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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Locale Aufstände.
danische Bevölkerung und nahm mehrere Städte. Rebellionen,
Hungersnoth und Ueberschwemmungen brachten tiefes Elend über
das Reich. Die amtliche Zeitung klagt im Ausdruck wilden
Schmerzes über diese Heimsuchungen und ermahnt die Reichen
dringend zu Unterstützung ihrer bedürftigen Mitbürger.

1857 besassen die Tae-pin nur wenige Städte auf dem Süd-
ufer des Yan-tse von Tsin-kian aufwärts bis Gan-kin. Im fol-
genden Jahre räumten sie sogar Tsin-kian aus Mangel an Vor-
räthen und litten in Nan-kin grosse Noth. Sie sandten starke
Heerhaufen nach Kian-si, um sich Lebensmittel zu schaffen, wäh-
rend Nan-kin von den Kaiserlichen belagert blieb. Das war ihr
einziger Feldzug 1858. Erst in den folgenden Jahren gewannen sie
wieder tüchtige Führer, welche, zu aggressiver Thätigkeit über-
gehend, der Herrschaft des Tien-wan noch ein kurzes Dasein
fristeten.

Locale Aufstände erschütterten die ganze Zeit hindurch auch
die südlichen Provinzen. So bemächtigte sich schon 1854 eine
starke Schaar von Dreifaltigkeitsbündlern in Kuan-tun der reichen
Handelsstadt Fu-san, nur drei Meilen von Kan-ton, und schloss
von da aus letztere Stadt immer enger ein. Das ganze Flussnetz
des Tsu-kian war in ihrer Gewalt; sie konnten Kan-ton aus-
hungern, wenn nicht die Fremden, welche sie nicht anzutasten
wagten, Lebensmittel für die Bevölkerung herbeigeschafft hätten.
Die Zahl dieser Rebellen soll über 30,000 betragen haben; die
Garnison von Kan-ton konnte nichts gegen sie ausrichten. End-
lich ermannte sich die Bevölkerung und vertrieb, zu den Waffen
greifend, im Februar 1855 den Feind aus der nächsten Umgebung.
Die Rebellen verbreiteten sich nun über den Osten von Kuan-tun
und über Kuan-si, wo in den nächsten Jahren beständig gekämpft
wurde; nur die Hauptstadt Kwei-lin soll allen Belagerungen
widerstanden haben. Von Kuan-si aus überschwemmten sie die
Provinz Hu-nan und drangen bis zum Tun-tin-See vor. -- In
Hu-pi trotzten zahlreiche Insurgentenschaaren den Kaiserlichen.
Die Aufstände in den nördlichen Provinzen Ho-nan und San-tun
beunruhigten sehr ernstlich die Behörden von Pe-kin; am Gelben
Fluss
wurden mehrere Städte zerstört und zeitweise jede Ver-
bindung mit dem Süden abgeschnitten. Diese Rebellen standen
nach der amtlichen Zeitung von Pe-kin zu den Tae-pin in naher
Beziehung.

14*

Locale Aufstände.
danische Bevölkerung und nahm mehrere Städte. Rebellionen,
Hungersnoth und Ueberschwemmungen brachten tiefes Elend über
das Reich. Die amtliche Zeitung klagt im Ausdruck wilden
Schmerzes über diese Heimsuchungen und ermahnt die Reichen
dringend zu Unterstützung ihrer bedürftigen Mitbürger.

1857 besassen die Tae-piṅ nur wenige Städte auf dem Süd-
ufer des Yaṅ-tse von Tšiṅ-kiaṅ aufwärts bis Gan-kiṅ. Im fol-
genden Jahre räumten sie sogar Tšiṅ-kiaṅ aus Mangel an Vor-
räthen und litten in Nan-kiṅ grosse Noth. Sie sandten starke
Heerhaufen nach Kiaṅ-si, um sich Lebensmittel zu schaffen, wäh-
rend Nan-kiṅ von den Kaiserlichen belagert blieb. Das war ihr
einziger Feldzug 1858. Erst in den folgenden Jahren gewannen sie
wieder tüchtige Führer, welche, zu aggressiver Thätigkeit über-
gehend, der Herrschaft des Tien-waṅ noch ein kurzes Dasein
fristeten.

