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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Meadows und die Tae-pin-Könige.
und fragte nach der Haltung, welche sie im Falle eines Marsches
auf Shang-hae gegen die Fremden zu beobachten dächten. Zugleich
erklärte er, dass der Hermes zu den fremdgetakelten Schiffen im
Flusse, welche, ihm folgend, die Werke bei Tsin-kian angegriffen
hatten, in keiner Beziehung stehe, und dass die Verheissung der
Mandarinen von der Hülfe der Fremden grundlos sei. Den Verkauf
fremder Fahrzeuge an Chinesen könnten die Consularbehörden nicht
hindern; unter ihrer früheren National-Flagge dürften solche aber
nicht mehr fahren.

Der Nordkönig ging auf diese Auseinandersetzungen wenig
ein, sprach fast nur von seinem Glauben und forschte nach dem
der Engländer: als Kinder und Anbeter Gottes seien alle Menschen
Brüder; ob Meadows die "Himmlischen Gebote" kenne. Dieser
fragte ob deren nicht zehn seien und begann den Anfang herzu-
sagen. Da legte der Nordkönig ihm freudig die Hand auf die
Schulter und sagte wiederholt: "Dieselben wie unsere!" Auch der
Hülfskönig drückte seine Freude aus. Nicht nur Frieden, hiess
es jetzt, sondern innige Freundschaft könne zwischen ihnen sein;
die Engländer möchten landen und nach Gefallen in Nan-kin um-
herwandeln. -- Der Nordkönig fragte auch nach Roberts in Kan-
ton
, der ein sehr guter Mann sei, und kam im Laufe des Gespräches
immer wieder darauf zurück, wie er und seine Waffengefährten des
besonderen göttlichen Beistandes genössen, ohne den sie gegen so
überlegene Massen und Rüstungen nichts hätten ausrichten können:
"Es wäre unrecht, wenn ihr den Mandschu helfen wolltet, und
noch mehr, es wäre unnütz. Unser himmlischer Vater hilft uns;
gegen ihn kann niemand kämpfen."

Man verabredete, dass folgenden Tages ein Tae-pin-Beamter
an Bord des Hermes kommen und Sir George Bonham zu der Zu-
sammenkunft abholen solle. Meadows erhielt die Versicherung,
dass derselbe in einem Ya-mum der inneren Stadt Männer von an-
gemessenem Range treffen solle, erreichte aber keine nähere Bezeich-
nung derselben. "Wie hoch der Rang des englischen Commissars
auch sein möge", sagte der Nordkönig, "er kann nicht so hoch sein,
als der Rang Derjenigen, vor denen Ihr jetzt sitzet. Auf die Frage
über den Tae-pin-Kaiser erwiederte der Nord-König, er sei der
"wahre Herr" und als Beherrscher von China auch Herr der ganzen
Welt: "Er ist der zweite Sohn Gottes und alle Völker der Welt
müssen ihm gehorchen." Und als Meadows nicht antwortete: "Der

Meadows und die Tae-piṅ-Könige.
und fragte nach der Haltung, welche sie im Falle eines Marsches
auf Shang-hae gegen die Fremden zu beobachten dächten. Zugleich
erklärte er, dass der Hermes zu den fremdgetakelten Schiffen im
Flusse, welche, ihm folgend, die Werke bei Tšiṅ-kiaṅ angegriffen
hatten, in keiner Beziehung stehe, und dass die Verheissung der
Mandarinen von der Hülfe der Fremden grundlos sei. Den Verkauf
fremder Fahrzeuge an Chinesen könnten die Consularbehörden nicht
hindern; unter ihrer früheren National-Flagge dürften solche aber
nicht mehr fahren.

Der Nordkönig ging auf diese Auseinandersetzungen wenig
ein, sprach fast nur von seinem Glauben und forschte nach dem
der Engländer: als Kinder und Anbeter Gottes seien alle Menschen
Brüder; ob Meadows die »Himmlischen Gebote« kenne. Dieser
fragte ob deren nicht zehn seien und begann den Anfang herzu-
sagen. Da legte der Nordkönig ihm freudig die Hand auf die
Schulter und sagte wiederholt: »Dieselben wie unsere!« Auch der
Hülfskönig drückte seine Freude aus. Nicht nur Frieden, hiess
es jetzt, sondern innige Freundschaft könne zwischen ihnen sein;
die Engländer möchten landen und nach Gefallen in Nan-kiṅ um-
herwandeln. — Der Nordkönig fragte auch nach Roberts in Kan-
ton
, der ein sehr guter Mann sei, und kam im Laufe des Gespräches
immer wieder darauf zurück, wie er und seine Waffengefährten des
besonderen göttlichen Beistandes genössen, ohne den sie gegen so
überlegene Massen und Rüstungen nichts hätten ausrichten können:
»Es wäre unrecht, wenn ihr den Mandschu helfen wolltet, und
noch mehr, es wäre unnütz. Unser himmlischer Vater hilft uns;
gegen ihn kann niemand kämpfen.«

