[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.Der Taikun nach Miako. Abreise der japanischen Gesandten. Anh. II. dahin trotz allen Bemühungen der Diplomaten nicht durchzusetzengewesen waren. Dieses Zugeständniss sollte wohl den Gesandten günstige Aufnahme in Europa verschaffen, hatte aber keinen Werth, wenn Yokuhama geräumt werden musste. Die Diplomaten waren natürlich entschlossen diesem Verlangen den beharrlichsten Wider- stand entgegenzusetzen, und konnten, da es sich hier um Wahrung der Ehre, um das wohlerworbene Recht der Verträge und materielle Interessen von der grössten Bedeutung handelte, mit Sicherheit auf den Beistand ihrer Regierungen rechnen, die von der Lage der Dinge benachrichtigt waren. Die Gesandtschaft nach Europa leistete Bürgschaft, dass es so bald nicht zu Feindseligkeiten kommen würde; an Phrasen war man nachgrade gewöhnt und hatte einstweilen keinen Grund an deren Ernst zu glauben. Ende Januar zeigte die Regierung den Repräsentanten der Vertragsmächte an, dass der Taikun sich abermals nach Miako begeben werde, um eine grosse Daimio-Ver- sammlung, eine Art Reichstag abzuhalten. Er reiste am 5. Fe- bruar 1864 mit vier Dampfern dahin ab, wie das Gerücht sagte, mit seiner Gemalin und Tochter, zu einem längeren Aufenthalt. Letzteres bestätigte sich nicht. Dass die Verträge in erster Linie Gegenstand der Berathungen sein würden, durfte man annehmen; die Angelegen- heit schien in eine neue Phase zu treten. -- Am 6. Februar schiffte sich dann auch die japanische Gesandtschaft auf der Corvette Monge nach Shanghai ein, um von da die Reise nach Europa auf einem Dampfboot der Messageries imperiales fortzusetzen. Sie nahm Wechsel auf London im Betrage von fünf Millionen Francs mit, welche in baarem Silber an ein Bankhaus in Yokuhama eingezahlt wurden. Eisendrath, Weissblechplatten, weissen Zucker in Broden oder gestossen, Stutzuhren,
Taschenuhren, Uhrketten wurde jetzt die Steuer auf 5 Procent ermässigt; -- für Bijouterieen, Spiegel, Parfümerieen und Seife, Waffen, Bücher, Scheeren, Messer, Papeterieen und Zeichnungen von 20 auf 6 Procent. -- Blattblei, Bleiloth, Matten, Rotang, Oel zum Malen, Indigo, Gips, Pfannen, Körbe wurden jetzt steuerfrei erklärt. Die Opium-Einfuhr blieb verboten. Die Steuer für Wollen-, Leinen- und Baumwollen-Fabrikate blieb auf 20 Procent, die für die Rohstoffe auf 5 Procent. Die Advalorem-Besteuerung ist in einem Lande, wo man den Werth der europäischen Producte nicht beurtheilen kann, natürlich nur eine imaginäre; selbst die hohe Steuer auf Getränke, 35 Procent, gab keinen erheblichen Kostenzuschlag, da man z. B. 300 Dutzend Kisten Rothwein zu 100 Dollars Werth zu declariren pflegte. Uhren, Bijouterieen u. s. w. wurden fast immer eingeschmuggelt; auch mit anderen Artikeln betrieb man den Schleichhandel im Grossen, wozu die Bestechlichkeit der japanischen Zollbeamten den fremden Kaufleuten die Hand reichte. Der Taïkūn nach Miako. Abreise der japanischen Gesandten. Anh. II. dahin trotz allen Bemühungen der Diplomaten nicht durchzusetzengewesen waren. Dieses Zugeständniss sollte wohl den Gesandten günstige Aufnahme in Europa verschaffen, hatte aber keinen Werth, wenn Yokuhama geräumt werden musste. Die Diplomaten waren natürlich entschlossen diesem Verlangen den beharrlichsten Wider- stand entgegenzusetzen, und konnten, da es sich hier um Wahrung der Ehre, um das wohlerworbene Recht der Verträge und materielle Interessen von der grössten Bedeutung handelte, mit Sicherheit auf den Beistand ihrer Regierungen rechnen, die von der Lage der Dinge benachrichtigt waren. Die Gesandtschaft nach Europa leistete Bürgschaft, dass es so bald nicht zu Feindseligkeiten kommen würde; an Phrasen war man nachgrade gewöhnt und hatte einstweilen keinen Grund an deren Ernst zu glauben. Ende Januar zeigte die Regierung den Repräsentanten der Vertragsmächte an, dass der Taïkūn sich abermals nach Miako begeben werde, um eine grosse Daïmio-Ver- sammlung, eine Art Reichstag abzuhalten. Er reiste am 5. Fe- bruar 1864 mit vier Dampfern dahin ab, wie das Gerücht sagte, mit seiner Gemalin und Tochter, zu einem längeren