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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Hindernisse des Handels.
Kleine Aenderungen bewirkten die Aufseher des Handels schon in
den nächsten Jahren. -- Das Schreiben des americanischen Prä-
sidenten Tyler an den Kaiser von China,59) welches der Gesandte
Caleb Cushing seiner Instruction gemäss in Pe-kin überreichen
sollte, war schlecht geeignet für den Himmelssohn; die Erlaub-
niss zur Reise nach der Hauptstadt wurde kategorisch verweigert.
Bei Ratification des americanischen Vertrages entdeckte man, dass
der Bericht des Staatsrathes darüber in zwei verschiedenen Aus-
gaben gedruckt wurde: in der für die Chinesen bestimmten hiessen
die Fremden überall Barbaren, in der zweiten war der anstössige
Ausdruck durch einen milderen ersetzt. -- Der französische Bevoll-
mächtigte, Herr von Lagrene, erreichte nach langen Kämpfen,
dass sein König im Vertrags-Instrument dieselben Hoheits-
Titel erhielt, wie der Kaiser von China.60) Den chinesischen Katho-
liken erlaubte Tau-kwan nur durch ein nach seinem Willen wider-
rufliches Edict freie Religionsübung; im Vertrage erhielten sie nur
die französischen Unterthanen.

Neben den nur die Engländer betreffenden Schwierigkeiten
waren besonders folgende Umstände der Entwickelung des Handels-
verkehrs hinderlich gewesen:

1) Die Beschränkung des Handels auf Kan-ton; die Lage
dieses Hafens am südlichsten Ende des Reiches, in grösster Ent-
fernung von der Hauptstadt und den die wichtigsten Ausfuhr-
artikel erzeugenden Landschaften, von denen zugleich der stärkste
Verbrauch der Einfuhr zu erwarten war.
2) Das der kleinen Gesellschaft der Hon-Kaufleute ertheilte
Handelsprivilegium und die Beaufsichtigung der Fremden durch
diese Monopolisten, welche wie eine Mauer zwischen Jenen und
der Obrigkeit des Landes standen.
3) Die Höhe der Abgaben, die drückende Art ihrer Erhebung
und die fiscalischen Bestimmungen, welchen der Handelsverkehr
unterworfen war.
4) Die Anmaassung der Jurisdiction über die Fremden und
die willkürliche Handhabung der chinesischen Gesetze, besonders
in Fällen des Todtschlages.
59) S. Neumann Ostasiatische Geschichte (Leipzig 1861) S. 87.
60) Der Vertrag wurde von den französischen Oppositions-Blättern scharf getadelt,
weil darin das Recht der meistbegünstigten Nation nur auf künftige Zugeständnisse,
nicht auf früher gewährte bezogen war.

Hindernisse des Handels.
Kleine Aenderungen bewirkten die Aufseher des Handels schon in
den nächsten Jahren. — Das Schreiben des americanischen Prä-
sidenten Tyler an den Kaiser von China,59) welches der Gesandte
Caleb Cushing seiner Instruction gemäss in Pe-kiṅ überreichen
sollte, war schlecht geeignet für den Himmelssohn; die Erlaub-
niss zur Reise nach der Hauptstadt wurde kategorisch verweigert.
Bei Ratification des americanischen Vertrages entdeckte man, dass
der Bericht des Staatsrathes darüber in zwei verschiedenen Aus-
gaben gedruckt wurde: in der für die Chinesen bestimmten hiessen
die Fremden überall Barbaren, in der zweiten war der anstössige
Ausdruck durch einen milderen ersetzt. — Der französische Bevoll-
mächtigte, Herr von Lagrené, erreichte nach langen Kämpfen,
dass sein König im Vertrags-Instrument dieselben Hoheits-
Titel erhielt, wie der Kaiser von China.60) Den chinesischen Katho-
liken erlaubte Tau-kwaṅ nur durch ein nach seinem Willen wider-
rufliches Edict freie Religionsübung; im Vertrage erhielten sie nur
die französischen Unterthanen.