Locale Aufstände erschütterten die ganze Zeit hindurch auch
die südlichen Provinzen. So bemächtigte sich schon 1854 eine
starke Schaar von Dreifaltigkeitsbündlern in Kuaṅ-tuṅ der reichen
Handelsstadt Fu-šan, nur drei Meilen von Kan-ton, und schloss
von da aus letztere Stadt immer enger ein. Das ganze Flussnetz
des Tšu-kiaṅ war in ihrer Gewalt; sie konnten Kan-ton aus-
hungern, wenn nicht die Fremden, welche sie nicht anzutasten
wagten, Lebensmittel für die Bevölkerung herbeigeschafft hätten.
Die Zahl dieser Rebellen soll über 30,000 betragen haben; die
Garnison von Kan-ton konnte nichts gegen sie ausrichten. End-
lich ermannte sich die Bevölkerung und vertrieb, zu den Waffen
greifend, im Februar 1855 den Feind aus der nächsten Umgebung.
Die Rebellen verbreiteten sich nun über den Osten von Kuaṅ-tuṅ
und über Kuaṅ-si, wo in den nächsten Jahren beständig gekämpft
wurde; nur die Hauptstadt Kwei-liṅ soll allen Belagerungen
widerstanden haben. Von Kuaṅ-si aus überschwemmten sie die
Provinz Hu-nan und drangen bis zum Tuṅ-tiṅ-See vor. — In
Hu-pi trotzten zahlreiche Insurgentenschaaren den Kaiserlichen.
Die Aufstände in den nördlichen Provinzen Ho-nan und Šan-tuṅ
beunruhigten sehr ernstlich die Behörden von Pe-kiṅ; am Gelben
Fluss
wurden mehrere Städte zerstört und zeitweise jede Ver-
bindung mit dem Süden abgeschnitten. Diese Rebellen standen
nach der amtlichen Zeitung von Pe-kiṅ zu den Tae-piṅ in naher
Beziehung.

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[211/0233] Locale Aufstände. danische Bevölkerung und nahm mehrere Städte. Rebellionen, Hungersnoth und Ueberschwemmungen brachten tiefes Elend über das Reich. Die amtliche Zeitung klagt im Ausdruck wilden Schmerzes über diese Heimsuchungen und ermahnt die Reichen dringend zu Unterstützung ihrer bedürftigen Mitbürger. 1857 besassen die Tae-piṅ nur wenige Städte auf dem Süd- ufer des Yaṅ-tse von Tšiṅ-kiaṅ aufwärts bis Gan-kiṅ. Im fol- genden Jahre räumten sie sogar Tšiṅ-kiaṅ aus Mangel an Vor- räthen und litten in Nan-kiṅ grosse Noth. Sie sandten starke Heerhaufen nach Kiaṅ-si, um sich Lebensmittel zu schaffen, wäh- rend Nan-kiṅ von den Kaiserlichen belagert blieb. Das war ihr einziger Feldzug 1858. Erst in den folgenden Jahren gewannen sie wieder tüchtige Führer, welche, zu aggressiver Thätigkeit über- gehend, der Herrschaft des Tien-waṅ noch ein kurzes Dasein fristeten. Locale Aufstände erschütterten die ganze Zeit hindurch auch die südlichen Provinzen. So bemächtigte sich schon 1854 eine starke Schaar von Dreifaltigkeitsbündlern in Kuaṅ-tuṅ der reichen Handelsstadt Fu-šan, nur drei Meilen von Kan-ton, und schloss von da aus letztere Stadt immer enger ein. Das ganze Flussnetz des Tšu-kiaṅ war in ihrer Gewalt; sie konnten Kan-ton aus- hungern, wenn nicht die Fremden, welche sie nicht anzutasten wagten, Lebensmittel für die Bevölkerung herbeigeschafft hätten. Die Zahl dieser Rebellen soll über 30,000 betragen haben; die Garnison von Kan-ton konnte nichts gegen sie ausrichten. End- lich ermannte sich die Bevölkerung und vertrieb, zu den Waffen greifend, im Februar 1855 den Feind aus der nächsten Umgebung. Die Rebellen verbreiteten sich nun über den Osten von Kuaṅ-tuṅ und über Kuaṅ-si, wo in den nächsten Jahren beständig gekämpft wurde; nur die Hauptstadt Kwei-liṅ soll allen Belagerungen widerstanden haben. Von Kuaṅ-si aus überschwemmten sie die Provinz Hu-nan und drangen bis zum Tuṅ-tiṅ-See vor. — In Hu-pi trotzten zahlreiche Insurgentenschaaren den Kaiserlichen. Die Aufstände in den nördlichen Provinzen Ho-nan und Šan-tuṅ beunruhigten sehr ernstlich die Behörden von Pe-kiṅ; am Gelben Fluss wurden mehrere Städte zerstört und zeitweise jede Ver- bindung mit dem Süden abgeschnitten. Diese Rebellen standen nach der amtlichen Zeitung von Pe-kiṅ zu den Tae-piṅ in naher Beziehung. 14*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/233>, abgerufen am 24.11.2024.