Aufenthalt. Letzteres bestätigte sich nicht. Dass die Verträge in erster Linie Gegenstand der Berathungen sein würden, durfte man annehmen; die Angelegen- heit schien in eine neue Phase zu treten. — Am 6. Februar schiffte sich dann auch die japanische Gesandtschaft auf der Corvette Monge nach Shanghai ein, um von da die Reise nach Europa auf einem Dampfboot der Messageries imperiales fortzusetzen. Sie nahm Wechsel auf London im Betrage von fünf Millionen Francs mit, welche in baarem Silber an ein Bankhaus in Yokuhama eingezahlt wurden. Eisendrath, Weissblechplatten, weissen Zucker in Broden oder gestossen, Stutzuhren,
Taschenuhren, Uhrketten wurde jetzt die Steuer auf 5 Procent ermässigt; — für Bijouterieen, Spiegel, Parfümerieen und Seife, Waffen, Bücher, Scheeren, Messer, Papeterieen und Zeichnungen von 20 auf 6 Procent. — Blattblei, Bleiloth, Matten, Rotang, Oel zum Malen, Indigo, Gips, Pfannen, Körbe wurden jetzt steuerfrei erklärt. Die Opium-Einfuhr blieb verboten. Die Steuer für Wollen-, Leinen- und Baumwollen-Fabrikate blieb auf 20 Procent, die für die Rohstoffe auf 5 Procent. Die Advalorem-Besteuerung ist in einem Lande, wo man den Werth der europäischen Producte nicht beurtheilen kann, natürlich nur eine imaginäre; selbst die hohe Steuer auf Getränke, 35 Procent, gab keinen erheblichen Kostenzuschlag, da man z. B. 300 Dutzend Kisten Rothwein zu 100 Dollars Werth zu declariren pflegte. Uhren, Bijouterieen u. s. w. wurden fast immer eingeschmuggelt; auch mit anderen Artikeln betrieb man den Schleichhandel im Grossen, wozu die Bestechlichkeit der japanischen Zollbeamten den fremden Kaufleuten die Hand reichte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0336" n="316"/><fw place="top" type="header">Der <hi rendition="#k">Taïkūn</hi> nach <hi rendition="#k"><placeName>Miako</placeName></hi>. Abreise der japanischen Gesandten. Anh. II.</fw><lb/> dahin trotz allen Bemühungen der Diplomaten nicht durchzusetzen<lb/> gewesen waren. Dieses Zugeständniss sollte wohl den Gesandten<lb/> günstige Aufnahme in <placeName>Europa</placeName> verschaffen, hatte aber keinen Werth,<lb/> wenn <hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi> geräumt werden musste. Die Diplomaten waren<lb/> natürlich entschlossen diesem Verlangen den beharrlichsten Wider-<lb/> stand entgegenzusetzen, und konnten, da es sich hier um Wahrung<lb/> der Ehre, um das wohlerworbene Recht der Verträge und materielle<lb/> Interessen von der grössten Bedeutung handelte, mit Sicherheit auf<lb/> den Beistand ihrer Regierungen rechnen, die von der Lage der<lb/> Dinge benachrichtigt waren. Die Gesandtschaft nach <placeName>Europa</placeName> leistete<lb/> Bürgschaft, dass es so bald nicht zu Feindseligkeiten kommen würde;<lb/> an Phrasen war man nachgrade gewöhnt und hatte einstweilen keinen<lb/> Grund an deren Ernst zu glauben. Ende Januar zeigte die Regierung<lb/> den Repräsentanten der Vertragsmächte an, dass der <hi rendition="#k">Taïkūn</hi> sich<lb/> abermals nach <hi rendition="#k"><placeName>Miako</placeName></hi> begeben werde, um eine grosse <hi rendition="#k">Daïmio</hi>-Ver-<lb/> sammlung, eine Art Reichstag abzuhalten. Er reiste am 5. Fe-<lb/> bruar 1864 mit vier Dampfern dahin ab, wie das Gerücht sagte, mit<lb/> seiner Gemalin und Tochter, zu einem längeren Aufenthalt. Letzteres<lb/> bestätigte sich nicht. Dass die Verträge in erster Linie Gegenstand<lb/> der Berathungen sein würden, durfte man annehmen; die Angelegen-<lb/> heit schien in eine neue Phase zu treten. — Am 6. Februar schiffte<lb/> sich dann auch die japanische Gesandtschaft auf der Corvette Monge<lb/> nach <placeName>Shanghai</placeName> ein, um von da die Reise nach <placeName>Europa</placeName> auf einem<lb/> Dampfboot der Messageries imperiales fortzusetzen. Sie nahm<lb/> Wechsel auf <placeName>London</placeName> im Betrage von fünf Millionen Francs mit,<lb/> welche in baarem Silber an ein Bankhaus in <hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi> eingezahlt<lb/> wurden.