaṅ und Haṅ-ki von Tien-tsin aus an Lord
Elgin: Haṅ-ki habe Befehl gehabt, den Botschaftern nach ihrem
Eintreffen an der Küste von Tien-tsin zu melden, dass die Ver-
träge ratificirt und die freundschaftlichen Beziehungen befestigt
werden sollten. Auf die Nachricht von Feindseligkeiten seien nun
die Commissare vom Kaiser angewiesen, den Botschaftern mit obiger
Meldung entgegenzugehen. Sie besorgen, dass der General-Gou-
verneur von Tši-li den Wunsch der chinesischen Regierung mit-
zutheilen verfehlt habe, und kommen deshalb selbst nach Tien-tsin;
sie sind ermächtigt, die Botschafter nach Pe-kiṅ zu geleiten u. s. w.
— Lord Elgin, welcher kurz zuvor nach Taṅ-ko übergesiedelt war,
verwies in der Antwort kurz auf sein Schreiben an Haṅ vom 17.
August. — Am 20. schrieben Wen-tsiaṅ und Haṅ-ki abermals:
ein Erlass des Grossen Staatsraths melde ihnen die Ernennung
eines Commissars, welcher in der Hauptstadt mit den Botschaftern
conferiren solle. Da über die 56 Artikel des Vertrages schon unter-
handelt worden sei, so möchten die Botschafter gewiss nach Pe-
kiṅ
kommen und die Verträge nach dem Beispiel der Americaner
im vorigen Jahre austauschen, damit die freundschaftlichen Be-
ziehungen hergestellt würden. Die Berathungen der vier von Herrn
Bruce beantragten Artikel (der Forderungen des Ultimatum) könne
bis zu Lord Elgin’s Conferenz mit dem kaiserlichen Commissar in
der Hauptstadt verschoben werden; fände man dann die Vorschläge
vernünftig, so stände ihrer Annahme nichts im Wege.

Unterdessen hatte am 18. August eine Abtheilung französischer
Truppen bei Taṅ-ko auf das südliche Ufer des Pei-ho übergesetzt
und dort nach kurzem Gefecht den Flecken Siao-leaṅ genom-
men. Zwischen diesem Dorfe und Taṅ-ko wurde eine Schiffbrücke
geschlagen. Der französische Feldherr, General Montauban,
wünschte die Süd-Forts anzugreifen, fügte sich aber nach schrift-
licher Niederlegung seiner abweichenden Ansicht in den Plan des
General Sir Hope Grant, die Nord-Forts zu berennen, und unter-
stützte dessen Operationen mit seinen Truppen.

Am 20. August waren die Vorbereitungen beendet. In der
folgenden Nacht wurde das schwere Geschütz in den dafür ge-
bauten Batterieen gegen das innere Nord-Fort in Position gebracht;
bei Tagesanbruch eröffneten die Chinesen das Feuer. Die Geschütze
der inneren Süd-Forts bestrichen zum Theil die Angriffslinie der

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[319/0341] Friedliche Eröffnungen. Am 18. August schrieben auch die aus Pe-kiṅ gesandten Commissare Wen-tsiaṅ und Haṅ-ki von Tien-tsin aus an Lord Elgin: Haṅ-ki habe Befehl gehabt, den Botschaftern nach ihrem Eintreffen an der Küste von Tien-tsin zu melden, dass die Ver- träge ratificirt und die freundschaftlichen Beziehungen befestigt werden sollten. Auf die Nachricht von Feindseligkeiten seien nun die Commissare vom Kaiser angewiesen, den Botschaftern mit obiger Meldung entgegenzugehen. Sie besorgen, dass der General-Gou- verneur von Tši-li den Wunsch der chinesischen Regierung mit- zutheilen verfehlt habe, und kommen deshalb selbst nach Tien-tsin; sie sind ermächtigt, die Botschafter nach Pe-kiṅ zu geleiten u. s. w. — Lord Elgin, welcher kurz zuvor nach Taṅ-ko übergesiedelt war, verwies in der Antwort kurz auf sein Schreiben an Haṅ vom 17. August. — Am 20. schrieben Wen-tsiaṅ und Haṅ-ki abermals: ein Erlass des Grossen Staatsraths melde ihnen die Ernennung eines Commissars, welcher in der Hauptstadt mit den Botschaftern conferiren solle. Da über die 56 Artikel des Vertrages schon unter- handelt worden sei, so möchten die Botschafter gewiss nach Pe- kiṅ kommen und die Verträge nach dem Beispiel der Americaner im vorigen Jahre austauschen, damit die freundschaftlichen Be- ziehungen hergestellt würden. Die Berathungen der vier von Herrn Bruce beantragten Artikel (der Forderungen des Ultimatum) könne bis zu Lord Elgin’s Conferenz mit dem kaiserlichen Commissar in der Hauptstadt verschoben werden; fände man dann die Vorschläge vernünftig, so stände ihrer Annahme nichts im Wege. Unterdessen hatte am 18. August eine Abtheilung französischer Truppen bei Taṅ-ko auf das südliche Ufer des Pei-ho übergesetzt und dort nach kurzem Gefecht den Flecken Siao-leaṅ genom- men. Zwischen diesem Dorfe und Taṅ-ko wurde eine Schiffbrücke geschlagen. Der französische Feldherr, General Montauban, wünschte die Süd-Forts anzugreifen, fügte sich aber nach schrift- licher Niederlegung seiner abweichenden Ansicht in den Plan des General Sir Hope Grant, die Nord-Forts zu berennen, und unter- stützte dessen Operationen mit seinen Truppen. Am 20. August waren die Vorbereitungen beendet. In der folgenden Nacht wurde das schwere Geschütz in den dafür ge- bauten Batterieen gegen das innere Nord-Fort in Position gebracht; bei Tagesanbruch eröffneten die Chinesen das Feuer. Die Geschütze der inneren Süd-Forts bestrichen zum Theil die Angriffslinie der

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/341>, abgerufen am 25.11.2024.