Man verabredete, dass folgenden Tages ein Tae-piṅ-Beamter
an Bord des Hermes kommen und Sir George Bonham zu der Zu-
sammenkunft abholen solle. Meadows erhielt die Versicherung,
dass derselbe in einem Ya-mum der inneren Stadt Männer von an-
gemessenem Range treffen solle, erreichte aber keine nähere Bezeich-
nung derselben. »Wie hoch der Rang des englischen Commissars
auch sein möge«, sagte der Nordkönig, »er kann nicht so hoch sein,
als der Rang Derjenigen, vor denen Ihr jetzt sitzet. Auf die Frage
über den Tae-piṅ-Kaiser erwiederte der Nord-König, er sei der
»wahre Herr« und als Beherrscher von China auch Herr der ganzen
Welt: »Er ist der zweite Sohn Gottes und alle Völker der Welt
müssen ihm gehorchen.« Und als Meadows nicht antwortete: »Der

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[186/0208] Meadows und die Tae-piṅ-Könige. und fragte nach der Haltung, welche sie im Falle eines Marsches auf Shang-hae gegen die Fremden zu beobachten dächten. Zugleich erklärte er, dass der Hermes zu den fremdgetakelten Schiffen im Flusse, welche, ihm folgend, die Werke bei Tšiṅ-kiaṅ angegriffen hatten, in keiner Beziehung stehe, und dass die Verheissung der Mandarinen von der Hülfe der Fremden grundlos sei. Den Verkauf fremder Fahrzeuge an Chinesen könnten die Consularbehörden nicht hindern; unter ihrer früheren National-Flagge dürften solche aber nicht mehr fahren. Der Nordkönig ging auf diese Auseinandersetzungen wenig ein, sprach fast nur von seinem Glauben und forschte nach dem der Engländer: als Kinder und Anbeter Gottes seien alle Menschen Brüder; ob Meadows die »Himmlischen Gebote« kenne. Dieser fragte ob deren nicht zehn seien und begann den Anfang herzu- sagen. Da legte der Nordkönig ihm freudig die Hand auf die Schulter und sagte wiederholt: »Dieselben wie unsere!« Auch der Hülfskönig drückte seine Freude aus. Nicht nur Frieden, hiess es jetzt, sondern innige Freundschaft könne zwischen ihnen sein; die Engländer möchten landen und nach Gefallen in Nan-kiṅ um- herwandeln. — Der Nordkönig fragte auch nach Roberts in Kan- ton, der ein sehr guter Mann sei, und kam im Laufe des Gespräches immer wieder darauf zurück, wie er und seine Waffengefährten des besonderen göttlichen Beistandes genössen, ohne den sie gegen so überlegene Massen und Rüstungen nichts hätten ausrichten können: »Es wäre unrecht, wenn ihr den Mandschu helfen wolltet, und noch mehr, es wäre unnütz. Unser himmlischer Vater hilft uns; gegen ihn kann niemand kämpfen.« Man verabredete, dass folgenden Tages ein Tae-piṅ-Beamter an Bord des Hermes kommen und Sir George Bonham zu der Zu- sammenkunft abholen solle. Meadows erhielt die Versicherung, dass derselbe in einem Ya-mum der inneren Stadt Männer von an- gemessenem Range treffen solle, erreichte aber keine nähere Bezeich- nung derselben. »Wie hoch der Rang des englischen Commissars auch sein möge«, sagte der Nordkönig, »er kann nicht so hoch sein, als der Rang Derjenigen, vor denen Ihr jetzt sitzet. Auf die Frage über den Tae-piṅ-Kaiser erwiederte der Nord-König, er sei der »wahre Herr« und als Beherrscher von China auch Herr der ganzen Welt: »Er ist der zweite Sohn Gottes und alle Völker der Welt müssen ihm gehorchen.« Und als Meadows nicht antwortete: »Der

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/208>, abgerufen am 22.11.2024.