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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Vegetation. Jahreszeiten. VII.
kühlten Küsten ihre Dünste zu dichten Nebeln und Regenwolken.
Der August scheint einer der trockensten Monate zu sein, aber auch
im Spätherbst und bis in den Januar soll der Himmel oft Wochen
lang kein Wölkchen zeigen. Anders freilich haben wir es erfahren,
doch bezeichneten damals alle Japaner die Witterung als unge-
wöhnlich. Der Uebergang des Sommers in den Herbst und Winter
pflegt ganz unmerklich zu sein, mächtig dagegen das Erwachen der
Natur im Frühling. Schon im Januar blühen in den Gärten Apri-
cosen, Camelien, Mispeln und Cornelkirschen, im Februar Veilchen,
Anemonen, Löwenzahn, Cinerarien, Arum ringens, Perdicium to-
mentosum und Lazula verna. Im März folgen dann Kerrien, Weigela,
Seidelbast, Primeln und Loniceren, Stachyrus, Cercis, Hamamelis,
Calycanthus und Astragalus, Pflaumen, Kirschen und Pfirsiche in
zahlreichen Spielarten. Im April erneuern die immergrünen Laub-
bäume, Lorbeern, Myrthen und Eichen ihre Blätter, die Wälder
prangen im buntesten Kleide; mannichfache Azaleen, Euryen, Hy-
drangeen, Magnolien und Paeonien, Viburnum, Evonymus, Crataegus-
und Rubus-Arten, die Paulownia imperialis in Stämmen von dreissig
Fuss, Glicine sinensis, Cydonia japonica und manche andere ent-
falten köstliche Blüthenpracht. Dazu kommen im Mai und Juni
wilde Rosen, Deutzia scabra, Styrax japonica, Caprifolium, Nelken
und Sommer-Astern, Clematis, Iris, Spiraea Reevesiana und eine
duftende weisse Rose; im Juli Orangen, Osmanthus, Tuberosen,
Orchideen, Hibiscus und Rosenpappel; der Bambus treibt saft-
schwellende Sprossen aus dem Wurzelstock und die Musa ent-
wickelt ihre breiten zarten Blattgewebe. Liliengewächse, Celosien
und Amaranthe, Lippen- und Larvenblumen, Winden und Malven
prangen in Feld und Garten; auf stillen Gewässern treibt der heilige
Lotus duftende Blüthen, und vielgestaltige Rankengewächse wuchern
in Ueppigkeit. Im August erblasst der Blüthenflor bis auf einzelne
Bignonien, Lagerströmien, ein Clerodendron, Patrinia-, Eupatorium-
und Prenanthes-Arten. Im September zeigen sich Gentianen,
Campanulaceen, Strohblumen und Doldenblüthen. Im October
blühen Rosen und Jasmin, Forsythia, Deutzia und Kerria, sowie
einige Grasarten zum zweite Male; Astern, Herbst-Anemonen und
Winter-Chrysanthemum zieren die Gärten, die Nadelhölzer erneuen
grossentheils ihre Belaubung. Im November erschliessen sich nur
noch einzelne Rosen, Camelien, Thee und Tazetten, und der De-
cember scheint fast blüthenlos. Aber der Winterschlaf ist nur kurz,