</p><lb/> <note xml:id="note-0336" prev="#note-0335" place="foot" n="18)">Eisendrath, Weissblechplatten, weissen Zucker in Broden oder gestossen, Stutzuhren,<lb/> Taschenuhren, Uhrketten wurde jetzt die Steuer auf 5 Procent ermässigt; — für<lb/> Bijouterieen, Spiegel, Parfümerieen und Seife, Waffen, Bücher, Scheeren, Messer,<lb/> Papeterieen und Zeichnungen von 20 auf 6 Procent. — Blattblei, Bleiloth, Matten,<lb/> Rotang, Oel zum Malen, Indigo, Gips, Pfannen, Körbe wurden jetzt steuerfrei<lb/> erklärt. Die Opium-Einfuhr blieb verboten. Die Steuer für Wollen-, Leinen- und<lb/> Baumwollen-Fabrikate blieb auf 20 Procent, die für die Rohstoffe auf 5 Procent.<lb/> Die Advalorem-Besteuerung ist in einem Lande, wo man den Werth der europäischen<lb/> Producte nicht beurtheilen kann, natürlich nur eine imaginäre; selbst die hohe Steuer<lb/> auf Getränke, 35 Procent, gab keinen erheblichen Kostenzuschlag, da man z. B.<lb/> 300 Dutzend Kisten Rothwein zu 100 Dollars Werth zu declariren pflegte. Uhren,<lb/> Bijouterieen u. s. w. wurden fast immer eingeschmuggelt; auch mit anderen Artikeln<lb/> betrieb man den Schleichhandel im Grossen, wozu die Bestechlichkeit der japanischen<lb/> Zollbeamten den fremden Kaufleuten die Hand reichte.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [316/0336]
Der Taïkūn nach Miako. Abreise der japanischen Gesandten. Anh. II.
dahin trotz allen Bemühungen der Diplomaten nicht durchzusetzen
gewesen waren. Dieses Zugeständniss sollte wohl den Gesandten
günstige Aufnahme in Europa verschaffen, hatte aber keinen Werth,
wenn Yokuhama geräumt werden musste. Die Diplomaten waren
natürlich entschlossen diesem Verlangen den beharrlichsten Wider-
stand entgegenzusetzen, und konnten, da es sich hier um Wahrung
der Ehre, um das wohlerworbene Recht der Verträge und materielle
Interessen von der grössten Bedeutung handelte, mit Sicherheit auf
den Beistand ihrer Regierungen rechnen, die von der Lage der
Dinge benachrichtigt waren. Die Gesandtschaft nach Europa leistete
Bürgschaft, dass es so bald nicht zu Feindseligkeiten kommen würde;
an Phrasen war man nachgrade gewöhnt und hatte einstweilen keinen
Grund an deren Ernst zu glauben. Ende Januar zeigte die Regierung
den Repräsentanten der Vertragsmächte an, dass der Taïkūn sich
abermals nach Miako begeben werde, um eine grosse Daïmio-Ver-
sammlung, eine Art Reichstag abzuhalten. Er reiste am 5. Fe-
bruar 1864 mit vier Dampfern dahin ab, wie das Gerücht sagte, mit
seiner Gemalin und Tochter, zu einem längeren Aufenthalt. Letzteres
bestätigte sich nicht. Dass die Verträge in erster Linie Gegenstand
der Berathungen sein würden, durfte man annehmen; die Angelegen-
heit schien in eine neue Phase zu treten. — Am 6. Februar schiffte
sich dann auch die japanische Gesandtschaft auf der Corvette Monge
nach Shanghai ein, um von da die Reise nach Europa auf einem
Dampfboot der Messageries imperiales fortzusetzen. Sie nahm
Wechsel auf London im Betrage von fünf Millionen Francs mit,
welche in baarem Silber an ein Bankhaus in Yokuhama eingezahlt
wurden.
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18) Eisendrath, Weissblechplatten, weissen Zucker in Broden oder gestossen, Stutzuhren,
Taschenuhren, Uhrketten wurde jetzt die Steuer auf 5 Procent ermässigt; — für
Bijouterieen, Spiegel, Parfümerieen und Seife, Waffen, Bücher, Scheeren, Messer,
Papeterieen und Zeichnungen von 20 auf 6 Procent. — Blattblei, Bleiloth, Matten,
Rotang, Oel zum Malen, Indigo, Gips, Pfannen, Körbe wurden jetzt steuerfrei
erklärt. Die Opium-Einfuhr blieb verboten. Die Steuer für Wollen-, Leinen- und
Baumwollen-Fabrikate blieb auf 20 Procent, die für die Rohstoffe auf 5 Procent.
Die Advalorem-Besteuerung ist in einem Lande, wo man den Werth der europäischen
Producte nicht beurtheilen kann, natürlich nur eine imaginäre; selbst die hohe Steuer
auf Getränke, 35 Procent, gab keinen erheblichen Kostenzuschlag, da man z. B.
300 Dutzend Kisten Rothwein zu 100 Dollars Werth zu declariren pflegte. Uhren,
Bijouterieen u. s. w. wurden fast immer eingeschmuggelt; auch mit anderen Artikeln
betrieb man den Schleichhandel im Grossen, wozu die Bestechlichkeit der japanischen
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