Neben den nur die Engländer betreffenden Schwierigkeiten
waren besonders folgende Umstände der Entwickelung des Handels-
verkehrs hinderlich gewesen:

1) Die Beschränkung des Handels auf Kan-ton; die Lage
dieses Hafens am südlichsten Ende des Reiches, in grösster Ent-
fernung von der Hauptstadt und den die wichtigsten Ausfuhr-
artikel erzeugenden Landschaften, von denen zugleich der stärkste
Verbrauch der Einfuhr zu erwarten war.
2) Das der kleinen Gesellschaft der Hoṅ-Kaufleute ertheilte
Handelsprivilegium und die Beaufsichtigung der Fremden durch
diese Monopolisten, welche wie eine Mauer zwischen Jenen und
der Obrigkeit des Landes standen.
3) Die Höhe der Abgaben, die drückende Art ihrer Erhebung
und die fiscalischen Bestimmungen, welchen der Handelsverkehr
unterworfen war.
4) Die Anmaassung der Jurisdiction über die Fremden und
die willkürliche Handhabung der chinesischen Gesetze, besonders
in Fällen des Todtschlages.
59) S. Neumann Ostasiatische Geschichte (Leipzig 1861) S. 87.
60) Der Vertrag wurde von den französischen Oppositions-Blättern scharf getadelt,
weil darin das Recht der meistbegünstigten Nation nur auf künftige Zugeständnisse,
nicht auf früher gewährte bezogen war.
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[136/0158] Hindernisse des Handels. Kleine Aenderungen bewirkten die Aufseher des Handels schon in den nächsten Jahren. — Das Schreiben des americanischen Prä- sidenten Tyler an den Kaiser von China, 59) welches der Gesandte Caleb Cushing seiner Instruction gemäss in Pe-kiṅ überreichen sollte, war schlecht geeignet für den Himmelssohn; die Erlaub- niss zur Reise nach der Hauptstadt wurde kategorisch verweigert. Bei Ratification des americanischen Vertrages entdeckte man, dass der Bericht des Staatsrathes darüber in zwei verschiedenen Aus- gaben gedruckt wurde: in der für die Chinesen bestimmten hiessen die Fremden überall Barbaren, in der zweiten war der anstössige Ausdruck durch einen milderen ersetzt. — Der französische Bevoll- mächtigte, Herr von Lagrené, erreichte nach langen Kämpfen, dass sein König im Vertrags-Instrument dieselben Hoheits- Titel erhielt, wie der Kaiser von China. 60) Den chinesischen Katho- liken erlaubte Tau-kwaṅ nur durch ein nach seinem Willen wider- rufliches Edict freie Religionsübung; im Vertrage erhielten sie nur die französischen Unterthanen. Neben den nur die Engländer betreffenden Schwierigkeiten waren besonders folgende Umstände der Entwickelung des Handels- verkehrs hinderlich gewesen: 1) Die Beschränkung des Handels auf Kan-ton; die Lage dieses Hafens am südlichsten Ende des Reiches, in grösster Ent- fernung von der Hauptstadt und den die wichtigsten Ausfuhr- artikel erzeugenden Landschaften, von denen zugleich der stärkste Verbrauch der Einfuhr zu erwarten war. 2) Das der kleinen Gesellschaft der Hoṅ-Kaufleute ertheilte Handelsprivilegium und die Beaufsichtigung der Fremden durch diese Monopolisten, welche wie eine Mauer zwischen Jenen und der Obrigkeit des Landes standen. 3) Die Höhe der Abgaben, die drückende Art ihrer Erhebung und die fiscalischen Bestimmungen, welchen der Handelsverkehr unterworfen war. 4) Die Anmaassung der Jurisdiction über die Fremden und die willkürliche Handhabung der chinesischen Gesetze, besonders in Fällen des Todtschlages. 59) S. Neumann Ostasiatische Geschichte (Leipzig 1861) S. 87. 60) Der Vertrag wurde von den französischen Oppositions-Blättern scharf getadelt, weil darin das Recht der meistbegünstigten Nation nur auf künftige Zugeständnisse, nicht auf früher gewährte bezogen war.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/158>, abgerufen am 03.05.2024.