Vegetation. Jahreszeiten. VII.
kühlten Küsten ihre Dünste zu dichten Nebeln und Regenwolken.
Der August scheint einer der trockensten Monate zu sein, aber auch
im Spätherbst und bis in den Januar soll der Himmel oft Wochen
lang kein Wölkchen zeigen. Anders freilich haben wir es erfahren,
doch bezeichneten damals alle Japaner die Witterung als unge-
wöhnlich. Der Uebergang des Sommers in den Herbst und Winter
pflegt ganz unmerklich zu sein, mächtig dagegen das Erwachen der
Natur im Frühling. Schon im Januar blühen in den Gärten Apri-
cosen, Camelien, Mispeln und Cornelkirschen, im Februar Veilchen,
Anemonen, Löwenzahn, Cinerarien, Arum ringens, Perdicium to-
mentosum und Lazula verna. Im März folgen dann Kerrien, Weigela,
Seidelbast, Primeln und Loniceren, Stachyrus, Cercis, Hamamelis,
Calycanthus und Astragalus, Pflaumen, Kirschen und Pfirsiche in
zahlreichen Spielarten. Im April erneuern die immergrünen Laub-
bäume, Lorbeern, Myrthen und Eichen ihre Blätter, die Wälder
prangen im buntesten Kleide; mannichfache Azaleen, Euryen, Hy-
drangeen, Magnolien und Paeonien, Viburnum, Evonymus, Crataegus-
und Rubus-Arten, die Paulownia imperialis in Stämmen von dreissig
Fuss, Glicine sinensis, Cydonia japonica und manche andere ent-
falten köstliche Blüthenpracht. Dazu kommen im Mai und Juni
wilde Rosen, Deutzia scabra, Styrax japonica, Caprifolium, Nelken
und Sommer-Astern, Clematis, Iris, Spiraea Reevesiana und eine
duftende weisse Rose; im Juli Orangen, Osmanthus, Tuberosen,
Orchideen, Hibiscus und Rosenpappel; der Bambus treibt saft-
schwellende Sprossen aus dem Wurzelstock und die Musa ent-
wickelt ihre breiten zarten Blattgewebe. Liliengewächse, Celosien
und Amaranthe, Lippen- und Larvenblumen, Winden und Malven
prangen in Feld und Garten; auf stillen Gewässern treibt der heilige
Lotus duftende Blüthen, und vielgestaltige Rankengewächse wuchern
in Ueppigkeit. Im August erblasst der Blüthenflor bis auf einzelne
Bignonien, Lagerströmien, ein Clerodendron, Patrinia-, Eupatorium-
und Prenanthes-Arten. Im September zeigen sich Gentianen,
Campanulaceen, Strohblumen und Doldenblüthen. Im October
blühen Rosen und Jasmin, Forsythia, Deutzia und Kerria, sowie
einige Grasarten zum zweite Male; Astern, Herbst-Anemonen und
Winter-Chrysanthemum zieren die Gärten, die Nadelhölzer erneuen
grossentheils ihre Belaubung. Im November erschliessen sich nur
noch einzelne Rosen, Camelien, Thee und Tazetten, und der De-
cember scheint fast blüthenlos. Aber der Winterschlaf ist nur kurz,

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[64/0084] Vegetation. Jahreszeiten. VII. kühlten Küsten ihre Dünste zu dichten Nebeln und Regenwolken. Der August scheint einer der trockensten Monate zu sein, aber auch im Spätherbst und bis in den Januar soll der Himmel oft Wochen lang kein Wölkchen zeigen. Anders freilich haben wir es erfahren, doch bezeichneten damals alle Japaner die Witterung als unge- wöhnlich. Der Uebergang des Sommers in den Herbst und Winter pflegt ganz unmerklich zu sein, mächtig dagegen das Erwachen der Natur im Frühling. Schon im Januar blühen in den Gärten Apri- cosen, Camelien, Mispeln und Cornelkirschen, im Februar Veilchen, Anemonen, Löwenzahn, Cinerarien, Arum ringens, Perdicium to- mentosum und Lazula verna. Im März folgen dann Kerrien, Weigela, Seidelbast, Primeln und Loniceren, Stachyrus, Cercis, Hamamelis, Calycanthus und Astragalus, Pflaumen, Kirschen und Pfirsiche in zahlreichen Spielarten. Im April erneuern die immergrünen Laub- bäume, Lorbeern, Myrthen und Eichen ihre Blätter, die Wälder prangen im buntesten Kleide; mannichfache Azaleen, Euryen, Hy- drangeen, Magnolien und Paeonien, Viburnum, Evonymus, Crataegus- und Rubus-Arten, die Paulownia imperialis in Stämmen von dreissig Fuss, Glicine sinensis, Cydonia japonica und manche andere ent- falten köstliche Blüthenpracht. Dazu kommen im Mai und Juni wilde Rosen, Deutzia scabra, Styrax japonica, Caprifolium, Nelken und Sommer-Astern, Clematis, Iris, Spiraea Reevesiana und eine duftende weisse Rose; im Juli Orangen, Osmanthus, Tuberosen, Orchideen, Hibiscus und Rosenpappel; der Bambus treibt saft- schwellende Sprossen aus dem Wurzelstock und die Musa ent- wickelt ihre breiten zarten Blattgewebe. Liliengewächse, Celosien und Amaranthe, Lippen- und Larvenblumen, Winden und Malven prangen in Feld und Garten; auf stillen Gewässern treibt der heilige Lotus duftende Blüthen, und vielgestaltige Rankengewächse wuchern in Ueppigkeit. Im August erblasst der Blüthenflor bis auf einzelne Bignonien, Lagerströmien, ein Clerodendron, Patrinia-, Eupatorium- und Prenanthes-Arten. Im September zeigen sich Gentianen, Campanulaceen, Strohblumen und Doldenblüthen. Im October blühen Rosen und Jasmin, Forsythia, Deutzia und Kerria, sowie einige Grasarten zum zweite Male; Astern, Herbst-Anemonen und Winter-Chrysanthemum zieren die Gärten, die Nadelhölzer erneuen grossentheils ihre Belaubung. Im November erschliessen sich nur noch einzelne Rosen, Camelien, Thee und Tazetten, und der De- cember scheint fast blüthenlos. Aber der Winterschlaf ist nur kurz,

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/84>, abgerufen am 28.04.2024.