[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.Die fernere Haltung der Tae-pin. mit den Kriegsdampfern Styx und Rattler hin, welche ebenfallseinige Zeit vor Nan-kin blieben. -- Bei diesen Besuchen kamen die Fremden nur mit Tae-pin-Beamten untergeordneten Ranges in Berührung und konnten nicht Zutritt zu den "Königen" erhalten. Die Anmaassung der Oberhoheit über alle Länder der Welt stei- gerte sich mit jedem Besuch. Man bedeutete die Engländer und Americaner 1854 sogar ausdrücklich, dass es ihre Pflicht sei, dem himmlischen Kaiser als ihrem Lehnsherrn den Tribut der Vasallen zu bringen; man nannte sie nicht mehr "fremde Brüder", sondern "Barbaren". Für Chinesen war es unfasslich, dass fremde Nationen China's Weltherrschaft nicht anerkannten; bei den Tae-pin mochte deshalb der Verdacht aufsteigen, dass sie ins- geheim den Mandschu huldigten, mit welchen sie ja Verträge hatten. Die Besuche der Ausländer mussten ihnen zwecklos schei- nen und den Argwohn erwecken, dass sie für die Kaiserlichen Kundschaft einzögen. Während Sir George Bonham im Mai 1853 unbeschränkte Handelsfreiheit für seine Landsleute gewährt wurde, verlangte man jetzt, dass alle Handelsschiffe bei Tsin-kian ankern und sich den Bestimmungen des dortigen Commandanten fügen sollten. Im Privatverkehr blieben die Tae-pin freundschaftlich; die Fremden konnten sich dem Eindruck nicht verschliessen, dass ihre Macht im Wachsen sei. -- Nach dem Styx und dem Rattler kamen mehrere Jahre lang, bis zum November 1858, keine fremden Kriegsschiffe nach den von den Insurgenten besetzten Städten am Yan-tse. Die nach der Einnahme von Nan-kin gegen Norden ziehende III. 13
Die fernere Haltung der Tae-piṅ. mit den Kriegsdampfern Styx und Rattler hin, welche ebenfallseinige Zeit vor Nan-kiṅ blieben. — Bei diesen Besuchen kamen die Fremden nur mit Tae-piṅ-Beamten untergeordneten Ranges in Berührung und konnten nicht Zutritt zu den »Königen« erhalten. Die Anmaassung der Oberhoheit über alle Länder der Welt stei- gerte sich mit jedem Besuch. Man bedeutete die Engländer und Americaner 1854 sogar ausdrücklich, dass es ihre Pflicht sei, dem himmlischen Kaiser als ihrem Lehnsherrn den Tribut der Vasallen zu bringen; man nannte sie nicht mehr »fremde Brüder«, sondern »Barbaren«. Für Chinesen war es unfasslich, dass fremde Nationen China’s Weltherrschaft nicht anerkannten; bei den Tae-piṅ mochte deshalb der Verdacht aufsteigen, dass sie ins- geheim den Mandschu huldigten, mit welchen sie ja Verträge hatten. Die Besuche der Ausländer mussten ihnen zwecklos schei- nen und den Argwohn erwecken, dass sie für die Kaiserlichen Kundschaft einzögen. Während Sir George Bonham im Mai 1853 unbeschränkte Handelsfreiheit für seine Landsleute gewährt wurde, verlangte man jetzt, dass alle Handelsschiffe bei Tšiṅ-kiaṅ ankern und sich den Bestimmungen des dortigen Commandanten fügen sollten. Im Privatverkehr blieben die Tae-piṅ freundschaftlich; die Fremden konnten sich dem Eindruck nicht verschliessen, dass ihre Macht im Wachsen sei. — Nach dem Styx und dem Rattler kamen mehrere Jahre lang, bis zum November 1858, keine fremden Kriegsschiffe nach den von den Insurgenten besetzten Städten am Yaṅ-tse. Die nach der Einnahme von Nan-kiṅ gegen Norden ziehende III. 13
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Die fernere Haltung der Tae-piṅ.
mit den Kriegsdampfern Styx und Rattler hin, welche ebenfalls
einige Zeit vor Nan-kiṅ blieben. — Bei diesen Besuchen kamen
die Fremden nur mit Tae-piṅ-Beamten untergeordneten Ranges in
Berührung und konnten nicht Zutritt zu den »Königen« erhalten.
Die Anmaassung der Oberhoheit über alle Länder der Welt stei-
gerte sich mit jedem Besuch. Man bedeutete die Engländer und
Americaner 1854 sogar ausdrücklich, dass es ihre Pflicht sei, dem
himmlischen Kaiser als ihrem Lehnsherrn den Tribut der Vasallen
zu bringen; man nannte sie nicht mehr »fremde Brüder«, sondern
»Barbaren«. Für Chinesen war es unfasslich, dass fremde
Nationen China’s Weltherrschaft nicht anerkannten; bei den
Tae-piṅ mochte deshalb der Verdacht aufsteigen, dass sie ins-
geheim den Mandschu huldigten, mit welchen sie ja Verträge
hatten. Die Besuche der Ausländer mussten ihnen zwecklos schei-
nen und den Argwohn erwecken, dass sie für die Kaiserlichen
Kundschaft einzögen. Während Sir George Bonham im Mai 1853
unbeschränkte Handelsfreiheit für seine Landsleute gewährt wurde,
verlangte man jetzt, dass alle Handelsschiffe bei Tšiṅ-kiaṅ ankern
und sich den Bestimmungen des dortigen Commandanten fügen
sollten. Im Privatverkehr blieben die Tae-piṅ freundschaftlich;
die Fremden konnten sich dem Eindruck nicht verschliessen, dass
ihre Macht im Wachsen sei. — Nach dem Styx und dem Rattler
kamen mehrere Jahre lang, bis zum November 1858, keine fremden
Kriegsschiffe nach den von den Insurgenten besetzten Städten
am Yaṅ-tse.
Die nach der Einnahme von Nan-kiṅ gegen Norden ziehende
Streitmacht der Tae-piṅ setzte am 12. Mai 1853 über den Yaṅ-tse
und schlug ein Tartarencorps von der Nordgrenze der Mandschurei,
auf das der Kaiser grosse Hoffnungen setzte. Am 15. Mai über-
wand sie ein zweites Tartarencorps. Ende Mai nahm sie die Kreis-
hauptstadt Fuṅ-yan und rückte gegen Kae-fuṅ, die Hauptstadt
der Provinz Ho-nan. Ein Sturm auf dieselbe wurde am 22. Juni
abgeschlagen. Nun überschritten die Tae-piṅ den Gelben Fluss
und marschirten auf die Kreisstadt Wae-kiṅ, welche sie, im Felde
von kaiserlichen Truppen bedrängt, zwei Monate lang vergebens
belagerten. Dieser Platz beherrscht den weiter abwärts Wei ge-
nannten Tan-Fluss, welcher in den Kaisercanal mündet. Sie
III. 13
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