[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.Pinto. -- Gründung von Macao. Landes durchstreiften, oft einen schweren Stand bereiten. Es gabdarunter merkwürdige Naturen, deren Verwegenheit, Unterneh- mungslust und Zähigkeit Bewunderung erregen, wenn auch die meisten kaum mehr als rohe Banditen waren. Hier möge noch ein- mal des Mendez Pinto 5) gedacht werden, welcher als würdiger Vertreter dieser Menschenclasse gelten kann. An den Küsten von Tse-kian kreuzend, erkundet er eine Insel bei Nin-po, wo die mit reichen Schätzen gefüllten Gräber siebzehn chinesischer Fürsten liegen. Pinto und seine Gesellen beladen dort ihre Fahrzeuge mit Gold und Silber, müssen aber einen Theil der Beute an die nach- setzenden Chinesen wieder ausliefern. Dann leiden sie Schiffbruch; nur vierzehn retten das Leben, werden aber aufgefangen, gemartert, nach Nan-kin geschleppt, dort zu öffentlicher Peitschung und Ver- lust eines Daumens verurtheilt. Man schickt sie nach Pe-kin. Auf der Reise haben sie Gelegenheit, die guten Sitten, bürgerliche Ord- nung, den Gewerbfleiss und die Gerechtigkeitsliebe der Landes- kinder zu bewundern, wovon Pinto lebendige Schilderungen giebt. In Pe-kin verurtheilt man die Portugiesen nochmals zu einjähriger Zwangsarbeit; aber noch vor Ablauf des Strafmaasses gewinnen sie die Freiheit, erreichen die Küste und schiffen sich nach Nin-po ein, werden aber vom Schiffer auf einer wüsten Insel ausgesetzt, von Piraten aufgenommen und kommen, durch Stürme verschlagen, nach Japan. -- Ein Kern von Wahrheit ist in Pinto's Berichten leicht zu erkennen, nicht aber die Grenze der Lüge. Die Gründung von Macao und das frühere Verhältniss dieser 5) Seiner Schicksale ist auch im I. Bande S. 46 gedacht.
Pinto. — Gründung von Macao. Landes durchstreiften, oft einen schweren Stand bereiten. Es gabdarunter merkwürdige Naturen, deren Verwegenheit, Unterneh- mungslust und Zähigkeit Bewunderung erregen, wenn auch die meisten kaum mehr als rohe Banditen waren. Hier möge noch ein- mal des Mendez Pinto 5) gedacht werden, welcher als würdiger Vertreter dieser Menschenclasse gelten kann. An den Küsten von Tše-kiaṅ kreuzend, erkundet er eine Insel bei Niṅ-po, wo die mit reichen Schätzen gefüllten Gräber siebzehn chinesischer Fürsten liegen. Pinto und seine Gesellen beladen dort ihre Fahrzeuge mit Gold und Silber, müssen aber einen Theil der Beute an die nach- setzenden Chinesen wieder ausliefern. Dann leiden sie Schiffbruch; nur vierzehn retten das Leben, werden aber aufgefangen, gemartert, nach Nan-kiṅ geschleppt, dort zu öffentlicher Peitschung und Ver- lust eines Daumens verurtheilt. Man schickt sie nach Pe-kiṅ. Auf der Reise haben sie Gelegenheit, die guten Sitten, bürgerliche Ord- nung, den Gewerbfleiss und die Gerechtigkeitsliebe der Landes- kinder zu bewundern, wovon Pinto lebendige Schilderungen giebt. In Pe-kiṅ verurtheilt man die Portugiesen nochmals zu einjähriger Zwangsarbeit; aber noch vor Ablauf des Strafmaasses gewinnen sie die Freiheit, erreichen die Küste und schiffen sich nach Niṅ-po ein, werden aber vom Schiffer auf einer wüsten Insel ausgesetzt, von Piraten aufgenommen und kommen, durch Stürme verschlagen, nach Japan. — Ein Kern von Wahrheit ist in Pinto’s Berichten leicht zu erkennen, nicht aber die Grenze der Lüge. Die Gründung von Macao und das frühere Verhältniss dieser 5) Seiner Schicksale ist auch im I. Bande S. 46 gedacht.
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Pinto. — Gründung von Macao.
Landes durchstreiften, oft einen schweren Stand bereiten. Es gab
darunter merkwürdige Naturen, deren Verwegenheit, Unterneh-
mungslust und Zähigkeit Bewunderung erregen, wenn auch die
meisten kaum mehr als rohe Banditen waren. Hier möge noch ein-
mal des Mendez Pinto 5) gedacht werden, welcher als würdiger
Vertreter dieser Menschenclasse gelten kann. An den Küsten von
Tše-kiaṅ kreuzend, erkundet er eine Insel bei Niṅ-po, wo die mit
reichen Schätzen gefüllten Gräber siebzehn chinesischer Fürsten
liegen. Pinto und seine Gesellen beladen dort ihre Fahrzeuge mit
Gold und Silber, müssen aber einen Theil der Beute an die nach-
setzenden Chinesen wieder ausliefern. Dann leiden sie Schiffbruch;
nur vierzehn retten das Leben, werden aber aufgefangen, gemartert,
nach Nan-kiṅ geschleppt, dort zu öffentlicher Peitschung und Ver-
lust eines Daumens verurtheilt. Man schickt sie nach Pe-kiṅ. Auf
der Reise haben sie Gelegenheit, die guten Sitten, bürgerliche Ord-
nung, den Gewerbfleiss und die Gerechtigkeitsliebe der Landes-
kinder zu bewundern, wovon Pinto lebendige Schilderungen giebt.
In Pe-kiṅ verurtheilt man die Portugiesen nochmals zu einjähriger
Zwangsarbeit; aber noch vor Ablauf des Strafmaasses gewinnen sie
die Freiheit, erreichen die Küste und schiffen sich nach Niṅ-po ein,
werden aber vom Schiffer auf einer wüsten Insel ausgesetzt, von
Piraten aufgenommen und kommen, durch Stürme verschlagen, nach
Japan. — Ein Kern von Wahrheit ist in Pinto’s Berichten leicht
zu erkennen, nicht aber die Grenze der Lüge.
Die Gründung von Macao und das frühere Verhältniss dieser
Colonie zur chinesischen Regierung sind in Dunkel gehüllt. Die
Halbinsel Gaü-men, auf welcher die Stadt entstand, bildet die süd-
östliche Spitze der grossen Insel Hiaṅ-šan und hängt mit derselben
durch einen schmalen Isthmus zusammen. Schon 1537 sollen die
bestochenen Mandarinen den Portugiesen erlaubt haben, auf dem
unbewohnten Vorgebirge Schuppen zum Trocknen ihrer Waaren
zu bauen, welche unter der Bezeichnung »Tribut« eingeführt wur-
den. Bald entstanden auch steinerne Wohngebäude; ohne Ein-
spruch liess man die Bevölkerung anwachsen. Die Portugiesen
bauten Festungswerke und richteten eine eigene Regierung ein,
ohne Zweifel unter Connivenz der erkauften Local-Behörden,
aber ohne ausdrückliche Zustimmung des Kaiserhofes, mit welchem
5) Seiner Schicksale ist auch im I. Bande S. 46 gedacht.
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